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Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Titel: Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lehmacher
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jünger als ich ist.
    »Die Krankenkasse?«
    » DAK «, sagt der Mann und schaut unruhig hin und her.
    »Haben Sie die Versichertenkarte zur Hand?«
    »In meinem Geldbeutel im Mantel«, sagt er mit Blick zu seiner Frau, die auch schon nach unten läuft.
    »Ich … ich«, beginnt der Mann abermals einen Satz. Erst in einem weiteren Anlauf spricht er ihn aus. »Ich muss Ihnen da noch etwas sagen.« Er schaut nervös zur Tür.
    Und da hört man die Frau auch schon wieder die Treppe hinaufkommen. Sie ruft, noch bevor sie im Zimmer ist: »Da ist keine Karte im Mantel, Hartmut.«
    »Warten Sie doch bitte einmal einen Moment draußen«, sagt Dr. Nadl zu der Frau, als sie eintreten will.
    Sie holt hörbar Luft, bleibt dann mit einem verärgerten Blick in der Tür stehen. Jens steht auf, er geht mit seinem Protokoll zu ihr und zieht die Tür hinter sich zu.
    »Und?« Dr. Nadl hat sich auf die Bettkante zum Patienten gesetzt.
    Stockend erzählt der Patient: »Ich bin nicht bei der DAK versichert. Ich … ich … – Ich bin seit etwas über einem Jahr arbeitslos.«
    Unsicher schaut er in die Runde. Dr. Nadl nickt.
    »Ich wollte es ihr sagen, aber – ich hab es einfach nicht geschafft. Ich bin meinen Job seit zehn Monaten los. Ich hatte die Jahre über etwas Geld auf die Seite gelegt. Aber das ist nun verbraucht … Jeden Tag hatte ich Angst, dass es rauskommt, dass sie vielleicht doch in der Firma anruft und nicht auf dem Handy … Aber so geht das nicht mehr weiter, es geht einfach nicht mehr, verstehen Sie, ich bin tagsüber heimlich in Parks und Bibliotheken, und ich … ich weiß nicht, wie ich da wieder rauskommen soll.«
    Die Verzweiflung steht ihm ins Gesicht geschrieben. Man sieht keine Tränen, aber die Augen glänzen feucht.
    »Ich verstehe«, sagt Dr. Nadl schließlich und fasst ihm kurz an die Schulter.
    »Wenn sie es rausbekommt …«
    Jetzt hört man nichts mehr, außer den Piepstönen des EKG s und dem tiefen Seufzen des Mannes.
    »Und jetzt?«, fragt Dr. Nadl.
    »Werden Sie ihr etwas sagen?«, fragt der Mann.
    »Ich soll …? Möchten Sie das denn?«
    Der Patient zuckt mit den Schultern. »Es wäre meine Aufgabe, ich weiß. Schon längst. Aber jetzt …« Er ist schneeweiß, die Pulsfrequenz liegt jetzt bei 112 pro Minute.
    »Wenn Sie möchten, werde ich es mal versuchen«, schiebt Dr. Nadl nach.
    Der Patient stützt sein Gesicht mit den Händen ab, erst jetzt sehe ich die Tränen. Ich reiche ihm ein Taschentuch.
    »Ja, bitte. Reden Sie mit ihr. Ich stecke doch schon viel zu tief drin.«, sagt er dann ganz leise zu Dr. Nadl.
    Dr. Nadl nickt ihm zu. Die Frau wartet schon hinter der Tür. »Was ist denn?«, hören wir sie fragen.
    Die Frau muss Dr. Nadl in den Raum geführt haben, in dem der Hund eben noch jaulte. Ich erschrecke regelrecht, als dieser plötzlich ins Zimmer gestürmt kommt. Ein Bernhardiner. Es sieht aus, als ob sein ganzer Körper vor Freude wedelt, und er springt auf das Bett mit seinem Herrchen zu.
    »Ja, da bist du ja, Acor. Komm, mach brav Platz.« Das Lächeln vertreibt für einen Moment die Sorgenfalten im Gesicht des Mannes. Ich betrachte Herr und Hund und muss an ein Buch denken, das ich bei einem Freund einmal gesehen habe: Schwarzweißbilder von Menschen mit ihren Hunden, diese Ähnlichkeit … Ich beschließe, mir meinen Hund noch einmal genau anzusehen, wenn ich aus dem Nachtdienst wieder zurück zu Hause bin. Aus einem Nebenzimmer hört man kurz etwas, das wie ein Lachen klingt, aber kein fröhliches Lachen, und ein gedämpftes »Nein …!« dringt an unser Ohr. Schlagartig zuckt der Mann vor uns wieder zusammen und senkt den Kopf.
    Als Dr. Nadl mit der Frau zurückkommt, bleibt sie im Türrahmen stehen. Sie vermeidet es, ihren Mann anzuschauen. Sie hat bereits eine Sporttasche für die Klinik gepackt, die sie Felix in die Hand drückt.
    Felix entfernt auf Dr. Nadls Anweisung hin die EKG -Elektroden von der Brust des Mannes. Dann hilft er ihm auf die Beine, und er führt ihn an seiner Frau vorbei. Der Mann schaut sie mit Tränen in den Augen an, ein Häuflein Elend von einem Meter neunzig etwa, aber sie entgegnet seinen Blick nicht, richtet die Augen starr auf den Boden.
    Dann ist Felix mit unserem Patienten auch schon an der Treppe und geht, ihn stützend, voraus nach unten; die Frau hält den Hund am Halsband, der uns – wieder schwanzwedelnd – nachlaufen möchte, während Jens durch den Raum schaut, damit wir nichts liegen lassen.
    »Anne!«, ruft der Mann seiner Frau von

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