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Schnittstellen

Schnittstellen

Titel: Schnittstellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Abens
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Aber ich muss mich damit abfinden, es gehört eben zum Erwachsenwerden dazu.
    Beim Sport ist das etwas anderes, da gehören blutige Unterhosen nicht hin. Und ich verzweifle, wenn ich trainieren muss und meine Tage habe, ich will sie nicht dabei haben. Ich muss auf dem Fahrrad sitzen und Kunststücke versuchen, während ich da unten blute und mir mein Trainer zuruft, was ich zu tun habe. Ich weiß nicht, woher das Gefühl kommt, aber seitdem ich blute, ist es schlimmer, nicht einfach schlimmer in einer Weise, in der es vorher schon schlimm war, sondern zusätzlich auf eine andere Weise schlimm, wodurch das Ganze eben schlimmer wird. Schlimm + Schlimm = Schlimmer, um es kurz auszudrücken. Ich fühle mich ekelhaft. Neben dem Gefühl, unter Druck gesetzt zu werden, Leistung zu erbringen, fühle ich mich auch noch ekelhaft.
    Anja
    Wir sitzen erwartungsvoll auf der Tribüne – Karl, Marvin und ich. Wir sitzen zwischen Ulla, der Mutter von Carina, und den Müttern von Sine und Tanita, den beiden Mädchen, die mit Meike und Carina den Vierer fahren. Nur wenige Vereine stellen in dieser Altersklasse einen Vierer im Kunstradfahren. Das heißt, Meike und ihre drei Mitfahrerinnen erreichen in jedem Fall eine Platzierung. Das ärgert Meike, sie will einen Preis nur, wenn sie ihn verdient hat, und nicht, weil nur so wenige Teilnehmer da sind. Der Trainer und die anderen Kinder sind stolz, dass sie in so kurzer Zeit ein Programm zusammenstellen und einüben konnten. Aber Meike unkt weiter herum. »Das wird eine Riesenblamage!«, prophezeit sie noch einmal, bevor sie mit ihren Kameradinnen hinunter in die Halle muss. Die Startnummer des Teams steht bereits auf der Anzeigetafel, als die vier Mädchen ihre Räder holen und sich auf dem Startfeld in Position bringen. Gleich wird die Musik anfangen, und bei der ersten Bewegung der Kinder setzen die Zeitnehmer die Uhren in Gang. Start! Die ersten Runden laufen wunderbar. Keine Fehler bei den Einzelübungen und ziemliche Harmonie beim Kreisen und Parallelfahren. Aber dann! Wie schade! Sine setzt einen Fuß auf den Boden, und dieser Augenblick zieht eine Kettenreaktion nach sich wie beim Domino Day . Die Gruppe kommt völlig durcheinander, eine nach der anderen strauchelt und eiert herum. Erst kurz bevor die Zeit ganz abgelaufen ist, finden die vier wieder zusammen und können ihre Kür ordnungsgemäß abschließen. Ich sehe Meike an, wie zornig sie ist. Mit steifen Schritten verlässt sie das Feld, stellt ihr Rad ab und verschwindet aus der Halle. Nachdem sie gar nicht mehr auftaucht, beuge ich mich über die Brüstung und winke Carina heran.
    »Wo ist denn Meike?«, frage ich.
    »Auf der Toilette. Wir waren schon da und haben an der Tür geklopft, aber sie kommt nicht raus.« Carina zuckt hilflos die Achseln.
    Ich reibe mir die Stirn, etwas Ähnliches habe ich befürchtet. Ich sage Karl Bescheid und will zu Meike, aber Karl hält mich zurück. »Lass mal, ich mach das schon. Ihr geratet doch nur wieder in Streit.« Ich muss ihm recht geben. In letzter Zeit reagiert Meike oft empfindlich, selbst wenn ich ihr nur gut zureden möchte. Also setze ich mich und warte, was Karl ausrichten wird.
    Meike
    Ich wusste doch, dass alles schiefgeht! Ich könnte schreien. Ich wusste, dass Sine das nicht rafft. Warum hört keiner auf mich? Ich möchte nicht gemein zu Sine sein, aber ein guter Trainer muss doch sehen, dass das alles nicht funktioniert. Ich fühle mich schlecht, schlecht, schlecht! Und einfach aus der Halle rennen. Wie peinlich ist das denn? Jetzt sagen, dass ich meine Tage habe, hört sich an wie eine blöde Ausrede. Eine blöde, hinterhergeschobene Entschuldigung für mein Benehmen.
    Ich hocke auf der Toilette und weiß, dass die Binde in meiner Unterhose mit Blut getränkt ist. Ich fühle mich zum Kotzen. Auf einmal höre ich dumpf die Stimme meines Vaters. Er will mit mir sprechen, fragt, was los sei. »Ich höre auf Kunstrad zu fahren«, sage ich. Aber er versteht mich nicht. »Ich höre auf Kunstrad zu fahren!«, sage ich noch einmal lauter. Das hat er verstanden. Er bittet mich endlich herauszukommen, damit wir besser reden können. Widerwillig schließe ich die Toilettentür auf. Mein Vater lehnt im Rahmen der Tür, die nach draußen führt und sieht ganz traurig aus. »Wieso willst du denn so plötzlich nicht mehr fahren? Du warst doch immer so gut … Heute hattet ihr Pech.« Ich kann ihm nicht sagen, warum ich es nicht mehr will, und ich will es auch nicht sagen. »Du bist

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