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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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der Königstraße anzuhalten, nachdem Anna Lorenz ihn über ihr Telefonat mit Bendt informiert hatte. Es blieb ihm weder Zeit, wütend darüber zu werden, dass sich sein junger Kollege gegen jede Dienstvorschrift bereits in dieser Wohnung befand, noch konnte er darüber nachdenken, wieso der Stallmeister hier aufgekreuzt war. Erst vor einer Stunde hatte er mit Fischer telefoniert und die neuen Ergebnisse aus der toxikologischen Abteilung erhalten. Er hatte richtig gelegen. Der Groschen war bei ihm gefallen, als er Carla Frombach auf dem Präsidium erlebt hatte und von der Parkinson-Erkrankung ihres Schwiegervaters die Rede gewesen war. Denn er selbst hatte einen Freund, der an dieser Krankheit litt, und wusste, dass es Medikamente gegen diese Erkrankung gab, die falsch dosiert zu psychotischen Reaktionen führen konnten. Die Persönlichkeitsveränderung bei Carla hatte ihm einfach nicht einleuchten wollen, und er hatte deshalb einen Untersuchungsauftrag an die Toxikologie erteilt, der routinemäßig nicht abgeprüft wurde. Die Blutproben der Schwestern waren daraufhin noch einmal gezielt auf einige Wirkstoffe untersucht worden. Die Proben waren positiv. Braun konnte von Glück sagen, dass man Carla Frombach in jener unheilvollen Nacht, in der sie auf ihren Mann geschossen hatte, Blut abgenommen hatte. Beide Schwestern hatten Midopan eingenommen, und Braun war bereit, jeden Eid darauf zuschwören, dass Teubert und nicht Hansen die Frauen manipuliert hatte.
    Braun ignorierte seine Körperfülle und rannte seinen Kollegen voraus die Treppe in den zweiten Stock hinauf. Er fand die Tür nur angelehnt vor, stieß sie auf und stürzte seine Dienstwaffe im Anschlag hinein. Als er Bendt auf dem Boden liegend neben dem Stallmeister erblickte, blieb ihm fast das Herz stehen. Der junge Kommissar blutete am Hinterkopf und rührte sich nicht. Braun widerstand dem Drang, sofort selbst nach der Halsschlagader des jungen Kollegen zu tasten, um sich Gewissheit darüber zu verschaffen, dass er noch am Leben war. Aber es blieb ihm keine Gelegenheit dazu. Er winkte seine Kollegen hinter sich hinein und hastete ins Wohnzimmer. Er sah durch die Terrassentür, dass Carla Frombach sich gefährlich weit über das Geländer lehnte und jeden Moment in die Tiefe zu stürzen drohte.

47
    Teubert fuhr herum, als Braun hinter ihm auftauchte.
    »Gut, dass Sie kommen«, sagte der Mediziner sichtlich erschreckt und ließ sofort seine Frau los.
    Braun blickte auf Carla Frombach, die das Geländer fest umklammert hielt und vollends verstört aussah. Sie zitterte.
    »Was ist hier los?«, fragte Braun zu Teubert gewandt.
    »Bitte rufen Sie den psychiatrischen Notdienst«, bat Teubert, »meine Frau braucht dringend Hilfe.«
    »Was ist hier vorgefallen?«, fragte Braun misstrauisch.
    »Hansen ist hier aufgetaucht«, erklärte Teubert. »Er hat plötzlich eine Waffe auf uns gerichtet. Es ging alles sehr schnell. Meine Frau wollte ihn davon abhalten, Dummheiten zu machen. Dann hat sich ein Schuss gelöst und ihn getroffen. Ihr Kollege ist etwa zeitgleich dazugekommen. Meine Frau hat halluziniert und gemeint, dass er Hansen etwas antun will und ihn niedergeschlagen. Ich musste ihr auf den Balkon folgen, weil ich fürchtete, sie stürzt sich in den Tod.«
    »War das so, Frau Frombach?«, fragte Braun.
    Carla Frombach sah Braun an, als schaue sie durch ihn hindurch. »Ich weiß es nicht«, antwortete sie verstört.
    »Ich werde dich in der Klinik besuchen, Liebling«, versprach Teubert. »Man wird dir helfen.«
    »Ich will in keine Klinik«, wisperte Carla kraftlos. Entweder stimmte das, was ihr Mann sagte, und sie war total verrückt, oder er hatte sie tatsächlich umbringen wollen.
    Carla zögerte nicht, noch ehe Braun eingreifen konnte, schwang sie ein Bein über die Brüstung und drohte, sich hinabzustürzen. Als Braun einen Schritt auf sie zumachte, schrie sie ihn an: »Kommen Sie mir nicht näher, sonst springe ich.«
    Braun hielt inne und bedeutete auch seinen Kollegen in der Wohnung, nicht auf den Balkon zu treten.
    »Ich habe Johannes erschossen«, rief sie verzweifelt und Tränen rannen über ihre Wangen. »Ich will nicht in die Psychiatrie.«
    Braun durchschaute zwar nicht genau, was sich vor seinem Eintreffen tatsächlich hier ereignet hatte, sein Instinkt sagte ihm aber, dass Teubert nicht daran gelegen war, dass er es herausfinden würde.
    »Niemand bringt Sie in die Psychiatrie«, sagte Braun ruhig. »Sie sind nicht krank.«
    Wieder blickte sie zu

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