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Schnittmuster

Titel: Schnittmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Slater Sean
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bekommen.«
    Â»Das heißt nichts«, wiegelte Striker ab. »Denken Sie mal an Seung-Hui Choi. Der Kerl war unschuldig wie ein Baby, was ihn jedoch nicht davon abhielt, an der Virginia Tech zweiunddreißig Menschen umzuballern. Wie heißt der Koch?«
    Ibarra, dem der Name partout nicht einfallen wollte, ließ sich von Striker die Bildnummer geben und blätterte die Seiten des Project-Pacific-Ordners durch.
    Während er wartete, scrollte Striker sich durch die übrigen Fotos, die in jener Banquet Hall gemacht worden waren. Auf Foto Nummer elf war der Koch erneut abgebildet. Er stand draußen auf dem Gehweg, mit freiem Oberkörper. Er war hellhäutig und nicht tätowiert, schlank und drahtig. Strikers Blick glitt von der Körperstatur zum Gesicht des Mannes. Da dämmerte es ihm.
    Es waren die Augen. Der kalte, leere Blick.
    Felicia hob den Kopf von der Akte. »Grundgütiger, dieser Tran Sang Soone hat einen Bruder!«, entfuhr es ihr aufgeregt.
    Bevor Striker reagieren konnte, tippte Ibarra auf einen Namen, der dem Foto zugeordnet war. Der Ermittler riss ihm das Blatt förmlich aus der Hand und las selbst.
    Â»Ruf die Einsatzleitung an«, wies er seine Kollegin an. »Und die Zeitungen. Und jeden Fernsehsender, der dir spontan einfällt.«
    Felicia stand auf. »Rotmaske?«, fragte sie.
    Striker nickte. »Der Typ heißt Shen Sun Soone.«
78
    Shen Sun Soone blieb wie angewurzelt stehen. Der würzig-süße Duft von chinesischen Schweinefleischbällchen erfüllte die Luft, doch ihm war der Appetit vergangen. Er konzentrierte sich voll auf den Mann mit dem Bambuskreuz.
    Der 14K-Mörder.
    Der Mann mit dem Bambuskreuz war Dai Huen Jai , früher ein hohes Tier – einer von den Soldaten der nationalen vietnamesischen Befreiungsfront, die die Seiten gewechselt und sich der Guerilla angeschlossen hatten. Diese Männer zeichneten sich dadurch aus, dass sie keine Skrupel kannten zu foltern. Und das auf bestialisch kreative Weise: Tod durch langsames Erhitzen; Tod durch Häuten; Tod durch Schlitzen und Ausweiden wie bei einem Tier – dieser Horror sollte ihren Feinden Angst machen.
    Und es funktionierte überaus erfolgreich.
    Â»Setzen«, sagte die Kellnerin zu Shen Sun. »Sie sich setzen. Sie Essen bestellt. Müssen viel essen.«
    Shen Sun stahl sich aus dem Restaurant, innerlich gespalten. Ein Teil von ihm sehnte sich nach Macau, wo Shan Chu lebte. Wenn er bloß dorthin fliegen und mit Shan Chu Tee trinken könnte, dann bestünde noch Hoffnung. Aber das war völlig illusorisch. Shan Chu war Dragon Head, er stand in der Hierarchie noch über Sheung Fa. Er tat alles in seiner Macht Stehende, um das Syndikat zu schützen. Und deshalb war der Auftrag, Shen Sun zu töten, einleuchtend. Die Triads wollten unerkannt bleiben und im Geheimen operieren, das hatte oberste Priorität. Folglich war Shen Suns Schicksal besiegelt, als sein Foto über sämtliche TV-Kanäle flimmerte.
    Die Medien hatten seinen Tod befohlen, genau wie Shan Chu.
    Von einem Windzug erfasst, knallte die Eingangstür des Jin Ho Café hinter ihm ins Schloss, das Glas in der Scheibe klirrte. Das riss ihn aus seiner Starre. Führte ihm die harte, ungeschminkte Wirklichkeit vor Augen. Er hatte keine Zukunft – vermutlich hatte er nie eine gehabt. Vielleicht war er an jenem Tag im Lager gestorben, und jetzt war er nichts weiter als ein Schattenwandler auf dieser Erde.
    Er stand an der Ecke East Hastings und Hawks und betrachtete den Himmel, der sich mit einem Mal zuzog. Noch vor Augenblicken war es sonnig gewesen, und jetzt war alles grau.
    Er griff unter sein Shirt, zog die Glock aus dem Hosenbund und drückte die Mündung des Laufs an seine Schläfe. Sein Finger lag schwer auf dem Abzug. Der Stahl war kalt, aber Shen Sun war ganz ruhig. Frieden. Er drückte spielerisch behutsam auf den Abzug.
    Und stockte.
    Irgendetwas fiel ihm ins Auge. Auf der anderen Straßenseite. Flüchtig wie ein sanfter Windhauch. Trotzdem war es da. Ganz ohne Zweifel.
    Und es war fantastisch .
    Auf der Nordseite der Hastings war nämlich der Sunshine Market. Der Laden mit der alten gelben Markise, an der lauter goldene Wimpel flatterten. Auf jedem stand ein Schriftzeichen – für Frieden, Kraft, Wohlstand, Weisheit. Der Wind bog sie alle nach Westen.
    Alle bis auf einen.
    Mittendrin hing ein einzelner roter Wimpel. Dreieckig. Mit dem Symbol für

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