Schneewittchen muss sterben
hierher gebaut werden soll«, erwiderte Christoph.
»Na super. Dann werde ich noch enteignet!« Pia machte sich aus seiner Umarmung los und setzte sich an den Küchentisch. Einer der Hunde stupste sie mit der Schnauze an, und sie streichelte ihm gedankenverloren den Kopf. »Das ganze Geld ist futsch!«
»Nein, nein, hör mir zu.« Christoph nahm ihr gegenüber Platz und ergriff ihre Hand. »Es gibt nämlich auch eine ganz gute Nachricht. Du hast drei Euro für den Quadratmeter bezahlt. Das Land zahlt dir fünf.«
Pia blickte ungläubig auf.
»Woher weißt du das?«
»Tja, ich kenne viele Leute. Und ich habe heute viel telefoniert.« Christoph lächelte. »Dabei habe ich etwas Interessantes erfahren.«
Da musste Pia auch lächeln.
»Wie ich dich kenne, hast du schon einen neuen Hof gefunden.«
»Du kennst mich gut, stelle ich fest«, erwiderte Christoph belustigt, wurde dann aber ernst. »Tatsächlich ist es so, dass der Tierarzt, der früher unsere Tiere im Zoo betreut hat, seine ehemalige Pferdeklinik im Taunus verkaufen will. Ich habe mir den Hof vor einer Weile mal angesehen, weil wir ja etwas suchen, wo man neue Tiere zur Quarantäne unterbringen kann. Dafür eignet sich der Hof nicht, aber … für dich und für mich und für deine Tiere wäre er ein Traum. Ich habe mir heute die Schlüssel geholt. Wenn du magst, fahren wir morgen einfach mal hin, hm?«
Pia blickte in seine dunklen Augen. Plötzlich verspürte sie ein tiefes, warmes Glücksgefühl in sich aufsteigen. Egal, was auch passierte – selbst wenn sie das Haus abreißen und den Birkenhof verlassen musste –, sie war nicht allein. Christoph stand ihr bei, wie Henning es nie getan hatte. Er würde sie nie im Stich lassen.
»Danke«, sagte sie leise und streckte die Hand nach ihm aus. »Danke, mein Schatz. Du bist einfach unglaublich.«
Er nahm ihre Hand und legte sie an seine raue Wange.
»Ich mache das alles nur, weil ich bei dir einziehen möchte«, entgegnete er lächelnd. »Dir ist wohl klar, dass du mich so schnell nicht mehr loswirst.«
Pia wurde die Kehle eng.
»Hoffentlich nie mehr«, flüsterte sie und lächelte auch.
Dienstag, 26. November 2008
Es war kurz nach fünf Uhr morgens, als Bodenstein das Krankenhaus verließ. Der Anblick von Amelie, die geduldig am Bett von Tobias Sartorius ausharrte, bis dieser aus der Narkose erwachte, hatte ihn tief berührt. Bodenstein schlug den Kragen seines Mantels hoch und machte sich auf den Weg zum Dienstwagen. In allerletzter Sekunde hatte er Daniela Lauterbach verhaften können. Sie hatte nicht in der Maschine nach Südamerika gesessen, sondern in der nach Australien. Bodenstein ging in Gedanken versunken um das Krankenhausgebäude herum. Der frische Schnee knirschte unter seinen Schuhsohlen. Es kam ihm vor, als seien seit dem Tag, an dem auf dem Eschborner Flughafen das Skelett von Laura Wagner gefunden worden war, Monate vergangen. Während er früher jeden Fall aus der nüchternen Perspektive des Außenstehenden betrachtet hatte, der einen Einblick in das Leben völlig Fremder bekam, so hatte er diesmal das Gefühl, persönlich in die Ereignisse involviert gewesen zu sein. Irgendetwas in seiner Einstellung hatte sich verändert, und er wusste, dass er nie wieder so empfinden würde wie früher. Er blieb vor dem Auto stehen. Es fühlte sich an, als wäre er auf dem ruhigen, langweiligen Fluss des Lebens unvermittelt einen Wasserfall hinabgerauscht und segelte nun auf einem anderen, stürmischeren Gewässer in eine gänzlich neue Richtung weiter. Diese Vorstellung war beängstigend und aufregend zugleich.
Bodenstein stieg ins Auto, ließ den Motor an und wartete, bis die Scheibenwischer den Schnee zur Seite geschaufelt hatten. Er hatte Cosima gestern zum Abschied versprochen, zum Frühstück vorbeizukommen und in Ruhe über alles zu sprechen, falls es seine Arbeit zuließ. Erstaunt stellte er fest, dass er keinen Groll mehr gegen sie hegte und sich durchaus in der Lage sah, sachlich über die ganze Situation zu sprechen. Bodenstein lenkte den Wagen vom Parkplatz und fuhr auf die Limesspange Richtung Kelkheim, als sich sein Handy, das im Bereich des Krankenhauses keinen Empfang gehabt hatte, mit einem Piepsen meldete. Er zog das Telefon aus der Tasche und drückte auf das Briefsymbol. Eine Rückrufbitte von 3:21 Uhr mit einer Handynummer, die er nicht kannte. Sofort drückte er auf die Nummer, die das Display anzeigte. Das Freizeichen ertönte.
»Hallo?« Eine verschlafene, ihm
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