Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
Vom Netzwerk:
Raumes eine große Kübelpalme zur Seite und lehnte das Brett, auf dem sie gestanden hatte, an die Wand. Neugierig trat Amelie näher heran und sah erstaunt eine in den Boden eingelassene Falltür. Thies öffnete die Luke und drehte sich zu ihr um. »Komm«, forderte er sie auf.
    Amelie betrat die schmale, rostige Eisentreppe, die steil nach unten ins Dunkel führte. Thies schloss die Luke über sich, Sekunden später flammte schwach eine Glühbirne auf. Er schob sich dicht an ihr vorbei und öffnete eine massive Eisentür. Ein Schwall trockener, warmer Luft schlug ihnen entgegen, und Amelie staunte nicht schlecht, als sie den großen Kellerraum betrat. Heller Teppichboden, in einem fröhlichen Orange gehaltene Wände. Ein Regal voller Bücher an der einen, ein gemütlich aussehendes Sofa auf der anderen Seite. Die hintere Hälfte des Raumes war mit einer Art Paravent abgetrennt. Amelie klopfte das Herz bis in den Hals. Thies hatte ihr nie signalisiert, dass er etwas von ihr wollte, und auch jetzt glaubte sie nicht, dass er über sie herfallen und sie vergewaltigen würde. Außerdem war sie notfalls mit ein paar Schritten auf der Treppe und im Park.
    »Komm«, sagte Thies wieder. Er schob den Paravent zur Seite, und Amelie sah ein altmodisches Bett mit einem hohen hölzernen Kopfteil. An der Wand hingen Fotografien, säuberlich in Reih und Glied aufgehängt, wie es Thies' Art war.
    »Komm nur. Ich habe Schneewittchen schon so viel von dir erzählt.«
    Sie kam näher heran, und es verschlug ihr den Atem. Mit einer Mischung aus Grauen und Faszination blickte sie in das Gesicht einer Mumie.
    »Was hast du denn?« Nadja ging vor ihm in die Hocke, legte die Hände vorsichtig auf seine Oberschenkel, aber er schob sie ungeduldig weg und stand auf. Er humpelte ein paar Meter, blieb dann stehen. Der Verdacht war ungeheuerlich!
    »Lauras Leiche lag in einem Bodentank auf dem Gelände des alten Militärflughafens in Eschborn«, sagte Tobias mit belegter Stimme. »Du erinnerst dich sicher, dass wir dort früher öfter gefeiert haben. Jörgs Vater hatte ja noch die Schlüssel für das Tor.«
    »Was meinst du?« Nadja kam ihm nach und sah ihn verständnislos an.
    »Ich
habe Laura nicht in den Tank geworfen«, erwiderte Tobias heftig und biss die Zähne so fest aufeinander, dass sie knirschten. »Verdammt, verdammt, verdammt.« Er ballte die Hände zu Fäusten. »Ich will wissen, was wirklich passiert ist! Meine Eltern wurden ruiniert, ich hab zehn Jahre im Knast gesessen, und dann stößt Lauras Vater auch noch meine Mutter von einer Brücke! Ich kann das alles nicht mehr ertragen!«, schrie er, während Nadja stumm vor ihm stand. »Komm mit mir, Tobi. Bitte.«
    »Nein!«, entgegnete er scharf. »Kapierst du's nicht? Genau das wollen die doch erreichen, diese Arschlöcher!«
    »Gestern haben sie dich nur zusammengeschlagen. Was, wenn sie wiederkommen und Ernst machen?«
    »Mich umbringen, meinst du?« Tobias blickte Nadja an. Ihre Unterlippe zitterte leicht, ihre großen grünen Augen schwammen in Tränen. Nadja hatte es wirklich nicht verdient, dass er sie anschrie. Sie hatte als Einzige unerschütterlich zu ihm gehalten. Ja, sie hätte ihn sogar im Gefängnis besucht, aber das hatte er nicht gewollt. Plötzlich war sein Zorn verraucht, und er verspürte nur noch ein schlechtes Gewissen.
    »Entschuldige bitte«, sagte er leise und streckte die Arme aus. »Ich wollte dich nicht anschreien. Komm zu mir.«
    Sie lehnte sich an ihn, schmiegte ihr Gesicht an seine Brust, und er schloss sie fest in seine Arme.
    »Wahrscheinlich hast du recht«, flüsterte er in ihr Haar. »Die Zeit lässt sich sowieso nicht mehr zurückdrehen.«
    Sie hob den Kopf, blickte ihn an. Tiefe Besorgnis stand in ihren Augen. »Ich habe Angst um dich, Tobi.« Ihre Stimme zitterte leicht. »Ich will dich nicht noch einmal verlieren, jetzt, wo ich dich endlich wiederhabe!«
    Tobias verzog das Gesicht. Er schloss die Augen und legte seine Wange an ihre. Wenn er doch nur wüsste, ob es gutgehen könnte mit ihm und ihr! Er wollte nicht wieder enttäuscht werden. Lieber blieb er bis an sein Lebensende alleine.
    Manfred Wagner saß wie ein Häufchen Elend an dem Tisch im Vernehmungsraum und hob mühsam den Kopf, als Pia und Bodenstein eintraten. Aus rotgeränderten, wässrigen Trinkeraugen starrte er sie an.
    »Sie haben sich mehrerer schwerer Verbrechen schuldig gemacht«, begann Bodenstein ernst, nachdem er das Tonband eingeschaltet und die notwendigen Angaben für

Weitere Kostenlose Bücher