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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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der Krypta, und dann die anderen, und die Kristen, dieses Model, und – wie hieß sie noch – die Fette? Die Mutter von Jonas?
    Aber wir beide, Gabriel, wir haben schon zu viel Scheiße gefressen und zu viel Angst gehabt. Bei Menschen wie dir und mir, da ist kaum noch Angst übrig. Das Sterben mag vielleicht unschön sein, aber der Tod ist egal. Für uns gibt es nur noch Erlösung «, sagt Valerius.
    Â»Was willst du von mir? Mich töten?«
    Â»Den Gefallen tue ich dir nicht! Erwarte ja nicht, dass ich ausgerechnet dich erlösen werde …«
    Â»Ich scheiß auf deine Erlösung«, sagt Gabriel.
    Erlösung …lösung …lösung , flüstert die Krypta.
    Gabriels Blick irrt durch den Raum, er sucht nach etwas, irgendetwas, das ihm hilft, Valerius abzulenken, etwas, das ihm ein paar entscheidende Sekunden verschafft.
    David! Wo zur Hölle ist eigentlich David?, denkt er. Zum ersten Mal in seinem Leben braucht er verzweifelt seine Hilfe. Ganz anders als damals in der Psychiatrie, als er David das Messer an den Hals gesetzt und ihn einfach nur benutzt hat, damit das, was er immer tat, nämlich die Schnauze halten, mal einen Sinn bekam.
    Jetzt ist alles anders.
    Tu etwas, kleiner Bruder. Bitte!
    Plötzlich bleibt sein Blick an der Seitenwand der Krypta hängen. Auf einer Chaiselongue liegt ein Mann. Sein weißes Hemd ist satt mit Blut getränkt, und seine gebrochenen Augen starren auf eine kleine Schrift am unteren rechten Rand eines Wandbehangs, der von grotesken Gestalten bevölkert ist, Gestalten, wie sie nur ein Alptraum gebiert. Seine Augen starren dorthin, wo in einer für Gabriel fremden Sprache steht:
    Â»Wo warst du, guter Jesus, wo warst du?«

Kapitel 54
    Berlin – 28. September, 08:09 Uhr
    David eilt humpelnd die breite Marmortreppe hinab, immer noch Yuri Sarkovs Stimme im Ohr. Seine Hände zittern, aber es ist ein gutes Zittern, wie in einem Rausch. Nervös sieht er auf die Uhr. Zehn nach acht. Nicht mehr lange, und von Braunsfelds Personal wird anrücken, wenn nicht sogar schon jemand im Haus ist. Aber wo verdammt ist Gabriel? Und wo ist Valerius?
    David wirft einen Blick durch die offene Flügeltür in den Wohnraum.
    Nichts. Nur die offene Verandatür.
    David eilt weiter zur Kellertreppe und müht sich die Stufen hinunter, bis zu den beiden toten Dobermännern am Fuß der Treppe. Als er auf die letzte Stufe tritt, zögert er. Die Hunde starren mit kalten Augen ins Nichts. Die Tür steht einen Spaltbreit offen. Irgendwo dahinter ist es.
    David versucht, mit einem weiten Schritt über die Hundekadaver zu steigen, tritt aber mit dem linken Schuh in die Blutlache und rutscht beinahe aus.
    Leise fluchend drückt er die Kellertür auf und erkennt einen dunklen Gang mit vielen Türen vor sich. Er versucht, sich zu orientieren. Sarkov hat ihm den Weg beschrieben, aber auf einmal ist alles so unwirklich. Für einen kurzen Augenblick fragt er sich, ob Yuri Sarkov ihn reingelegt hat.
    Sein Atem klingt wie ein Blasebalg, viel zu laut. Er hält die Luft an und lauscht.
    Aber da ist nichts. Oder?
    David starrt in den Keller.
    Das berauschende Gefühl von vorhin ist einer dumpf pochenden Angst gewichen, und er hofft inständig, dass Sarkov die Wahrheit gesagt hat. Er zwingt sich, in den Gang zu treten und Meter für Meter vorwärtszuhumpeln.
    Sein linker Schuh hinterlässt dunkelrote Abdrücke auf dem Boden.

Kapitel 55
    Berlin – 28. September, 08:09 Uhr
    Gabriel starrt auf die Leiche unter dem Wandteppich. Der alte Mann kann erst vor kurzem gestorben sein, in der Krypta riecht es noch nicht nach dem Toten.
    Valerius’ Blicke sind wie Nadelstiche. Gabriel wendet sich von der Leiche ab und sieht wieder in den Spiegel, wo ihn Valerius’ ungleiche Augen fixieren. Der rote Punkt prangt jetzt auf dem entstellten Teil seiner Stirn.
    Â»Wer ist das?«, fragt Gabriel und deutet auf den Toten.
    Valerius blinzelt angestrengt und schließt für einen Moment sein entstelltes Auge, während das andere kurz flattert und ihn weiter ansieht. Er ist auf einem Auge blind , schießt es Gabriel in den Sinn. Das heißt, er kann Entfernungen schlecht abschätzen.
    Â»Darf ich vorstellen, mein hochverehrter Herr Vater. Ein beschissener Geheimniskrämer, genau wie deiner«, sagt Valerius. Er sieht auf Liz hinab.
    Jetzt! Gabriel schiebt seine Füße ein Stück nach vorne. Seine

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