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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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mitbekommen, von wem der Anruf gekommen war, der Amelie wohl dazu gebracht hatte, ihren Arbeitsplatz fluchtartig zu verlassen, auch der Rest des Personals hatte keine Ahnung. An dem Abend war in der Gaststätte die Hölle los gewesen.
    »Halt doch mal kurz am Laden an«, sagte Pia zu Bodenstein, als sie wieder die Hauptstraße entlangfuhren. »Kann ja nicht schaden, wenn wir uns da mal umhören.«
    Es stellte sich heraus, dass sie zu einer günstigen Zeit gekommen waren, was das »Umhören« betraf. Margot Richters kleiner Laden war an diesem späten Montagvormittag offenbar der zentrale Treffpunkt der weiblichen Bevölkerung Altenhains. Diesmal zeigten sich die Damen sehr viel redseliger als bei ihrem letzten Besuch.
    »Genau so hat es damals auch angefangen«, sagte die Friseurin Inge Dombrowski, und alle anderen Anwesenden nickten zustimmend. »Ich will nichts behaupten, aber der Paschke Willi hat mir erzählt, dass er die Amelie bei Sartorius drüben im Hof gesehen hat.«
    »Ich hab auch gesehen, wie sie neulich bei denen ins Haus gegangen ist«, meldete sich eine andere Frau und ergänzte erklärend, dass sie schräg gegenüber wohne und den Hof gut im Blick habe.
    »Außerdem ist sie ja ein Kopp und ein Arsch mit unserem Dorfdepp«, ließ sich eine dicke Frau von der Obsttheke aus vernehmen.
    »Ja, genau«, bestätigten drei oder vier andere Frauen eifrig.
    »Mit wem?«, fragte Pia nach.
    »Mit dem Thies Terlinden«, erklärte wieder die Friseurin. »Der hat nicht alle Tassen im Schrank, schleicht nachts durchs Dorf und durch den Wald. Würde mich nicht wundern, wenn der dem Mädchen was angetan hätte.«
    Beifällig nickten die anderen Frauen. Mit Verdächtigungen war man in Altenhain offenbar schnell bei der Hand. Weder Bodenstein noch Pia sagten etwas dazu, ließen die Frauen einfach reden, und die wetzten mit Genuss und Sensationslust die Messer, als hätten sie die Anwesenheit der Polizei vergessen.
    »Die Terlindens hätten den Kerl längst in ein Heim stecken müssen«, ereiferte sich eine der Frauen. »Aber hier traut sich ja keiner, dem Alten mal was zu sagen.«
    »Klar, weil sie dann Angst um ihren Job haben müssen!«
    »Der Letzte, der was gegen die Terlindens gesagt hat, war der Albert Schneeberger. Dann ist seine Tochter verschwunden, und kurz danach war auch er weg.«
    »Ist schon eigenartig, wie der Terlinden den Sartorius geholfen hat. Vielleicht hatten die beiden Jungs ja doch was mit der Sache zu tun.«
    »Der Lars ist ja danach auch schnell aus Altenhain weggegangen.«
    »Und jetzt, hab ich gehört, hat der Terlinden dem Mörder sogar einen Job angeboten! Nicht zu fassen! Anstatt dafür zu sorgen, dass er hier verschwindet!«
    Einen Moment war es ganz still im Laden, jede schien über die mögliche Bedeutung dieser Worte nachzusinnen. Plötzlich gackerten alle durcheinander. Pia beschloss, sich unwissend zu stellen.
    »Entschuldigung!«, rief sie und versuchte, sich Gehör zu verschaffen. »Wer ist denn eigentlich dieser Terlinden, über den Sie sprechen?«
    Den Damen wurde schlagartig bewusst, dass sie nicht unter sich waren. Eine nach der anderen verließ unter irgendeinem Vorwand zügig den Laden, die meisten von ihnen mit leeren Körben. Zurück blieb Margot Richter hinter ihrer Kasse. Sie hatte sich bisher aus den Gesprächen herausgehalten. Wie sich das für eine gute Ladenbesitzerin gehörte, sperrte sie zwar die Ohren auf, wahrte aber Neutralität.
    »Das wollten wir jetzt nicht«, sagte Pia entschuldigend, aber die Ladenbesitzerin blieb gelassen.
    »Die kommen schon wieder«, erwiderte sie. »Claudius Terlinden ist der Chef von der Firma Terlinden, oben, im Gewerbegebiet. Die Familie und die Firma gibt es hier in Altenhain seit über hundert Jahren. Und ohne die würde hier auch nicht viel laufen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Terlindens sind sehr großzügig. Sie unterstützen die Vereine, die Kirche, die Grundschule, die Stadtteilbücherei. Das ist bei denen so Familientradition. Und die Hälfte vom Dorf arbeitet oben in der Firma. Der eine Sohn, den die Christa eben als ›Dorfdepp‹ bezeichnet hat, der Thies, das ist ein ganz friedlicher Kerl. Der tut keiner Fliege was zuleide. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der dem Mädchen etwas angetan haben soll.«
    »Apropos – kennen Sie Amelie Fröhlich?«
    »Ja, natürlich.« Sie lächelte ein wenig verbissen. »Die kann man ja kaum übersehen, so, wie die sich immer verkleidet! Außerdem arbeitet sie doch bei meiner Tochter im

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