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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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nein.
    Die Augen des alten Mannes weiten sich plötzlich. »Der Mann im Arbeitszimmer ist gefesselt, sagen Sie? Und er blutet?«
    Liz nickt.
    Â»Er ist hier«, haucht von Braunsfeld. »Ich bin sicher, er ist hier.«
    Â»Wer ist hier?«, fragt Liz.
    Â»Valerius.«
    Liz lässt das Gewehr sinken. Ihre Nackenhaare stellen sich auf.
    Â»Der Mann, die Hunde. Das ist er. Das kann nur er sein«, flüstert von Braunsfeld.
    Stille verbreitet sich im Raum wie Gift.
    Ein einzelner gedämpfter Knall dringt in die Stille wie ein weit entfernter Schuss, dann ein zweiter Knall, wieder einer, immer mehr, bis aus den einzelnen Geräuschen ein stetig anwachsendes Prasseln wird.
    Â»Was ist das?« Liz sieht sich beklommen um.
    Â»Hagel«, flüstert von Braunsfeld. »Das ist Hagel.«
    Das Geräusch schwillt zu einem ohrenbetäubenden Lärm an, als würde es Kieselsteine regnen.
    Â»Wir müssen weg, sofort«, sagt von Braunsfeld. »Wenn er wirklich hier ist, wenn er frei ist, dann wird er mich umbringen.«
    Â»Was meinen Sie damit? Wenn er frei ist? Und warum, um Himmels willen, sollte er Sie umbringen?«
    Â»Helfen Sie mir auf. Ich erklär’s Ihnen später. Jetzt müssen wir erst mal weg hier.«
    Liz legt das Gewehr beiseite, greift ihm unter die Achseln und hievt von Braunsfeld auf die Beine. »Können Sie laufen?«
    Â»Es wird gehen. Die Tropfen helfen schon. Kommen Sie.« Mit seiner knochigen Rechten umklammert er Liz’ Arm, zieht sie zum angrenzenden Wintergarten und öffnet die Verandatür. Der Hagel rauscht wie eine Eislawine. »Kommen Sie, kommen Sie.«
    Â»Da raus?«
    Â»Wir müssen zum Gewächshaus. Das ist der kürzeste Weg.«
    Von Braunsfeld tritt über die Schwelle in den Hagel hinaus und zieht Liz hinter sich her. Auf den Stufen der Freitreppe, die in den Garten führt, springen erbsengroße Eiskügelchen umher. Ihr Kopf schmerzt, als würde er von zahllosen Hammerschlägen bearbeitet.
    Mit hochgezogenen Schultern stolpern sie durch den Garten. Der Rasen ist von einer dünnen Eisschicht überzogen, aus der einzelne grüne Halme ragen. Ein harter Schlag direkt oberhalb ihrer Stirn lässt sie fast in die Knie gehen. Eisklumpen, manche davon so groß wie Walnüsse, regnen auf sie herunter.
    Â»Schnell«, brüllt sie gegen das Rauschen an und hebt die Arme schützend über ihren Kopf. Plötzlich fällt ihr ein, dass von Braunsfelds Gewehr noch in der Villa liegt. Sie flucht leise und hastet weiter, hinter von Braunsfeld her, der kein Wort sagt.
    In einiger Entfernung splittert plötzlich Glas. Liz blickt auf. Das Gewächshaus! Einzelne Hagelkörner haben die Größe von Hühnereiern. Eine weitere Scheibe birst, und die Scherben regnen ins Gewächshaus hinein.
    Â»Da können wir nicht hin«, brüllt Liz.
    Â»Kommen Sie, wir haben’s gleich geschafft.«
    Von Braunsfeld zerrt an ihrem Arm, geht schnell weiter und will die Glastür des Gewächshauses öffnen, aber die Tür bewegt sich nicht. »Sie klemmt, helfen Sie mir.«
    Liz stemmt die Hände gegen den Metallrahmen der Tür, von Braunsfeld stößt seine Schulter gegen die Scheibe. Mit einem Mal springt die Tür auf. Von Braunsfeld stolpert ins Gewächshaus und stürzt zu Boden.
    Mühsam richtet er sich wieder auf, einen seltsamen Ausdruck von Überraschung in seinem Gesicht.
    Liz stockt der Atem.
    Victor von Braunsfeld steht da wie eine Statue und starrt hinunter auf seinen Bauch. In seinem weißen Hemd ist ein Riss, um den sich eine dunkelrote Blume bildet. Wie in Trance zieht er eine längliche Scherbe aus seinem Leib und lässt das blutige Stück Glas fallen.
    Gelähmt vor Entsetzen, beobachtet Liz den wachsenden Blutfleck. Die Zeit zwischen ihren Herzschlägen dehnt sich ins Unendliche, selbst der Hagel fällt langsamer. Von Braunsfeld bewegt die Lippen, bringt jedoch nichts heraus, kein Wort, keinen Ton. Ein großer Eisklumpen schlägt auf seinen Kopf, mit einem dumpfen Geräusch. Die Zeit rastet wieder ein.
    Â»Wir müssen … in den … Keller«, stammelt von Braunsfeld. »Da sind wir sicher.«
    Â»Wo?«
    Â»In der Mitte, unter den Holzbohlen.«
    Liz zerrt den alten Mann hinter sich her, weiter hinein in das Gewächshaus. Über ihnen kracht es ohrenbetäubend, dann regnet es Scherben. Die Holzbohlen sind von großen und

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