Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet
ich mal damit an, die Fahrzeuge zu waschen. Irgendwann klingelt mein Handy, ich lege die Waschbürste zur Seite, komme unter der wasserfesten schwarzen Schürze, die ich übergezogen habe, nicht gleich dran.
»Fred?«
»Ja, wir sind gerade in der Kinderklinik. Tut mir leid, wir hatten Stress, ich hab nicht gesehen, dass du mir eine SMS geschickt hattest.«
»Mir tut’s leid … – Du wolltest wohl pünktlich gehen?«
»Ach. Ist jetzt egal. Ich wollte noch mit ein paar Freunden los, aber das wäre sowieso knapp geworden. Ich mach mir später einen ruhigen Abend zu Hause. Wir hatten noch ’ne Rea.«
»Ja, ich weiß …«
»Erfolgreich …«
»Sorry, ich komme das nächste Mal früher.«
»Kein Thema. Jetzt muss ich noch mal rein, bis gleich.«
Er klingt nicht unzufrieden oder verärgert.
»Falls du mich nicht gleich findest, ich bin hinten, in der Waschhalle«, sage ich noch schnell.
»Jup, ist okay.« Dann ist er weg.
Als um kurz vor acht beide Wagen gewaschen sind, ist mein Auto immer noch nicht zurück.
Ich rufe in der Leitstelle an. Es dauert verhältnismäßig lange, bis jemand drangeht.
»Du«, frage ich, »weißt du, wo der 33/37 noch ist? Die müssten doch schon längst zurück sein aus der Kinderklinik?«
»Moment …« Im Hintergrund höre ich am Telefon seinen Kollegen, der offenbar gerade einen Anruf entgegennimmt, dann habe ich ihn wieder am Apparat. »Die haben wir noch mal gebraucht, sind unterwegs zu einem Wohnungsbrand in Diedorf. Ich muss hier weitermachen, hier leuchten schon wieder zwei Leitungen.«
»Ja, danke, tschüss«, sage ich noch, aber da ist er schon weg.
Diedorf, Wohnungsbrand: Das ist ganz auf der anderen Seite von Augsburg, und wer weiß, wie lange sie dort den Feuerwehreinsatz mit medizinischer Bereitschaft absichern müssen, bevor sie wieder einrücken können. Der arme Fred. Ich schicke ihm noch mal eine SMS : »Tut mir echt leid.« Aber es kommt keine Antwort mehr. Ich räume noch ein wenig die Küche auf und die Spülmaschine ein, dann schalte ich mir irgendeinen Fernsehfilm ein und fange an, vor mich hin zu dösen.
Es ist zwanzig nach neun, als Fred die Tür zur Wache öffnet. Ich stehe auf, um ihn zu begrüßen, er redet kaum, verschwindet in der Küche und trinkt ein Glas Wasser.
»Sorry, Fred …«
»Schon okay, bin nur müde und k.o.«
Er drückt mir den Funkmelder in die Hand und einen Zettel.
»Das musst du noch nachfüllen. Und das Auto gründlich checken sowieso, Felix fährt dich heute Nacht, zum Tanken müsst ihr auch irgendwann, reicht aber vielleicht auch noch etwas später.«
»Felix?«
»Ja, der andere Felix, nicht der Hauptamtliche. Der früher mal bei uns Zivildienst gemacht hat, der Medizinstudent.«
Ich nicke, schaue, was auf dem Zettel steht.
»Ich hau jetzt ab, mir reicht’s für heute«, sagt er.
Felix ist schon mit dem Erwachsenennotfallkoffer fertig, er klappt gerade den Kinderkoffer auf. »Wenn du das auffüllst, was dir Fred aufgeschrieben hat, und das EKG und die Beatmungsplatte machst, erledige ich den Rest«, sagt er. »Hast du was zu essen dabei, oder brauchst du auch noch was?«, fragt er, während er den Kindernotfallkoffer checkt und dabei alles aus den Fächern rausnimmt und wieder reinlegt.
»Wo sind die anderen? Die vom NEF ?«
»Keine Ahnung, die rödeln noch irgendwo rum.«
»Im Schrank musst du den Einser Tubus auffüllen und die kleine Maske.«
»Okay«, sage ich.
»Und?«, hakt er nach. »Ich meine, mit dem Essen?«
»Mh. Ich hab nichts dabei …«
»Pizza? Nudeln?«
»Okay …«
»Der Italiener hat nur bis halb elf Küche.«
Ich habe verstanden und beeile mich.
Für uns bleibt der Abend ruhig, während das NEF offenbar einen Einsatz nach dem anderen in der Augsburger Innenstadt hat. Später, als das ganze Geschirr in der Spülmaschine steht, kommt es mir fast blöd vor, dass ich immer noch nicht draußen war: Kein Einsatz für mich bis jetzt, die ganze Arbeit hat Fred noch gemacht.
Um kurz nach elf lege ich mich in meinen Klamotten aufs Bett. Lieber jetzt noch ein wenig schlafen, wer weiß, was noch kommt.
Keine Ahnung, wie viel Uhr es ist, als ich aufwache. Es ist wie oft: Für einen Moment frage ich mich, wo ich bin. Dann erinnert mich das Pfeifen des Melders daran, es scheint mitten aus meinem Kopf zu kommen und leise aus dem Nebenraum. Dumpf rumpelnde Geräusche von dort, während auch ich mich schnell auf die Beine mache.
Ich staune nicht schlecht, als wir ausrücken. Draußen ist alles von
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