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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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wie Dämonen oder Kriegsgötter, andere wie normale Krieger und wieder andere wie arglose Bauern oder Frauen, gefangen in einer tödlichen Schlacht.
    Liz’ Finger tasten über den lückenlos behauenen Stein. Der schwere steinerne Sargdeckel ist dagegen glatt, beinahe makellos, wobei das vordere Drittel des Deckels nachgedunkelt zu sein scheint. Über das Relief laufen dunkle Spuren wie Tränen. Liz schaudert.
    In diesem Moment geht das Licht aus, ohne Vorwarnung, als hätte jemand die Leitung zerschnitten. Von einer Zehntelsekunde auf die andere ist alles um sie herum pechschwarz, wie im Inneren eines Sargs, tief unter der Erde. Liz stößt einen erstickten Schrei aus, der unter der Gewölbedecke nachhallt.
    Â»Ist er nicht wunderschön?«, flüstert eine Stimme, so nah, als sei sie direkt neben ihr. Liz erkennt die Stimme sofort. Es ist Val.
    Der Schock lässt sie zittern.
    Das kann nicht sein. Noch vor einem Augenblick war sie alleine hier … und jetzt?
    Â»Wie ein Altar«, haucht Valerius in ihr Ohr.
    Instinktiv schlägt sie mit der Hand in die Richtung, aus der die Stimme kommt. Ihre Hand prallt schmerzhaft gegen Stein. Wieder schreit sie auf.
    Â»Wie fühlt es sich an, hier, alleine, im Dunkeln?«
    Liz gibt keine Antwort. Ihre Lippen beben, und sie tastet nach dem Stein neben ihr. Er fühlt sich rund und glatt an. Eine Säule.
    Â»Du bist stark«, raunt Valerius. Seine Stimme scheint direkt aus der Steinsäule zu kommen. »Das wusste ich von Anfang an. Du hast Yvette fast umgebracht. Aber hier, hier kann dich nichts und niemand retten.« Mit einem Mal scheint die Stimme mehrere Meter weiter weg zu sein, als sei Valerius gesprungen.
    Er ist nicht hier. Das ist eine Halluzination.
    Â»Weißt du eigentlich«, flüstert es jetzt wieder direkt neben ihr, »wie wütend ich bin?«
    Liz versucht, ihren Atem zu beruhigen, und presst ihre Zähne aufeinander.
    Â»Weißt du, warum ich so wütend bin?«
    Stille.
    Eine Hand legt sich brutal um Liz’ Hals und presst sie gegen die Steinsäule. »Antworte, wenn ich dich etwas frage«, faucht Valerius. Speichel sprüht in ihr Gesicht. Zum ersten Mal scheint er vollkommen außer sich. »Weißt du, warum ich so wütend bin?«
    Â»Nein«, sagt Liz und muss würgen.
    Valerius lässt sie ebenso plötzlich los, wie er sie gepackt hat, und Liz hat Mühe, sich auf den Beinen zu halten.
    Â»Weißt du, wie hart ich gearbeitet habe? Wie lange ich gewartet habe auf meine Chance? Auf meine Freiheit, damals wie heute?«
    Heute … heute … heute. Das Echo rollt leise unter der Gewölbedecke entlang.
    Â»Weißt du, wie lange?«, brüllt er ansatzlos weiter.
    Â»N… nein«, stammelt Liz erstickt.
    Wieder Stille.
    Lange anhaltend und quälend.
    Â»Ist er tot?«, fragt er unvermittelt und kalt. Seine Stimme klingt überraschend weit entfernt.
    Â»Ja«, sagt Liz tonlos und schluckt.
    Â»Wie lange schon?«
    Â»Eine … eine Weile …«
    Â»Warum musstest du dich da einmischen?« Die Frage geistert durch den Raum, als würde Valerius mal hier und mal dort sein. »Ich hatte ein Recht auf seinen Tod. Ein Recht, verdammt. Es war mein Tod! Ich wollte ihn sehen, wie er stirbt. Sein arroganter Blick, sein weltmännisches Gehabe, seine Vorliebe für all diese Bilder hier, all die großen Namen. Versuchung, Hölle, Paradies – nichts als beschissene Fassade, hohles Gewäsch. Was verstehst du schon von Versuchung, wenn du Victor von Braunsfeld heißt, wenn dir das Geld wie Durchfall aus dem Arsch läuft. Wenn du dir dein Paradies zusammenkaufen kannst. Wenn du für die Versuchungen zu feige bist, die du mit keinem Geld der Welt kaufen kannst. Die Hölle, Liz, ist nur von außen betrachtet ein faszinierender Ort. Ich hätte ihn hineingestoßen, Demut gelehrt. Er sollte in meine Augen sehen, während er krepiert. Und du, du mischst dich einfach ein, einfach so, stellst dich zwischen mich und seinen Tod.«
    Â»Es … es tut mir leid«, sagt Liz mit bebender Stimme. »Ich kann verstehen, dass –«
    Â»Nichts verstehst du. Nichts! Alles nur erbärmliches Geschwätz.«
    Â»Wenn mein Vater mich für dreißig Jahre in die Psychiatrie gesteckt hätte –«
    Â»Psychiatrie?«, zischt Val. »Ich war nicht in der Psychiatrie. O nein.«
    Liz verstummt.
    Â» Er

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