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Schneller als der Tod

Schneller als der Tod

Titel: Schneller als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
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Mediziner schreien und werfen sich Spritzen zu, die sie ihm in diverse Körperteile jagen.
    »Schockt ihn! Schockt ihn!«, brüllt einer der Zivilisten.
    Niemand schockt ihn. Es ist zwecklos. Schocks helfen bei gestörtem, nicht bei fehlendem Herzrhythmus. Deshalb nennt man das Verfahren auch »Defibrillation« und nicht »Fibrillation«.
    Wie es aussieht, bleibt Squillante tot. Nach und nach geben die Intensivärsche auf und stoßen beschäftigungshalber die Zivilisten weg.
    Ich überlege, wer von den Zivilisten wohl Jimmy ist, der Mann, der Squillantes Info über mich an David Locano im Bundesgefängnis von Beaumont in Texas übermitteln soll. Ich tippe auf den Typ im Dreiteiler, der schon sein Handy rauszieht, als er zur Tür des Aurwachraums hinausgeht. Aber es gibt noch eine Handvoll andere Kandidaten. Zu viele, um was dran zu machen.
    Also gehe ich zum Kopfende des Bettes und reiße den Ausdruck aus Squillantes EKG-Gerät. Die Kurve scheint völlig normal bis vor etwa acht Minuten, dann schlägt sie nach allen Richtungen aus.
    Die Zacken sind alles andere als normal. Sie bilden einen Haufen wildgewordener Ms, als stünden sie für »Mord«. Ich greife mir den roten »Gefahrstoffe«-Müllbehälter und nehme ihn mit in die Kabine, in der ich mein Nickerchen gehalten habe. Kippe ihn auf dem Bett aus.
    Trotz der vielen gebrauchten Spritzen und blutigen Mulltupfer dauert es nicht lange, bis ich die beiden leeren Fläschchen finde, auf denen »Martin-Whiting Aldomed« steht.
    Und die einmal Kalium enthalten haben.
     

Kapitel 18
    Beide Frauen von Les Karcher hatten Mary geheißen, wenn auch die jüngere im Familienkreis zärtlich »Tits« genannt wurde. Polizei und Rettungsleute fanden die ältere Mary vor dem Haus, wo Skinflick und ich sie zurückgelassen hatten. Der Schädel war ihr eingeschlagen worden, vermutlich mit dem eisernen Grillaufsatz, der neben ihrer Leiche gefunden wurde, laut Bundespolizei zwar ohne verwertbare Fingerabdrücke, jedoch mit reichlich Hirnmasse von der älteren Mary. Tits war, wie die drei männlichen Karchers, einfach verschwunden.*
(Für den Namen »Tits« entschuldige ich mich, aber so wurde sie eben von allen genannt. Auch von der Staatsanwaltschaft, einmal sogar vor Gericht, wenngleich das im Protokoll geheimnisvollerweise nicht auftauchte.)
Im Gegensatz zu ihnen hatte sie kein Blut hinterlassen.
    Dass mir das FBI den Mord an den beiden Marys vorwarf und nicht die Ermordung der Karcher-Jungs, wie Vater und Söhne alsbald genannt wurden, war einigermaßen verständlich. Die Marys waren ungleich sympathischer, und das FBI hatte eine ihrer Leichen. Sollte es damit trotzdem nicht klappen, konnten sie mich später immer noch des Mordes an den Jungs beschuldigen.**
(Die Behauptung, dass man in den USA nicht zweimal für dasselbe Verbrechen belangt werden kann, ist Unsinn. Man kann zweimal wegen desselben Anklagepunkts vor Gericht gestellt werden - vor ein Bundesgericht und vor ein staatliches -, und man kann beliebig oft wegen desselben Verbrechens belangt werden. Vor dem Bundesgericht stand ich zum Beispiel (in jeweils zwei Fällen) wegen Mord, Totschlag, Mord mit Schusswaffengebrauch im Zuge eines Gewaltverbrechens oder im Zusammenhang mit Drogenhandel, Mord im Verlauf einer Entführung, Auftragsmord, Mord in Verbindung mit unlauteren Geschäften, Foltermord, Mord in Verbindung mit einer aktiven kriminellen Organisation oder Drogenhandel beziehungsweise drogenbedingtem Mord an einem Beamten der Bundes-, Staats- oder Bezirkspolizei, Mord im Zusammenhang mit der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Mord zur Vereitelung der Aussage eines Zeugen, Opfers oder Informanten. Mit der Vielzahl der Anklagepunkte sollte erreicht werden, dass die Geschworenen mich in irgendeiner Weise schuldig sprachen und eine Freiheitsstrafe nicht unter tausend Jahren forderten. Trotzdem behielt sich das FBI vor, mich noch in weiteren Punkten anzuklagen und mich dem Staat zu überlassen.)
    Andererseits war es wiederum ein Fehler, mich wegen der Morde an den Marys vor Gericht zu stellen, weil ich sie eben nicht begangen hatte. Die Anklage konnte nur fingierte oder falsch interpretierte Beweise vorlegen und hatte nichts, um die »Alternativerklärung« zu entkräften: dass Tits nach Jahren unausdenkbarer Misshandlung die ältere Mary erschlagen hatte und mit den 200 000 Dollar geflohen war, die laut Ohrenzeugnis eines der ukrainischen Mädchen im Haus gewesen waren.
    Fürs Protokoll möchte ich dazu übrigens

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