Schnitt: Psychothriller
anderen Sofa, als hätte er beschlossen, auf ihn aufzupassen. Als Gabriel sich aufrappelte, schreckte David hoch. Es dauerte einen Moment, bis er zu sich kam, dann stand er auf und machte einen Kaffee â schwarz für Gabriel, und da keine Milch mehr da war, nahm er ihn ebenfalls schwarz.
»Du wirst immer noch von der Polizei gesucht, oder?«, fragte David, während Gabriel sich über den dampfenden Becher beugte.
Gabriel nickte und trank vorsichtig, um sich nicht zu verbrühen.
»Wegen Mord, Geiselnahme und Flucht aus dem Gefängnis, richtig?«
Gabriel nickte wieder. »Ist aber Blödsinn«, sagte er.
»Was ist Blödsinn?«
»Der Mord.«
»Und Dressler? Hast du den Alten wirklich nackt durch die Innenstadt geschickt?«
Gabriel verzog den Mund zu einem Grinsen.
David konnte sich ebenfalls ein Grinsen nicht verkneifen. »Der Drecksack hatâs nicht anders verdient. Gibtâs sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«, fragte er, humpelte zur Küche und goss sich Grappa in ein Wasserglas.
Gabriel schüttelte den Kopf.
Wenig später war er unter die Dusche gewankt, und hier steht er nun, zitternd, die Finger allmählich taub vom kalten Wasser. Er tastet nach dem Thermostat in der Dusche und dreht es in die andere Richtung. Augenblicklich wird das Wasser wärmer.
Das Wechselbad regt Gabriels Kreislauf an, es ist, als ob tausend Nadeln in ihn stechen. Dann überzieht eine Gänsehaut seinen gesamten Körper, die Schmerzen in Schulter und Arm scheinen von ihm abzutropfen. Könnte er nur mit seinem Innersten das Gleiche tun! Alles abwaschen und sauber sein. Der Abfluss unter seinen FüÃen gibt ein hässliches Gurgeln von sich, als könnte er so viel Dreck nicht vertragen.
Gabriel dreht den Regler wieder zurück, ohne die Augen zu öffnen. Er will die Augen nicht öffnen. Die Welt hinter den Lidern hat ihm mehr als einen Tritt verpasst. Er fühlt sich ohnmächtig, nutzlos und dumm.
Ihm ist, als hätte er Bohrlöcher in sein Gehirn getrieben, in seine Erinnerung, tief und schmerzhaft, und trotzdem ist er kaum einen Schritt weitergekommen â Liz ist immer noch in Vals Gewalt. Und Val schweigt, warum auch immer, er ruft einfach nicht an.
Gabriel dreht das Thermostat wieder in den roten Bereich, und prompt sind die tausend Nadeln wieder da. In diesem Augenblick klingelt es.
Gabriel reiÃt die Augen auf. Val! Hastig taumelt er aus der Dusche und greift nach dem Handy, das auf dem Waschtisch liegt. Mit tropfnassen Fingern drückt er die grüne Taste. »Hallo?«, sagt er atemlos.
»Liz?«, fragt eine Frauenstimme. »Ich binâs. âtschuldige, ich weiÃ, es ist früh. Aber gut, dass ich dich erwische«, plappert die Frau aufgekratzt, »hör mal, wegen der Telefonnummer gestern, da ist mir â«
»Ich weià nicht, wer Sie sind«, unterbricht Gabriel sie ernüchtert, »aber unter dieser Nummer können Sie Liz nicht mehr erreichen.«
»Aber ⦠Können Sie ihr dann etwas ausrichten, von Pierra, es ist â«
»Vergessen Sieâs«, unterbricht Gabriel sie. Zu seinen FüÃen hat sich eine Wasserpfütze gebildet. Am liebsten würde er das Handy ins Klo werfen.
»Mist. Sie haben keine Ahnung, wie ich sie erreichen kann? Wissen Sie, Liz hat mir gestern gesagt, dass sie unbedingt â«
»Gestern?« Gabriels Herzschlag setzt für einen Moment aus.
Nur das laute Rauschen der Dusche ist zu hören.
»Unterbrechen Sie eigentlich grundsätzlich andere Menschen beim Reden«, sagt die Frau ungehalten, »oder hab ich Sie heute nur auf dem falschen Fuà erwischt?«
»Habe ich das gerade richtig verstanden?« Gabriel ist plötzlich hellwach. »Sie haben gestern mit Liz gesprochen?«
»Ja natürlich, ich war froh, dass sie endlich mal wieder angerufen hat. Ist bei ihr nicht unbedingt selbstverständlich. Da sehe ich auch schon mal drüber weg, wenn sie mich als Auskunft missbraucht.«
Gabriel wird schwindelig, und er sinkt auf den Klodeckel. »Sind Sie sicher , dass es Liz war?«
»Mein Gott, ja . Was ist los mit Ihnen. Sind Sie ihr Lover? Hat sie mit Ihnen Schluss gemacht?«
»Nein, nein, das ist es nicht«, entgegnet Gabriel hastig. »Hören Sie, Liz schwebt in groÃer Gefahr. Bitte vertrauen Sie mir, sagen Sie mir alles, was Sie gestern mit ihr besprochen haben.«
Stille. »Sagen
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