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Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Titel: Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kahneman
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ein Impuls, der auch »Lady-Macbeth-Effekt« genannt wird. 13
    Die Reinigung bezieht sich ganz spezifisch auf die Körperteile, die an einem sündhaften Tun beteiligt waren. Teilnehmer an einem Experiment wurden dazu gebracht, eine imaginäre Person entweder am Telefon oder in einer E-Mail zu »belügen«. Bei einem anschließenden Test mit verschiedenen Produkten zogen Probanden, die am Telefon gelogen hatten, Mundwasser Seife vor, während diejenigen, die dies in einer E-Mail getan hatten, Seife Mundwasser vorzogen. 14
    Wenn ich Priming-Studien vor einem größeren Publikum vorstelle, ist die Reaktion oftmals Unglaube. Dies ist nicht weiter verwunderlich: System 2 glaubt, dass es die Kontrolle hat und dass es die Gründe für seine Entscheidungen kennt. Auch Ihnen drängen sich vermutlich Fragen auf: Wie ist es möglich, dass solche trivialen Manipulationen des Kontextes so weitreichende Auswirkungen haben? Beweisen diese Experimente, dass wir auf Gedeih und Verderb den primenden Reizen ausgeliefert sind, die sich zu jedem beliebigen Zeitpunkt in unserem Umfeld befinden? Natürlich nicht. Die Auswirkungen der Primes sind durchgängig nachweisbar, aber nicht unbedingt groß. Unter hundert Wählern werden nur einige wenige, deren anfängliche Präferenzen unsicher waren, in einer Schulfrage anders abstimmen, wenn sich ihr Wahllokal in einer Schule statt in einer Kirche befindet – aber ein paar Prozent können eine Wahl entscheiden.
    Allerdings sind Zweifel hier nicht angebracht. Die Ergebnisse sind nicht erfunden, und sie sind auch keine statistischen Zufallsergebnisse. Sie müssen sich damit abfinden, dass die zentralen Schlussfolgerungen dieser Studien wahr sind. Wichtiger noch ist, dass Sie sich damit abfinden müssen, dass sie wahr in Bezug auf Sie sind. Wenn man Ihnen einen Bildschirmschoner mit schwimmenden Dollarscheinen dargeboten hätte, hätten auch Sie wahrscheinlich weniger Bleistifte aufgehoben, um einem unbeholfenen Fremden zu helfen. Sie glauben nicht, dass diese Ergebnisse für Sie gelten, weil sie nicht Ihrem subjektiven Erleben entsprechen. Aber Ihr subjektives Erleben besteht größtenteils aus der Geschichte, die sich Ihr System 2 selbst über das erzählt, was vor sich geht.
Priming-Phänomene entstehen in System 1, und Sie haben keinen bewussten Zugang dazu.
    Ich beende dieses Kapitel mit einer perfekten Demonstration eines Priming-Effekts, die in der Büroküche einer britischen Universität stattfand. 15 Viele Jahre lang hatten Mitglieder dieses Büros den Tee oder Kaffee bezahlt, den sie sich während des Tages genommen hatten, indem sie Münzen in eine »Vertrauenskasse« warfen. Eine Liste mit Preisvorschlägen war ausgehängt. Eines Tages wurde ohne Vorwarnung oder Erklärung ein Poster über der Preisliste zur Schau gestellt. Zehn Wochen lang wurde jede Woche ein neues Bild gezeigt – entweder Blumen oder Augen, die den Betrachter direkt anzublicken schienen. Niemand sagte etwas zu dem neuen Wandschmuck, aber die Beiträge zur Vertrauenskasse veränderten sich deutlich. Die Poster und die Geldbeträge, die in die Sparbüchse geworfen wurden (im Verhältnis zu der verbrauchten Menge), sind in Abbildung 4 gezeigt. Sie verdienen eine genauere Betrachtung.
    Abbildung 4
    In der ersten Woche des Experiments (ganz unten in der Abbildung) starren zwei weit aufgerissene Augen die Kaffee- oder Teetrinker an, die durchschnittlich 70 Pence pro Liter Milch bezahlten. In der zweiten Woche zeigt das Poster Blumen, und die durchschnittlichen Beiträge fallen auf etwa 15 Pence. Der Trend hält an. Im Durchschnitt zahlten die Benutzer der Kaffeeküche in den »Augenwochen« fast dreimal so viel wie in den »Blumenwochen«. Eine rein symbolische Mahnung daran, unter Beobachtung zu stehen, veranlasste die Konsumenten offensichtlich dazu, sich »besser« zu benehmen. Wie wir es mittlerweile erwarten würden, tritt dieser Effekt ein, ohne dass es den Betreffenden auch nur ansatzweise bewusst wäre. Glauben Sie jetzt, dass Sie in das gleiche Muster verfallen würden?
    Vor einigen Jahren schrieb der Psychologe Timothy Wilson ein Buch mit dem aufrüttelnden Originaltitel Strangers to Ourselves (»Uns selbst fremd«). 16 Sie wurden jetzt mit diesem Fremden in Ihnen bekannt gemacht, der einen Großteil dessen kontrollieren mag, was Sie tun, auch wenn Sie dies nur selten erahnen. System 1 liefert die Eindrücke, die oftmals zu unseren Überzeugungen werden, und es ist die Quelle der Impulse, die häufig unsere

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