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Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Titel: Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lehmacher
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werden …«
    Dr. Nadl beugt sich zum Patienten hin und hebt dessen linke Hand.
    »Bitte seien Sie mal einen Moment lang still.« Es ist nicht so ganz klar, ob er den Patienten oder die Frau meint. Er setzt sein Stethoskop auf den Rücken des Mannes, um ihn abzuhören.
    Felix desinfiziert dem Patienten anschließend den Handrücken, um ihm eine Infusionskanüle zu legen.
    »Es gibt jetzt mal einen kleinen Stich.«
    Der Mann nickt.
    »Großes oder kleines EKG ?«, frage ich.
    »Ein großes.« Und dann fragt der Doc den Patienten weiter: »Haben Sie Schmerzen?«
    »Ja«, antwortet wieder die Frau, »hat er, deshalb habe ich auch angerufen, die hat er seit einer Stunde, und die wurden immer schlimmer.«
    »Jetzt mal einen Moment lang ruhig sitzen bleiben, gleichmäßig atmen und nichts reden«, sage ich, um den EKG -Streifen zu schreiben. Das Gerät surrt leise vor sich hin, als es fertig ist, nehme ich den fast einen Meter langen Ausdruck, den es ausgespuckt hat, und gebe ihn Dr. Nadl.
    Das Bellen des Hundes ist heller geworden. Mittlerweile hat es etwas Verzweifeltes angenommen, ist hin und wieder auch mehr ein Jaulen. Jens, der die ersten Dinge auf seinem Protokoll notiert, schaut nicht begeistert. Der hatte bei einem früheren Einsatz mal richtig Stress mit einem Hund, er wurde sogar gebissen.
    »Mh.« Dr. Nadl schaut sich die verschiedenen »Ableitungen« an, die das Gerät in Form verschiedener unter- und nebeneinanderliegender Kurven auf den Papierstreifen geschrieben hat, dann wendet er sich wieder dem Patienten zu.
    »Haben Sie so etwas schon mal gehabt?«
    Wieder antwortet die Frau: »Vor einem Jahr mal, da gab es in seiner Firma eine Umstrukturierung und auch viel Stress, da hatte er schon Herzbeschwerden.«
    »Und? Was kam damals raus?«
    »Er ging zum Hausarzt hier, aber wissen Sie, diese Landärzte haben ja oft nicht viel Ahnung. Der hat aber, nachdem ich mich beschwert habe, noch ein Langzeit- EKG gemacht.«
    »Haben Sie davon noch irgendwelche Unterlagen?«
    »Ja, Moment …« Die Frau geht aus dem Zimmer.
    »Sind die Schmerzen bewegungsabhängig?«, wendet sich Dr. Nadl wieder dem Patienten zu.
    Der möchte etwas sagen, fängt einen Satz an, bricht ihn dann aber mit Blick zur Tür, hinter der seine Frau gerade verschwunden ist, wieder ab.
    Dr. Nadl wiederholt seine Frage: »Ihre Schmerzen, sind die bewegungsabhängig?«
    »Wenn ich gehe, dann verändert sich nichts«, sagt der Mann.
    »Und unter Belastung, beim Treppensteigen etwa?«, hakt Dr. Nadl nach.
    »Wissen Sie …«, beginnt der Mann, aber dann verstummt er, als seine Frau wieder ins Zimmer kommt. Dr. Nadl schaut den Patienten, dann die Frau und dann wieder den Patienten an.
    »Bewegen Sie mal den Arm«, sagt Dr. Nadl. »Verändert sich jetzt etwas?«
    Der Patient hebt den Arm, Dr. Nadl führt ihn sanft, um verschiedene Bewegungen auszuprobieren.
    Der Patient verzieht ein wenig das Gesicht.
    »Tut das weh?« Der Patient nickt.
    »Und das …?«
    »Ja, auch, aber nicht sehr.«
    »Mh.«
    »Und? Was ist nun?«, fragt die Ehefrau wieder.
    »Die Schmerzen kommen meinem Eindruck nach nicht vom Herzen.« Und nach einer Pause ergänzt er: »Auch das EKG sieht eigentlich eher normal aus.«
    »Und das?« Felix zeigt auf eine der Kurven auf dem Ausdruck.
    »Ist nicht ganz normal, aber … auch kein Zeichen für einen Infarkt. Und die Atemnot lässt sich ja wohl auch nicht durch den Sauerstoffgehalt im Blut belegen«, antwortet er Felix. Dann wendet er sich wieder dem Patienten zu: »Wir geben Ihnen jetzt zuerst mal ein Beruhigungsmittel. Weil Ihre Beschwerden eventuell stressbedingt sind. Etwas Handfestes können wir zumindest im Moment nicht feststellen. Wir nehmen Sie aber trotzdem mit, um das abzuklären.«
    »Aber warum denn, wenn es gar nichts ist?«, fragt die Frau und fährt schon wieder fort, alles zu erklären. »Ich sag doch, es ist der Stress.«
    »Ja, aber womöglich verbirgt sich doch etwas dahinter, und in so einer Stresssituation wäre es nicht das erste Mal, dass sich da etwas entwickelt. Wir lassen das am besten in der Klinik untersuchen.«
    Der Hund bellt nicht mehr, man hört nur noch ein leises, hohes Pfeifen.
    Der Mann nickt. Er ist sehr unruhig, die ganze Zeit scheint es, als ob er noch etwas sagen möchte.
    »Ihr Geburtsdatum?«, fragt Martin, der Kollege, der heute Nacht mit dem Notarzt unterwegs ist und der jetzt an dem kleinen Tisch in der Ecke sitzt und das Protokoll ausfüllt.
    »14.11.1969.«
    Hätte ich nicht gedacht, dass der

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