Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)
Eltern aufdrängt, die einen solchen »Handel« eingehen, ist ein Bild der Reue und Scham, die sie empfinden würden, falls das Pestizid einen Gesundheitsschaden verursachen sollte.
Die intensive Abneigung dagegen, ein erhöhtes Risiko gegen einen anderen Vorteil einzutauschen, manifestiert sich im großen Maßstab in den gesetzlichen Regelungen zur Risikobeschränkung. Dieser Trend ist besonders stark in Europa, wo das Vorsichtsprinzip, das jegliche Handlung verbietet, die andere schädigen könnte, ein allgemein anerkannter Grundsatz ist. 17 Im Kontext der Rechtsordnung verlangt das Vorsichtsprinzip von jedem, der Handlungen unternimmt, die Menschen oder der Umwelt schaden könnten, den zweifelsfreien Nachweis der Unbedenklichkeit. Mehrere internationale Organisationen haben dargelegt, dass der fehlende wissenschaftliche Nachweis möglicher Schadensrisiken keine hinreichende Rechtfertigung für das Eingehen von Risiken ist. Der Jurist Cass Sunstein weist darauf hin, dass das Vorsichtsprinzip kostspielig ist und bei enger Auslegung den Fortschritt lähmen kann. Er erwähnt eine eindrucksvolle Reihe von Innovationen, die den Test nicht bestanden hätten, darunter »Flugzeuge, Klimaanlagen, Antibiotika, Autos, Chlor, der Impfstoff gegen Masern, Operationen am offenen Herzen, Radio, Kältetechnik, der Windpocken-Impfstoff und Röntgenstrahlen«. Die starke Version des Vorsichtsprinzips ist offensichtlich unhaltbar. Aber eine verstärkte Verlustaversion ist in eine starke und weitverbreitete moralische Intuition integriert; sie hat ihren Ursprung in System 1. Das Dilemma zwischen stark verlustaversen moralischen Einstellungen und effizientem Risikomanagement hat keine einfache und zwingende Lösung.
Wir verbringen einen Großteil des Tages damit, das emotionale Unbehagen, das wir uns selbst zufügen, vorherzusehen und möglichst zu vermeiden. Wie ernst sollten wir diese immateriellen Ergebnisse nehmen, die Selbstbestrafungen (und gelegentlichen -belohnungen), die wir erleben, wenn wir über unser Leben Buch führen? Die Econs sollten sie nicht haben, und für die Humans sind sie kostspielig. Sie führen zu Handlungen, die dem Vermögen von Individuen, der Solidität der Politik und dem Wohl der Gesellschaft schaden. Aber die Emotionen der Reue und moralischen Verantwortung sind real, und die Tatsache, dass Econs sie nicht haben, ist möglicherweise nicht von Belang.
Ist es insbesondere vernünftig, seine Entscheidungen von der Antizipation zukünftiger Reue beeinflussen zu lassen? Die Empfänglichkeit für Reuegefühle ist wie die Anfälligkeit für Ohnmachtsanfälle eine Tatsache des Lebens, an die man sich anpassen muss. Ein hinreichend vermögender, vorsichtiger Anleger mag sich den Luxus eines Wertpapierdepots leisten können, das die Reue-Erwartung minimiert, auch wenn es den Vermögenszuwachs nicht maximiert.
Man kann auch Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, die einen vor Reue schützen. Am nützlichsten ist es vielleicht, ausdrücklich auf die Erwartung der Reue einzugehen. Wenn etwas schiefläuft und Sie sich daran erinnern können, dass Sie die Möglichkeit der Reue sorgfältig erwogen haben, bevor Sie eine Entscheidung trafen, werden Sie wahrscheinlich weniger Reue erleben. Sie sollten auch wissen, dass Reue und der Rückschaufehler zusammen auftreten, sodass vermutlich alles hilfreich ist, was Sie tun können, um sich von der Rückschau abzuhalten. Meine persönliche Rückschau-Vermeidungsstrategie besteht darin, bei einer Entscheidung mit langfristigen Folgen entweder sehr gründlich oder völlig unbekümmert zu sein. Die Rückschau ist schlimmer, wenn man ein bisschen nachdenkt, gerade so viel, dass man sich später sagen muss: »Ich hätte beinahe eine bessere Entscheidung getroffen.«
Daniel Gilbert und seine Kollegen stellten die provokante Behauptung auf, dass Menschen im Allgemeinen mehr Reue erwarten, als sie tatsächlich erleben werden, weil sie die Wirksamkeit der psychologischen Abwehrmechanismen, die sie einsetzen, unterschätzen. Die beiden Wissenschaftler nennen dies das »psychologische Immunsystem«. 18 Sie empfehlen, der Reue nicht allzu viel Gewicht beizumessen; selbst wenn man bereuen sollte, wird es weniger wehtun, als man heute glaubt.
Zum Thema »Mentale Buchführung«
»Er hat getrennte mentale Konten für Bar- und Kreditkäufe. Ich erinnere ihn immer wieder daran, dass Geld Geld ist.«
»Wir halten nur deshalb an dieser Aktie fest, weil wir unser mentales Konto nicht mit
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