Schnitzelfarce
Ansbichler, der
schon einiges Lob für die ausgezeichnete Organisation gehört hatte. Schade,
dass seine Frau das nicht mehr hören konnte. Egal, in fünf Minuten sollte der
offizielle Teil beginnen. Soweit es ihn betraf, würde er das auch. Denn die
elendslange Rednerliste würde eine Buffeteröffnung vor 20 Uhr kaum zulassen. In
Zeiten wie diesen wollte halt jeder eine Gelegenheit wie diese nützen, um sich
ins rechte Licht zu setzen. Dafür hatte Ansbichler durchaus Verständnis. Er
befürchtete lediglich, dass seine große Rede zum Abschluss durch das Knurren
seines Magens beeinträchtigt werden könnte. Wie es ihm vor einigen Monaten
schon einmal passiert war. Bei der Eröffnung des ›World Tourism
Consultants‹-Kongresses im ›Austria Center‹. Das war ganz schön peinlich
gewesen. Ach was, notfalls würde er sich vorher eine Wurstsemmel bringen
lassen.
* * * * *
Die harsche
Zurückweisung seiner Fast-Food-Kreation durch die Jury des
Schnitzelwettbewerbes hatte Palinski mehr zu schaffen gemacht, als er gedacht
hätte. Wiener hatte ihm doch schon so quasi signalisiert gehabt, dass er mit
seinem Schnitzel unter den ersten drei gelandet war. Was war denn da bloß noch
schief gegangen?
Angeblich war die Füllung zwar von allen als »sehr originell«,
»sehr geschmackvoll« und »sehr gut gewürzt« gelobt worden. Aber eben zu gut
gewürzt.
»Ich freue mich aber, Ihnen mitteilen zu können, dass wir Ihr
erfolgreiches Rezept bei entsprechenden thematischen Schwerpunkten, ich denke
da vor allem an Mexikanische Wochen natürlich ins Angebot aufnehmen werden .«
Na bitte, besser als gar nichts. Vielleicht
würde ihm zumindest nationaler Ruhm winken, hatte Palinski gehofft.
»Wir bitten aber um Verständnis, dass wir Ihre Kreation wegen
des Themenbezuges ›al diablo‹ bezeichnen werden müssen .« So ein Mist, damit war auch diese Hoffnung flöten gegangen.
Als Harry kurz vor 19 Uhr erschienen war, um mit Palinski zu
seiner Mutter ins Spital zu fahren, hatte ihn sein Vater lang und breit mit
seinem Ärger genervt.
»Papa, das kann doch nicht dein Ernst sein«, hatte sich Harry
nach fünf Minuten Geraunze mokiert. »Es ist doch völlig unwichtig, ob das blöde
Schnitzel gewonnen hat oder nicht. Mir schmeckt es und der Mama auch. Das ist
doch das Wichtigste .«
Der Bub hat ja eigentlich Recht, hatte sich Palinski gedacht und
beschlossen, sich ab sofort einem viel erfreulicheren Thema zuzuwenden.
»Was würdest du sagen, wenn ich deiner Mutter einen
Heiratsantrag machte? Heute noch .«
Jetzt war es an Harry gewesen, sprachlos zu sein. »Aber warum ?« , hatte er nach Überwindung dieser Sprachlosigkeit wissen
wollen. »Es geht euch doch gut so, wie es ist. Oder nicht?«
Palinski ignorierte die letzte Frage. »Weil ich es will und
deine Mutter auch. Glaube oder hoffe ich zumindest. Weil im Leben jeden Mannes
einmal der Moment kommt, in dem er sich entscheiden muss .«
Harry hatte ihn mitleidig angeblickt. »Mit diesen pseudo-philosophischen
Weisheiten kannst du vielleicht deinen Freunden bei der Polizei imponieren.
Aber doch nicht uns.«
Palinski hatte genau hingehört. Der Bub hatte nicht ›mir‹
gesagt, sondern ›uns‹. »Was meinst du mit uns ?« , hatte
er nachgefragt.
»Na ja, die ganze Familie. Wenn du dabei bist, sagt ja keiner
was. Weil wir dich lieb haben und nicht verlet-zten wollen .«
Palinski war richtig gerührt gewesen. So ein lieber Bub, der
Harry.
»Aber wenn du nicht da bist, haben wir
immer viel zu lachen. Deine Sager sind ja manchmal wirklich urkomisch .« Kinder konnten manchmal richtig grausam sein.
Dann hatten sie sich auf den Weg gemacht. In Palinskis Tasche
befand sich eine kleine Schachtel mit dem Namen eines sauteuren Juweliers
darauf. Den darin befindlichen Ring hatte er bereits im Mai besorgt. Widrige
Umstände namens Mortensen hatten den Antrag, den er damals vorgehabt hatte,
aber verhindert. Gut, dass das Zeug nicht verdarb.
Jetzt amüsierte sich Harry über die gebetsmühlenartig
wiederholten Versuche seines Vaters, den Heiratsantrag zu formulieren.
Sie hatten die Eingangshalle des Lorenz-Böhler-Krankenhauses
erreicht und Palinski murmelte nach wie vor, vor sich hin. »Wilma, ich liebe
dich und habe dich immer geliebt. Ich denke, nach so langer Zeit wird es Zeit
...« Zweimal Zeit hintereinander war nicht gut, fand er. »Ich denke, nach 24
Jahren wird es jetzt an der Zeit, dass wir heiraten. Willst du
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