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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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Klinke links von ihm glänzt messingfarben, mit einigen stumpfen Flecken, vielleicht ein fettiger Handabdruck.
    David drückt die Klinke zaghaft hinunter, dann schwingt die Tür auf. Im Zimmer ist Licht, ein antiker schwerer Schreibtisch steht mitten im Raum. Wie von einem Magneten angezogen, tritt David ins Zimmer, sieht sich um – und erstarrt.
    Auf einer grauen Chaiselongue neben der Tür liegt Yuri Sarkov, geknebelt, verschnürt wie ein Paket und mit weit aufgerissenen Augen. Und diese Augen schauen ihn an.
    Im ersten Augenblick löst Sarkovs Anblick in seinem Gehirn einen Fluchtreflex aus.
    Reiß dich zusammen! Er ist gefesselt!
    David kämpft den Fluchtimpuls nieder und schließt leise die Tür. Seine Knie zittern, und ein Gefühl zwischen Triumph und Unsicherheit überkommt ihn. Vorsichtig löst er Sarkovs Knebel.
    Â»Gut, dass Sie hier sind, David«, japst Sarkov.
    Â»Tatsächlich?«, fragt David.
    Â»Hören Sie, David. Egal, wie wütend Sie sind – Sie sind doch wütend? Das sehe ich Ihnen an – wir müssen hier raus. Sonst überleben wir das beide nicht.«
    Â»Ihr Schicksal interessiert mich, ehrlich gesagt, gerade herzlich wenig.«
    Â»Seien Sie nicht dumm, David. Glauben Sie mir, das hier ist eine Nummer zu groß für Sie. Ist Gabriel im Haus?«
    David sieht ihn aus schmalen Augen an. »Er sucht unten nach Liz.«
    Â»Machen Sie mich los, zusammen haben wir bessere Chancen, hier noch heil rauszukommen. Wir müssen ihn warnen.«
    Â»Warnen? Wovor? Was ist denn los?«
    Â»Jetzt sein Sie kein Idiot, verdammt«, flucht Sarkov. »Bevor ich Ihnen das erklärt habe, bringt er uns alle um.«
    David erstarrt. »Wer? Valerius? Ist er hier?«
    Â»Ihr seid also alleine draufgekommen? Gut, was soll’s.« Sarkov streckt ihm die gefesselten Hände entgegen. »Mach schon.«
    David dreht sich zur Tür um und sieht wieder Sarkov an.
    Â»Es geht um deinen Arsch, du Idiot, wir müssen weg hier, und ohne mich kommst du nicht weit. Der Keller ist ein Labyrinth, und wenn du Gabriel da finden willst, brauchst du meine Hilfe.«
    Â»Gut, nur die Füße. Mehr nicht«, sagt David und löst umständlich die festsitzenden Knoten an Sarkovs Füßen. Als die Fesseln abfallen, bewegt Sarkov die tauben Fußgelenke auf und ab, dann deutet er mit dem Kinn auf seine immer noch gefesselten Hände. »Hilf mir auf, ich bin noch etwas schwach auf den Beinen.«
    Widerstrebend beugt David sich hinunter zu ihm. Im selben Moment krachen Sarkovs zusammengebundene Hände seitlich gegen Davids Kiefer, und er geht zu Boden. Der strenge Geruch von frischem Parkettöl steigt ihm in die Nase. Alles dreht sich, die Fußbodenleiste ist der Horizont, und selbst der schwankt bedenklich.
    Â»Dämlicher Idiot«, knurrt Sarkov, wälzt sich beiseite, kommt auf die Knie und hält David seine gefesselten Hände hin. »Aufmachen«, sagt er und presst David ein Knie gegen die Schusswunde am Bein. Der Schmerz ist überwältigend, wie ein Stromstoß, der alle Reserven auf einmal mobilisiert. Davids Hände schießen empor, krallen sich in Sarkovs schmalen faltigen Hals und drücken mit verzweifelter Kraft zu.
    Sarkov keucht überrascht und verliert für einen Moment die Kontrolle. Von einer bodenlosen Wut getrieben, bäumt sich David auf, wirft Sarkov ab und donnert seinen Hinterkopf auf das Parkett. Ungelenk schlägt er seine rechte Faust gegen Sarkovs Wange, so dass dessen Brille über den Fußboden schlittert.
    Wie ein Berserker springt David auf, greift nach dem ersten Gegenstand auf dem Schreibtisch, der ihm geeignet erscheint – einem durchsichtigen Brieföffner aus Glas –, und setzt Sarkov die Spitze an die Kehle. »Zwingen Sie mich nicht, Sie umzubringen«, keucht er.
    Sarkov starrt ihn an, noch benommen von dem Schlag, dann breitet sich langsam ein spöttisches Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Mit einem Brieföffner?«
    Â»Sie sind mir ein paar Antworten schuldig«, sagt David. Sein Atem pumpt von der Anstrengung.
    Sarkov lacht auf. »Immer noch formvollendet beim ›Sie‹? Du drohst, mich umzubringen, und schaffst es noch nicht mal, dich von deinem Höflichkeitsscheiß zu verabschieden?«
    David fixiert Sarkovs eisgraue Augen. »Ich will wissen, was hier läuft. Warum sind Sie hier, und was wissen Sie über von Braunsfeld und seinen

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