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Schnitzelfarce

Schnitzelfarce

Titel: Schnitzelfarce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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gewesen, als Palinski
ins Bett gekommen war. Den beiden Nachzüglern war deutlich anzusehen, dass sie
möglicherweise schon früher im Bett gelandet waren, aber erst viel später
erholsamen Schlaf gefunden hatten.
    Wallner ergriff jetzt das Wort. Zunächst
stellte er sich und seine Kollegen vor, wobei er Palinski als ›Freiberuflichen
Experten‹ vorstellte, der der Polizei schon häufig sehr hilfreich gewesen sei.
Dann ersuchte er die Mitarbeiter des Unternehmens, sich mit Namen, Funktion und
gegebenenfalls auch Naheverhältnis zu dem entführten Firmenchef vorzustellen.
Helmut nahm das in Angriff wie ein Seminar am Wirtschaftsförderungsinstitut,
fand Palinski. Jetzt noch ein bisschen Pseudosmalltalk und der Herr Inspektor
würde sich zur Besprechung im Ministerium verabschieden. Und ihnen die Arbeit
zurücklassen.
    Die Präliminarien waren dann aber doch rascher erledigt als
befürchtet. Bereits zehn Minuten später saß Palinski Frau Erna Wismuth
gegenüber. Sie war Leiterin des Chefsekretariats. Seit mehr als zwanzig Jahren
im Hause und vermittelte ihm wortreich ihre Sicht der Ereignisse am Tag der
Entführung.
    »Das war der Freitag vor zwei Wochen. Der Herr Kommerzialrat hat
mir noch den Auftrag gegeben, darauf zu achten, dass sein Nachmittagstermin um
15 Uhr nur koffeinfreien Kaffee trinkt. Der Dr. Winkelreither, das ist sein
Anwalt, hat nämlich schon seit Jahren einen zu hohen Blutdruck. Kein Wunder«,
sie senkte die Stimme und flüsterte ihm fast zu, »der Mann schleppt ja
mindestens zwanzig Kilo Übergewicht mit sich herum. Ich habe ihn schon zu einer
Diät überreden wollen, aber wissen Sie, was er darauf gesagt hat ?«
    Sie blickte ihn so an, dass sich Palinski unwillkürlich fragte,
ob die gute Frau jetzt tatsächlich eine Antwort von ihm erwartete. Gottergeben
nickte er verneinend mit dem Kopf.
    »Die eine Hälfte der Menschheit hat einen Bauch und«, still
lachte sie in sich hinein. »Die andere Hälfte stirbt auch. Na, dem habe ich
aber meine Meinung gesagt. Wo er doch genau im gefährlichen Alter ist. Bei uns
im Haus, ich meine, zu Hause, also privat ist erst vorigen Monat ein
52-Jähriger am Herzinfarkt gestorben. Er ist beim Betreten des Lifts einfach
umgefallen und hat die Anlage mehr als eine Stunde lang blockiert .«
    Langsam wurde es Palinski, der an sich ein guter Zuhörer war, zu
bunt. Er hasste es zwar, Menschen in ihrem natürlichen Mitteilungsdrang zu
unterbrechen, hier blieb ihm aber wahrscheinlich nichts anders übrig.
    »Ich bin sicher, Sie hatten den koffeinfreien Kaffee ohnehin
schon vorgesehen«, warf er diplomatisch ein und die ältere Frau strahlte
zustimmend über das ganze Gesicht. »Wohin wollte der Herr Kommerzialrat danach
gehen ?« , brachte Palinski das Gespräch wieder auf das
Wesentliche zurück.
    »Er musste noch kurz in das Kartenbüro Ecke Weihburggasse, um
die Billetts für die Stadthalle abzuholen. Dann wollte er in seine geliebte
›Tabakspfeife‹ gehen. Auf ein ›Herrengulasch‹ und einen Pfiff Bier, wie
meistens.«
    Palinski notierte »Kartenbüro Ecke Weihburggasse« unter die zuvor
gemachte Notiz »Rechtsanwalt Dr. Winkelreither«.
    »Das war das letzte Mal, dass ich den Herrn Kommerzialrat
gesehen habe .« Jetzt hatte die treue Seele Tränen in
den Augen. Das weitere Gespräch ergab, dass der Herr Kommerzialrat eigentlich
keine Feinde habe und mit seinem Schwiegersohn ständig wegen der
Unternehmenspolitik im Streit lag. Besonders interessant war aber die
Information, dass die japanische ›Mikatawashi Corporation‹ einen Vertrag mit
der Firma abgeschlossen habe, der den Asiaten einen gewissen Einfluss auf die
Unternehmensleitung einräumte.
    »Und das nur eine Woche, nachdem der Herr Kommerzialrat
verschwunden ist«, Erna Wismuth schüttelte missbilligend den Kopf. »Dabei ist
der Chef absolut gegen diese Zusammenarbeit gewesen, zumindest noch bis vor
kurzem .«
    Palinski notierte »Generationsprobleme in der Geschäftsleitung ?« »Und wie sieht es mit unzufriedenen Mitarbeitern aus?
Ehemalige Arbeiter oder Angestellte, die gekündigt wurden und sich ungerecht
behandelt fühlen«, wollte er jetzt wissen.
    Frau Wismuth zuckte mit den Achseln. »Sicher gab und gibt es den
einen oder anderen, der auf die Geschäftsleitung geschimpft oder sich ungerecht
behandelt gefühlt hat. Immerhin hat sich der Mitarbeiterstand in den letzten
zehn Jahren von 6 500 auf 4 400 reduziert. Aber der Herr Kommerzialrat war

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