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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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Sohle schleift über den Stein.
    Valerius’ Blick fliegt nach oben. »Bleib, wo du bist«, schreit er. Seine gesunde Hand schiebt das Messer weiter in Liz hinein. »Für jedes Stück, das du näher kommst, schieb ich’s ihr tiefer rein.«
    Liz stöhnt erbärmlich.
    Gabriel presst die Zähne aufeinander. Seine Fäuste zittern vor Wut und Ohnmacht. Lenk ihn ab! Rede mit ihm, denkt Gabriel. »Geheimniskrämer? Genau wie mein Vater? Was soll das heißen?«
    Valerius schnaubt verächtlich. »Wann hast du’s denn entdeckt, das schmutzige kleine Geheimnis deines Vaters? Erst mit elf? Oder schon früher? Ich war zehn. Gott, Scheiße! Er war so vorsichtig. Immer spät in der Nacht, die Limousinen haben nie vorm Haus geparkt, auf dem Grundstück schon, aber weit genug weg vom Haus. Und dann ab in die Krypta zum Ficken. Und ich hab immer da gehockt«, er deutet mit dem Kopf zur Seite, »hinter dem Wandbehang, da hab ich ein Loch in den Mörtel gekratzt, und dann hab ich da gehockt, auf der anderen Seite der Mauer. Mit zehn hatte ich mehr Fotzen, Ärsche und Schwänze gesehen als andere in ihrem ganzen Leben.«
    Â»Was für eine beschissene Entschuldigung.«
    Â»Entschuldigung?«, schreit Valerius.
    Gabriel nutzt den Wutausbruch und schiebt seine Füße um ein paar Zentimeter weiter nach vorne. Das geht zu langsam , hämmert es in seinem Schädel. Viel zu langsam!
    Â»Ich hab nicht gelitten«, faucht Valerius. »Ich wollte dabeisein! Mehr als alles andere. Wolltest du nicht auch dabei sein? Im Keller, bei deinem Vater? Was hättest du dafür gegeben? Hast du gefragt? Gebettelt? Ich hab’s. Und er? Sagt, ich lüge, und sperrt mich in mein Zimmer. Einsperren. Das konnte er immer besonders gut. Aber da war er noch nicht so sorgfältig, und ich konnte noch raus, ohne dass er es merkt …«
    Zentimeter für Zentimeter schiebt sich Gabriel weiter vor. Wo zur Hölle ist David?
    Â»Bis meine Mutter es rausbekommen hat. Es sind immer die Mütter, die es rausbekommen. Immer. Stell dir vor, deine Mutter hätte rausbekommen, dass ihr feiner Mann jeden Monat in seinem Keller verschwindet, sich eine Maske aufsetzt und mit ein paar anderen hohen Herrn junge Dinger durchfickt, während du zusiehst. Klingt wie ein schlechter Film, nicht? Ist es ja auch. Was denkst du, hätte deine Mutter getan?«
    Gabriel schnürt es die Kehle zu, und er kann nicht antworten.
    Valerius schnaubt verächtlich. »Natürlich! Was wird eine Mutter schon tun? Sie schreit rum, mit schriller Stimme: ›Du perverses Schwein‹ und: ›Der Junge ist erst vierzehn‹, als würde das eine Rolle spielen! Und dann wird sie ihn verlassen, sie wird ausziehen und dich mitnehmen. Und was glaubst du, wie wirst du dich dann fühlen? Sag’s mir, Gabriel. Wie fühlst du dich dann?«
    Â»Erleichtert«, sagt Gabriel leise.
    Â» Erleichtert? Du hast vier Jahre lang vor der offenen Tür gestanden, durchgeguckt, und dein Herz hat bis zum Hals geschlagen, du hast schon Koks genommen, aber das war ein Dreck dagegen. Nichts hat sich so angefühlt wie das! Dein Mund war trocken und deine Hose eine einzige Beule. Und du hast dir tausendmal vorgestellt, dass du da stehst, in der Krypta, und nicht dein beschissener Vater! Und du willst erleichtert sein?«
    Gabriel sagt nichts. Er starrt Valerius an, versucht, auf seine Augen zu achten, um sich unbemerkt weiter nach vorne zu arbeiten, immer weiter, Zentimeter um Zentimeter.
    Â»Weißt du, was mein Vater immer gesagt hat?«, flüstert Valerius. » Die Wahrheit ist, dass jeder Impuls, den wir versuchen zu unterdrücken, uns nur vergiftet. Das war sein Lieblingszitat. Oscar Wilde, ›Das Bildnis des Dorian Gray‹. Vergiftet, verstehst du? So hättest du dich gefühlt! Vergiftet.«
    Ein eisiger Schauer überkommt Gabriel.
    Die Wahrheit ist, dass jeder Impuls, den wir versuchen zu unterdrücken, uns nur vergiftet.
    Plötzlich überkommt ihn ein furchtbarer Verdacht. »Du wolltest gar nicht bei deiner Mutter bleiben, du wolltest zurück«, flüstert er. »Was hast du getan?«
    Valerius’ Augen leuchten wie Gasflammen. »Ich musste gar nicht viel tun. Ich hätte nie damit gerechnet, dass es so einfach ist. Ein Fingerschnippen, mehr nicht. Nur einfach die Bremse an ihrem Wagen manipulieren. Und peng! Sie war tot. Noch am selben Abend hab

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