Schnitzelfarce
sehr attraktiven Ausschnitt. Entwarnung, dieser Blick war
eindeutig hetero.
Wieso kassiert jemand Lösegeld, lässt den Entführten dann nicht
frei und will nochmals kassieren? Klar, er will mehr Geld. Aber so einfach ist
es nicht. Man muss die Frage anders formulieren: Warum verlangt der Erpresser
nicht gleich beim ersten Mal die gesamte gewünschte Summe. In Verbindung mit
dem zweiten Schreiben drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass noch eine
zweite Person oder Gruppe mitschneiden will. Ist alles schon da gewesen.
Trittbrettfahrer hat es immer schon gegeben. Aber wo nimmt ein Trittbrettfahrer
bloß den Ringfinger des Entführten her? Noch dazu mit einem Siegelring, der
zweifelsfrei als Eigentum des Opfers erkannt wurde ? Das hat es wahrscheinlich
noch nicht oft gegeben. Ich muss so rasch wie möglich in die Datenbank.
Schau einmal, da ist Wilma mit Tina. Das ist aber lieb von den
beiden. Drücken mir die Daumen. Wer ist denn der Mann neben der Frau, die ich
seit 24 Jahren nicht geheiratet habe? Irgendwie kommt mir die Rückenansicht
bekannt vor. Ja, komm schon, dreh dich endlich um. Ich befürchte das
Schlimmste. Tatsächlich, es ist dieser unmögliche Dullinger. Dieser Schleimer,
der Wilma seit einem Jahr den Hof macht. Mehr oder weniger, in letzter Zeit
eher mehr. Nicht nur am Arbeitsplatz, in der Schule, sondern jetzt auch immer
öfters außerhalb.
Das ist eine derartige Frechheit von Wilma, hier mit diesem
unmöglichen Kerl anzutanzen. Ich weiß wirklich nicht, was ich ihr angetan habe,
dass sie mich jetzt derartig quält. Ob ihr das überhaupt bewusst ist?
Na, da haben wir den Salat auch schon, jetzt wäre mir fast mein
Siegerschnitzel à la Palinski angebrannt. Danke Wilma, herzlichen Dank.
* * * * *
Die unter dem Vorsitz von Ing. Robert
Ansbichler, dem amtierenden Stadtrat für Tourismus und Freizeit stehende
fünfköpfige Prominentenjury machte sich ihre Aufgabe nicht leicht.
Romy Kragen, die Lebensgefährtin Dr. Ladaks tänzelte um den
großen Tisch mit den acht Tellern herum. Etwas, das sie als ehemalige
Primaballerina der Wiener Staatsoper noch immer gut konnte.
»Hmm, das riecht aber herrlich, da muss ich unbedingt das Rezept
dafür bekommen. Das wird meinem Werner gut schmecken .« Rückschlüsse aus dieser positiven, wenn auch wenig fachsubstanziellen Bemerkung
auf die tatsächliche Beurteilung ließen sich aber nur schwer ziehen, da Frau
Kragen alle acht Schnitzel mit dem gleichen Kommentar bedachte.
Baumeister Katz, der stadtbekannte Society-Tiger betrachtete die
einzelnen Zubereitungen wie eine offensichtliche Zumutung, sniffte daran wie
ein Süchtiger am Leim und quälte sich schließlich je einen Bissen hinunter.
»Das macht mein Schatzi viel besser«, lautete sein uniformer Kommentar, der
auch keine echten Schlüsse auf seine Benotung zuließ.
Lediglich die beiden Profis, der bekannte Gastronomiekritiker
Phillip Büttner und der Zwei-Haubenkoch Fritz Nowitzki vom ›Le Dineé‹ walteten
kundig und vor allem wortlos ihres Amtes.
Automatisch blicke Palinski auf seine Uhr.
Es war zehn Minuten vor fünf Uhr. Bald war es also an der Zeit..., Wilmas Auto
aus der Tiefgarage zu holen, ging es ihm siedendheiß durch den Kopf. Sie wollte
morgen eine Freundin in Greifenstein besuchen und würde ihn köpfen, falls das
Auto nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen sollte. Er musste innerhalb der
nächsten Stunde unbedingt in die Tiefgarage.
Hektor Wiener näherte sich mit zwei Glas Champagner und reichte
Palinski eines davon. »Hier«, flüsterte er, »Sie haben es verdient. So viel ich
bisher erfahren konnte, werden Sie auf einem der ersten drei Plätze landen. Ich
gratuliere .«
Geschmeichelt nahm Palinski das Glas und prostete dem Hausherrn
zu. Während er den nach dem Konsum kohlesäurehältiger Getränke kaum zu
vermeidenden Rülpser zumindest so lange zu unterdrücken versuchte, bis sich
Wiener wieder entfernt haben würde, sah er Harry auf der Straße vor dem Lokal.
»Brrr ääää ää« entfuhr es ihm wider Willen, als er sich Richtung
Eingang in Bewegung setzen wollte. »Entschuldigen Sie, die Kohlensäure«, meinte
er zu dem überraschten Wiener, »ich bin gleich wieder da .«
»Aber deswegen müssen Sie doch nicht hinaus gehen«, wollte der
Hausherr beruhigen, »so was passiert mir auch immer wieder .« Doch Palinski war schon unterwegs. Vielleicht konnte er seinen Sohn dazu
bewegen, das Auto aus der Garage zu holen.
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