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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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»Amelie« klingelten an jeder Haus- und Wohnungstür in Altenhain. Jeder Beteiligte war motiviert und voller Hoffnung, das Mädchen möge schnell und unverletzt aufgefunden werden, aber genauso war jedem bewusst, dass der Druck und die Erwartung eines schnellen Ergebnisses enorm waren. Bodensteins Telefon klingelte beinahe unablässig. Er hatte Pia das Steuer des Autos überlassen und koordinierte hochkonzentriert den Einsatz. Absperrungen an der Straße vor dem Haus der Fröhlichs sollten Belästigungen der Eltern durch die Presse und Neugierige unterbinden. Die Hundeführer würden ihre Suche an dem Ort beginnen, an dem Amelie das letzte Mal gesehen worden war, nämlich am Schwarzen Ross. Ja, eine Freundin durfte zu Fröhlichs, der Pfarrer auch. Ja, der Film des Starenkastens am Ortsausgang sollte überprüft werden. Nein, Zivilpersonen sollten nicht bei der Suche helfen. Gerade als sie vor dem Goldenen Hahn anhielten, rief Dr. Engel an und wollte den Stand der Dinge wissen.
    »Sobald es etwas mitzuteilen gibt, sind Sie selbstverständlich die Erste, die ich informiere«, sagte Bodenstein knapp und schaltete sein Handy stumm.
    Hartmut Sartorius öffnete die Haustür, lugte aber nur hinter der vorgelegten Sicherheitskette hervor.
    »Wir wollen mit Ihrem Sohn sprechen, Herr Sartorius«, sagte Bodenstein. »Bitte lassen Sie uns herein.«
    »Verdächtigen Sie ihn jetzt jedes Mal, wenn irgendwo ein Mädchen zu spät nach Hause kommt?« Das klang ruppig, fast aggressiv.
    »Sie haben schon davon gehört?«
    »Ja. Natürlich. So was spricht sich schnell herum.«
    »Wir verdächtigen Tobias nicht.« Bodenstein blieb ganz ruhig, weil er sah, wie nervös Hartmut Sartorius war. »Aber Amelie hat am Abend, an dem sie verschwunden ist, dreizehnmal Ihre Festnetznummer angerufen.«
    Die Haustür ging zu, dann, nach dem Klacken einer Sicherheitskette, ganz auf. Hartmut Sartorius straffte die Schultern und bemühte sich offensichtlich um ein autoritäres Auftreten. Sein Sohn allerdings sah schlimm aus. Er saß zusammengesunken auf dem Sofa im Wohnzimmer, sein Gesicht war von Blutergüssen entstellt, er nickte Bodenstein und Pia nur leicht zu, als sie eintraten.
    »Wo waren Sie am Samstagabend zwischen 22 Uhr und dem Sonntagmorgen?«, wollte Bodenstein von ihm wissen.
    »Also doch!«, fuhr Vater Sartorius auf. »Mein Sohn war den ganzen Abend zu Hause. Am Abend zuvor hat man ihn bei uns in der Scheune überfallen und halbtot geschlagen!«
    Bodenstein ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Amelie hat am Samstagabend um 22:11 Uhr Ihre Telefonnummer gewählt. Der Anruf wurde auch entgegengenommen, aber er war so kurz, dass wohl nicht gesprochen wurde. Davor hatte sie schon einige Male hier angerufen.«
    »Wir haben einen Anrufbeantworter, der sich sofort einschaltet«, erklärte Sartorius. »Wegen der ganzen anonymen Anrufe und Beschimpfungen.«
    Pia beobachtete Tobias. Er starrte blicklos vor sich hin und schien dem Gespräch überhaupt nicht zu folgen. Sicher ahnte er, was sich draußen gegen ihn zusammenbraute.
    »Welchen Grund kann Amelie gehabt haben, bei Ihnen anzurufen?«, fragte sie ihn direkt. Er zuckte die Schultern.
    »Herr Sartorius«, sagte sie eindringlich. »Ein Mädchen aus der Nachbarschaft, das mit Ihnen Kontakt hatte, ist verschwunden. Ob Sie wollen oder nicht, man wird Sie damit in Verbindung bringen. Wir wollen Ihnen nur helfen.«
    »Na klar«, versetzte Hartmut Sartorius bitter. »Genau das haben Ihre Kollegen damals auch gesagt. Wir wollen dir nur helfen, Junge. Sag schon, wo du die Mädchen versteckt hast! Und dann hat ja doch niemand meinem Sohn geglaubt. Gehen Sie jetzt. Tobias war den ganzen Samstagabend hier im Haus!«
    »Schon gut, Papa«, ließ sich Tobias plötzlich vernehmen. Er verzog das Gesicht, als er sich nun mühsam aufrichtete. »Ich weiß, dass du es gut meinst.«
    Er blickte Pia an. Seine Augen waren gerötet.
    »Ich habe Amelie am Samstagmittag zufällig getroffen. Oben, am Wald. Sie wollte mir dringend etwas erzählen. Offenbar hatte sie irgendetwas über die Sache von damals herausgefunden. Aber dann kam Nadja dazu, und Amelie ist gegangen. Wahrscheinlich hat sie deshalb später versucht, mich anzurufen. Ich habe kein Handy, deswegen wird sie die Festnetznummer gewählt haben.«
    Pia erinnerte sich an ihre Begegnung mit Nadja von Bredow am Samstag, an den silbernen Cayenne. Es konnte stimmen.
    »Was hat sie Ihnen erzählt?«, wollte Bodenstein wissen.
    »Leider nicht sehr viel«,

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