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Schnitzelfarce

Schnitzelfarce

Titel: Schnitzelfarce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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immer der Letzte, der diesen Maßnahmen zugestimmt hat. Er hat nicht verstehen
können, wie man gleichzeitig den Umsatz verdoppeln, den Gewinn verdreifachen
und die Belegschaft halbieren kann. Er hat das irgendwie fast als obszön
empfunden .«
    Ja, ja, antiquierter Stil, aber ganz ohne Zweifel Stil, den
hatte der alte Herr, dachte Palinski. Ein Fossil aus einer Zeit, in der die
Verantwortung für die Mitarbeiter noch einen hohen Stellenwert hatte. Eine
Zeit, die schon lange vorüber war.
    »Er hat seine Mitarbeiter als eine große
Familie gesehen und jede Kündigung hat ihn persönlich betroffen gemacht. Dazu
ist noch gekommen, dass er als Vorstandsvorsitzender auch die Personalagenden
überhatte. Seit vor sechs Jahren reorganisationsbedingt fast regelmäßig jedes
Jahr eine größere Anzahl an Kündigungen anstand, hat er sich geweigert, die
blauen Briefe selbst zu unterschreiben. Das mussten wir im Sekretariat mit
einem Faksimilestempel machen. Ihn hätte das zu sehr mitgenommen .«
    »Und hat es einmal Ärger mit einem gekündigten Mitarbeiter
gegeben? Irgendwelche Drohungen oder etwas Ähnliches?«
    Erna Wismuth überlegte, dann schüttelte sie den Kopf. »Also mir
ist nichts bekannt. Außer vielleicht der Willmann vor drei Jahren.« Die
Erinnerung an den Mann schien sie zu amüsieren. »Der war schon eine Type, der
Willmann .«
    »Was hat der denn gemacht, der Willmann ?« ,
bohrte Palinski nach.
    »Nun ja«, sie musste wieder lachen. »Nachdem er seine Kündigung
erhalten hat, ist er in die Kantine gegangen und hat eine Flasche Cognac
gestohlen. Außer Bier gibt es ja bei uns keinen Alkohol zu trinken. Aber für
Gäste ist natürlich alles da. Also Willmann schnappt sich die Flasche Cognac,
klettert aufs Dach der Garage und betrinkt sich. Inzwischen füllt sich der ganze
Hof mit Schaulustigen und die Feuerwehr rückt an, um ihn vom Dach zu holen.
Inzwischen hat der Betriebsratsobmann versucht, ihn mit schönen Worten zum
Runterkommen zu bewegen. Aber umsonst. Als die Feuerwehr die Leiter ausfahren
will, stellt sich der Willmann an den Rand des Daches und brüllt ›Bleibt’s, wos
sei’s, Kollegen oda i spring‹. Jetzt ist auch der Chef in den Hof gekommen und
hat auf den Willmann eingeredet wie auf ein krankes Pferd. Wieder nichts,
obwohl ich den Eindruck gehabt habe, dass ihm die Worte vom Herrn Kommerzialrat
schon unter die Haut gegangen sind. Dann hat sich aber der Dr. Suber, der
Schwiegersohn ...«, Palinski gab zu erkennen, dass er wusste, wer Dr. Suber
war. »Also der Dr. Suber«, fuhr sie fort, »baut sich vor der Garage auf und
fängt an, den Willmann anzubrüllen. Ob er überhaupt wisse, wie viel diese
Arbeitsunterbrechung koste. Betriebswirtschaftlich und auch für die
Volkswirtschaft und ähnlichen Quatsch. Und dass er höchstpersönlich dafür Sorge
tragen wird, dass man diesem asozialen Element den Schaden von der noch
ausstehenden Zahlung abziehen wird. Daraufhin hat sich der Willmann wieder ganz
an den Rand gestellt und zurück gebrüllt. ›Sie, Herr Kommerzialrat san a feina
Mensch und i hob Ochtung voa Ihna. Sie, Herr Dokta Suba san oba ein A ...‹ .«
    Frau Wismuth hatte den Dialekt Willmanns mustergültig imitiert,
brachte es aber nicht über sich, das hässliche A-Wort in den Mund zu nehmen.
Dafür deutete sie unmissverständlich auf ihr verlängertes Rückgrad.
    »Sie verstehen, A ...« Jetzt lachte sie richtig auf. »Dann hat
er noch gesagt:›wissens wos Sie mi kennan, Herr Dokta Suba, Sie kennan mi am Oa
...‹. «
    Jetzt wäre es fast passiert und Erna Wismuth hätte diesen
Ausdruck erstmals in ihrem Leben doch verwendet. Näher als in dieser Situation
sollte sie niemals wieder in ihrem Leben daran herankommen. Palinski wäre stolz
gewesen, hätte er gewusst, wie weit diese Frau fast für ihn gegangen wäre.
    »Also er hat ihm das Götzzitat zugerufen, sich dabei umgedreht
und die Hose heruntergelassen .« Ihrem plusternden
Lachen folgte abrupt ein Schluchzen als hörbares Zeichen ihrer Rückkehr von der
kleinen Zeitreise in die bittere Gegenwart.
    Obwohl das alles eigentlich recht amüsant war, hatte Palinski
langsam genug von dieser Anekdotensammlung auf Beinen. Obwohl er einiges
erfahren zu haben glaubte. Nein, er war sich sogar ziemlich sicher.
    »Was macht dieser Willmann jetzt ?« ,
immerhin soll Rache kalt genossen ja besonders gut munden.
    »Das Letzte, was ich gehört habe, war, dass er operiert werden
musste«, Frau

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