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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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kleinen Splittern übersät. Sie bückt sich und sucht mit zitternden Fingern nach einer Lücke zwischen den Bohlen. Da! Etwa zwei Zentimeter breit, eine kleine quadratische Öffnung. Sie steckt Zeige- und Mittelfinger hinein. Ein Glassplitter bohrt sich schmerzhaft in ihre Hand, als sie die Bohlen emporwuchtet. Im Boden öffnet sich eine große Falltür und gibt eine graue Betontreppe frei, die etwa drei Meter hinabführt und vor einer glatten Tür ohne Klinke endet. Rechts in die Wand ist ein Tastenfeld eingelassen.
    Von Braunsfeld schiebt sich an ihr vorbei. »Schnell«, sagt er und wankt die Stufen hinab. Seine Hand zittert so sehr, dass er kaum die Zahlen auf dem Tastenfeld trifft. Erst beim dritten Versuch springt die Tür auf. Liz folgt ihm mit rasendem Herzen, schließt die Luke über sich und tritt in den dunklen Gang hinter der Tür. Über ihnen zerbirst erneut eine Scheibe, und Glas prasselt dumpf auf die Bohlen über ihr.
    Â»Ziehen Sie die Tür zu, schnell!« Liz’ Finger suchen vergeblich nach einem Knauf oder einer Klinke. Ihre Hand packt den Rand der Tür, zieht sie mit Schwung nach innen. Im letzten Moment zieht sie ihre Hand zwischen dem Türblatt und der Zarge hervor, um sich nicht die Finger zu klemmen. Die Tür kracht mit einem satten Schlag in den Rahmen, und die Geräusche der Außenwelt sind wie abgeschnitten. Es ist stockdunkel. Die Stille rauscht in ihren Ohren, als ob der Hagel noch nachhallt. Neben sich hört sie von Braunsfelds rasselnden Atem.
    Â»Neben der Tür«, keucht er, »da ist ein Lichtschalter.«
    Liz’ Finger tasten wie Spinnenbeine über die nackte Wand, finden den Schalter, und endlich flammt Licht auf. Der Gang sieht aus wie in den Beton geschnitten und scheint in Richtung Villa zu führen.
    Â»Okay. Weiter«, sagt von Braunsfeld gepresst.
    Liz betrachtet sein blutgetränktes Hemd. »Sie brauchen einen Arzt.«
    Â»Ich muss mich ausruhen; wenn Sie vor mir gehen und ich mich etwas aufstützen kann, geht es schneller.«
    Liz schiebt sich an ihm vorbei, und von Braunsfeld legt ihr seine Hand auf die Schulter. Dann folgen sie im Gänsemarsch dem Verlauf des Gangs, der bald nach links abknickt und sanft abwärtsführt. Nach etwa zwanzig Metern geht der glatte Beton in alte Ziegelsteinwände über, die sorgfältig nachverfugt wurden; alle fünf Meter ist eine Kellerlampe an der Wand befestigt. Ein kühler Luftstrom zieht ihr entgegen, und nach weiteren fünfzehn Metern versperrt eine alte, aber intakte Holztür den Weg.
    Als Liz die Tür öffnet, verschlägt es ihr den Atem. Vor ihr liegt eine alte Krypta, ein unterirdisches Kreuzgewölbe, das mindestens fünfzehn Meter im Quadrat misst. Ein Dutzend freistehende romanische Säulen tragen die schwere Gewölbedecke. Am hinteren Ende, in einer halbrunden Nische, steht ein alter Steinquader mit umlaufendem Relief. Im selben Moment wird ihr klar, dass es ein Sarkophag ist.
    Liz betritt die Säulenhalle und zuckt zusammen, als sie hinter dem Steinsarg eine Gestalt erkennt. Erst auf den zweiten Blick bemerkt sie, dass sie sich selbst in einem großen, halbblinden Spiegel sieht, der hinter dem Sarkophag in der Nische steht. »Unglaublich«, flüstert sie.
    Â»Helfen Sie mir.« Von Braunsfeld zeigt an die rechte Wand. Zwischen den halbrund aus dem Sandstein hervorragenden Säulen stehen dort breite, rot bezogene Chaiselongues, die Steinwände dahinter zieren Wandbehänge mit bizarren Motiven, die aussehen wie Bilder des niederländischen Malers Hieronymus Bosch.
    Liz fasst von Braunsfeld unter die Achseln und zieht ihn hinüber zu einer der Liegen. Mit einem gequälten Laut lässt von Braunsfeld sich auf die Chaiselongue sinken.
    Â»Gibt es hier ein Telefon?«, fragt Liz. »Wir müssen die Polizei rufen. Und einen Krankenwagen.«
    Von Braunsfeld schüttelt den Kopf. Seine linke Hand drückt auf den Bauch. Zwischen den Fingern glänzt es rot.
    Â»Und einen zweiten Ausgang?«
    Â»Keinen, den wir benutzen sollten.«
    Â»Wohin führt denn der zweite Ausgang?«
    Â»In den Keller der Villa«, flüstert von Braunsfeld.
    Liz hebt die Brauen. »Warum, um Himmels willen, haben wir den nicht genommen, um hier runterzukommen.«
    Â»Ich hatte Angst, ihm zu begegnen.«
    Â»Ihrem Sohn?«
    Von Braunsfeld nickt. »Markus, ja.«
    Â»Sind Sie sicher, dass er im Haus

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