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Schnitzelfarce

Schnitzelfarce

Titel: Schnitzelfarce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Bevölkerung Gelegenheit zu geben, würdig um seine
geliebte Carola mitzutrauern.
    Es war so richtig ein ›Leichenschmaus zum
Anfassen‹. Hoffentlich würden sich die Wähler und Wählerinnen in drei Wochen
noch daran erinnern, wem sie das zu verdanken hatten. Wien war wirklich wieder
einmal anders an diesem Freitagnachmittag. Bis 18 Uhr hatten sich auch die
Letzten der rund sechshundert Gäste in dem traditionsreichen Hotel versammelt.
Da in den beiden Festsälen mit Bankettbestuhlung bis zu 800 Personen
untergebracht werden konnten, bedeutete das platzmäßig keinerlei Probleme.
    Die Security-Agentur, von der die beiden
Bodyguards kamen, die den Stadtrat zusätzlich zu zwei Polizisten überallhin
begleiteten, hatte für die heutige Veranstaltung weitere 30 Profis
bereitgestellt. Diese waren für die an den Eingängen stattfindenden strengen
Sicherheitskontrollen verantwortlich. Um nichts dem Zufall zu überlassen, hatte
man sogar den Fahrer des Stadtrats, einen früheren Unteroffizier des
Bundesheers mit einer Faustfeuerwaffe ausgestattet.
    Ja, der persönliche Referent Ansbichlers hatte sogar angeregt,
den Luftraum über dem Hotel sperren oder zumindest eines dieser
Saab-Schulflugzeuge in Permanenz kreisen zu lassen. Diese Maßnahme war dem
Stadtrat denn doch zu weitgegangen. Bei den Stundensätzen, die das Bundesheer
verrechnen wollte.
    Da sich darüber hinaus auch noch mindestens 20 Sicherheitsbeamte
der Polizei in Zivil unter den Besuchern befanden, konnte nach menschlichem
Ermessen wirklich nichts Unvorhergesehenes geschehen, ohne dass man es bemerkt
hätte. Wie wahr.
    ›Keine Chance für Terroristen‹ verkündete daher auch die erste
Abendausgabe der ›BIB - Bin Im Bilde‹ auf ihrer Titelseite.
    Im großen gemeinsamen Foyer vor den beiden Festsälen wurden
Erfrischungen und Aperitifs gereicht. Die ›Purkersdorfer Goldkehlchen‹ sangen gerade
das ›Ave Maria‹ von Schubert. Übrigens, der Chor war gar nicht schlecht und
wesentlich billiger als die Sängerknaben. Durchaus empfehlenswert.
    Das Schöne an einem solchen Leichenschmaus war, dass das Leben
für seine Teilnehmer weiterging. Wie lange noch, wusste zwar keiner. Aber
diesmal war der Kelch noch einmal an jedem der Anwesenden, vor allem aber an
einem selbst vorbeigegangen. Wenn das kein Grund war zu feiern. Eigentlich gab
es nichts Lebensbejahenderes als einen Leichenschmaus.
    Dem entsprechend hatte die Stimmung bereits
einen ersten Höhepunkt erreicht, ehe der Event noch so richtig losgegangen war.
Auch die ›Goldkehlchen‹ hatten sich der Entwicklung angepasst und trällerten
jetzt ein Medley aus ›A sound of music‹. Auf ein Zeichen hin begannen die
Securities, die Gäste höflich, aber bestimmt auf ihre Plätze in dem großen Saal
zu scheuchen, der durch Öffnung der Trennwände entstanden war. An der Stirnwand
des Saales war eine Art Bühne, auf der sich eine Tafel nach Art der
›Jedermann’schen Tischgesellschaft‹ befand. Hier würden, entsprechend erhöht
gegenüber dem noblen Fußvolk die 24 Wichtigsten unter den Wichtigen sitzen. Und
natürlich auch der trauernde Hausherr.
    Ein Streichquartett der Musikhochschule
hatte seine Notenpulte direkt unter dem rechten Ende der ›Bühne‹ aufgebaut. Die
vier jungen Leute brachten sich gerade mit einem Satz aus Vivaldis ›Vier
Jahreszeiten‹ erstmals durchaus gekonnt ins Bewusstsein des kunstsinnigen Teils
der Gäste. Warum sie zu Herbstbeginn ausgerechnet das ›Frühjahr‹ gewählt
hatten, hatte einen einzigen Grund. Die anderen drei Sätze beherrschten sie
noch nicht.
    Im linken Drittel der Bühne war neben dem Rednerpult auch eine
mannshohe Metalltafel aufgebaut. Eine Art übergroßer, von einem Meer von Blumen
umrandeter Flip-Chart-Ständer mit einem Bild Carola Schmuck-Ansbichlers mit
Trauerflor. Davor würde später der Chor Platz nehmen.
    Links und rechts der Bühne hatten die zahlreichen
Medienvertreter ihre Plätze und zwei TV-Teams ihre Kameras aufgebaut. Langsam
füllte sich der Saal und ein Geschwader Servicemitarbeiter begann mit der
systematischen weiteren Abfüllung der Gäste.
    Währenddessen fingen Küchenmitarbeiter aus den fünf
Schmuck-Hotels an, im Foyer ein gewaltiges Buffet aufzubauen. Sollte das Motto,
unter dem das unwahrscheinliche Angebot stand, nämlich ›Carolas liebste Speis’‹
tatsächlich stimmen, dann musste die Verblichene einen wahren Saumagen gehabt
haben.
    Alles lief bestens, fand

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