Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)
Offizierslaufbahn auf Basis einer Reihe von Interviews und Praxistests auswählte. Das angegebene Kriterium für die erfolgreiche Vorhersage war die Abschlussnote eines Kandidaten auf der Offiziersschule. Die Gültigkeit der Einschätzungen war bekanntermaßen eher schlecht (ich werde in einem späteren Kapitel mehr dazu sagen). Die Einheit existierte auch noch Jahre später, als ich Professor war und mit Amos an der Studie über intuitive Urteile arbeitete. Ich hatte gute Kontakte zu den Leuten in dieser Einheit und bat sie um einen Gefallen. Zusätzlich zu dem üblichen Benotungssystem, das sie zur Einstufung der Anwärter benutzten, bat ich sie um ihre Einschätzung der Note, die jeder der zukünftigen Kadetten in der Offiziersschule erhalten würde. Sie sammelten einige Hundert dieser Vorhersagen. Die Offiziere, die die Vorhersagen machten, waren alle mit dem Benotungssystem auf Buchstabenbasis, das die Schule auf ihre Kadetten anwandte, und der ungefähren prozentualen Verteilung der Noten A, B und so weiter unter ihnen vertraut. Die Ergebnisse waren verblüffend: Die relative Häufigkeit der einzelnen Noten in den Vorhersagen entsprach fast genau deren Häufigkeiten unter den Endnoten der Schule.
Die Ergebnisse sind ein schlagendes Beispiel sowohl für Ersetzung wie für Intensitätsabstimmung. Die Offiziere, die die Vorhersagen machten, unterschieden nicht zwischen zwei Aufgaben:
– ihrer gewohnten Aufgabe, die darin bestand, die Leistung der Kandidaten während ihres Aufenthalts in der Einheit zu beurteilen
– der Aufgabe, die ich ihnen gestellt hatte, nämlich eine zukünftige Note vorherzusagen
Sie hatten einfach mithilfe der Intensitätsabstimmung ihre eigenen Einstufungen in die Notenskala der Offiziersschule übersetzt. Da sie sich – einmal mehr – nicht mit der (erheblichen) Unsicherheit ihrer Vorhersagen auseinandersetzen wollten, machten sie Vorhersagen, die die Regression zum Mittelwert völlig außer Acht ließen.
Eine Korrektur für intuitive Vorhersagen
Kommen wir zurück zu Julie, unserer frühreifen Leserin. Die richtige Methode zur Vorhersage ihres Notendurchschnitts wurde im vorangehenden Kapitel eingeführt. Wie ich es dort für das Golfspielen an aufeinanderfolgenden Tagen und für Gewicht und Klavierspielen getan habe, schreibe ich hier eine schematische Formel für die Faktoren auf, die das Lesealter und die College-Noten determinieren:
Lesealter
= gemeinsame Faktoren + für das Lesealter spezifische Faktoren
= 100 Prozent
Notendurchschnitt
= gemeinsame Faktoren + für den Notendurchschnitt spezifische Faktoren
= 100 Prozent
Zu den gemeinsamen Faktoren zählen die genetisch determinierte Veranlagung, das Ausmaß, in dem die Familie akademische Interessen fördert, und alles andere, was dieselben Personen dazu veranlasst, als Kinder zu frühreifen Lesern zu werden und als junge Erwachsene einen guten Studienabschluss zu machen. Selbstverständlich gibt es viele Faktoren, die eines dieser Ergebnisse, nicht aber das andere beeinflussen. Julie könnte durch übermäßig ehrgeizige Eltern dazu gedrängt worden sein, früh mit dem Lesen zu beginnen, sie hatte vielleicht eine unglückliche Liebesgeschichte, die ihre College-Noten drückte, sie könnte in
ihrer Jugend einen Skiunfall gehabt haben, der eine leichte Behinderung bei ihr hinterließ, und so weiter. Erinnern wir uns daran, dass die Korrelation zwischen zwei Messgrößen – in diesem Fall zwischen dem Lesealter und dem Notendurchschnitt – gleich dem prozentualen Anteil der gemeinsamen Faktoren unter ihren Determinanten ist. Wie hoch schätzen Sie diesen Anteil? Meine optimistischste Schätzung liegt bei etwa 30 Prozent. Damit haben wir nun alles, was wir brauchen, um eine nicht verzerrte Vorhersage zu erzeugen. Folgen Sie den nachstehenden Anweisungen, um in vier einfachen Schritten dorthin zu gelangen:
Beginnen Sie mit einer Schätzung des mittleren Notendurchschnitts.
Legen Sie den individuellen Notendurchschnitt fest, der Ihrem Eindruck aus den vorliegenden Informationen entspricht.
Schätzen Sie die Korrelation zwischen Ihren Informationen und dem Notendurchschnitt.
Wenn die Korrelation 0,30 beträgt, bewegen Sie sich um 30 Prozent der Distanz vom allgemeinen Durchschnittswert zum passenden individuellen Notendurchschnitt.
Schritt 1 gibt Ihnen den allgemeinen Bezugswert, den Notendurchschnitt, den Sie vorhersagen würden, wenn Sie nichts weiter über Julie wüssten, außer dass sie im letzten Studienjahr ist
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