Schnitt: Psychothriller
Sohn?«
Sarkov funkelt ihn an. »Findâs selber raus. Oder glaubst du ernsthaft, dass ich mit dir rede, nur weil du mir einen Brieföffner an den Hals hältst? Sieh dich doch an! Du bist ein beschissener Feigling, einer, der sich unterm Rock seiner Mutter versteckt. Du nimmst nichts selbst in die Hand. Hast du nie getan und wirst du auch nicht. Du hast viel zu viel Angst. Das kann man riechen, Junge!«
Davids Hand mit dem Brieföffner zittert, der schmale glatte Glasgriff fühlt sich nass und rutschig an. »Mag sein«, sagt David mit bebender Stimme. »Mag alles sein. Aber was, wenn du mich mit deinem Gequatsche so wütend machst, dass ich dir ins Bein steche mit dem Ding hier, so wie du mir ins Bein geschossen hast? Vielleicht verliere ich ja auch die Kontrolle, wer weià das schon, und dann steche ich dir mehrmals in beide Beine. Und was ist, wenn ich dann zu guter Letzt, weil ich ja so ein Feigling bin, Angst bekomme? Angst vor dir, Yuri Sarkov, dass du mich aus Rachsucht mein ganzes restliches Leben verfolgen könntest. Aus lauter Angst vor dir könnte ich beschlieÃen, dich doch umzubringen. Die Angst muss nur stark genug sein. Angst â musst du wissen â ist nämlich bei den meisten Morden die Triebfeder. Nicht etwa Kaltblütigkeit, sondern Angst . Und was glaubst du, wie viel Angst habe ich wohl gerade?«
Sarkov starrt David schweigend an. Das spöttische Grinsen ist aus seinem Gesicht gewichen.
»Kriege ich jetzt meine Antworten?«
Sarkovs bleiche Lippen öffnen sich so langsam, als wären sie verklebt. »Das spielt alles keine Rolle«, sagt er. Plötzlich klingt seine Stimme matt. »Jemand wie ich hat mehr zu verlieren, als du dir vorstellst. Lass mich gehen, und ich verspreche dir, ich lass dich in Ruhe. Aber erwarte nicht von mir, dass ich dir Antworten gebe, die für mich gefährlicher sind als dieser Brieföffner.«
»Vor wem hast du Angst? Vor Valerius? Oder vor seinem Vater?«
Sarkov presst die Lippen aufeinander und schweigt.
»Was ist mit Treasure Castle ? Wolltest du mir nicht die Lizenz besorgen? Was weiÃt du darüber? Oder war das alles nur Bluff?«
»Wenn ich dir die Frage beantworte, lässt du mich dann gehen?«
David sieht ihn misstrauisch an und sucht in seinen Augen nach einem Anzeichen dafür, dass er lügt. Alles, was er sieht, ist ein unbestimmtes Glitzern. »In Ordnung«, sagt er. »Ja.«
Sarkov lächelt selbstzufrieden. »Du solltest Nachforschungen anstellen, wer die Eigentümer der Firma sind, an die du die Lizenz verloren hast.«
»Ich weiÃ, wer die Eigentümer sind. Das steht im Handelsregister. Ist das etwa alles?«
»Ich rede nicht von den Leuten, die im Handelsregister stehen. Hast du nicht gelernt, hinter den Vorhang zu schauen?«
»Hinter den Vorhang? Also sind die Eigentümer nur Strohmänner?«
»Die Eigentümer sind die Eigentümer. Aber in der Bilanz taucht eine Beratungsfirma auf, die erstaunliche Summen kassiert. Fragt sich nur, wofür. Und weiÃt du, wem diese Beratungsfirma gehört?«
»Wem?«, fragt David atemlos.
»Er saà die ganze Zeit vor deiner Nase«, erwidert Sarkov. »Es ist Bug. Die Firma gehört Dr. Robert Bug.«
David starrt Sarkov mit offenem Mund an und lässt den Brieföffner sinken. Ihm wird schwindelig, seine Wangen brennen rot vor Wut und Scham zugleich. »Bug«, keucht er heiser. »Dieses Mistschwein.«
»Jetzt weiÃt duâs«, sagt Sarkov. Ein spöttisches Lächeln kräuselt seine Lippen. »Lass mich gehen.«
David sieht Sarkov nachdenklich an. »Eins noch«, sagt er und drückt den Brieföffner wieder an Sarkovs Hals. »Eine Frage hab ich noch.«
Sarkov presst die Lippen zusammen.
»Du hast vorhin gesagt, der Keller hier wäre ein Labyrinth. Was erwartet mich, wenn ich da runtergehe?«
Sarkov betrachtet David aus schmalen Augen, so als müsste er sein Urteil über den feingliedrigen blonden Mann revidieren, der über ihm kniet. »Viel kann ich dir nicht sagen«, beginnt er.
Davids Hand zittert, während Sarkov redet. Als er fertig ist, nickt David abwesend.
»Und jetzt«, fordert Sarkov, »nimm das verdammte Ding da weg und lass mich gehen.«
David sitzt auf Sarkov und rührt sich nicht. Wenn er aufsteht, was wird Sarkov dann tun? Einfach gehen? Ihn niederschlagen?
»Jetzt mach schon,
Weitere Kostenlose Bücher