Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Ruthie und Guy.
»Noch was – Alice hat zwei Bestellungen und eine Anfrage von einem der Hofläden angenommen, die deinen Spezialkuchen geliefert haben wollen … was war das noch mal?«
»Uphill Apfelweinkuchen«, kläre ich ihn auf. »David, könntest du bitte den Kessel aufsetzen und etwas Tee kochen? Ich müsste noch mal kurz für eine halbe Stunde oder so weg. Ich habe da noch was zu erledigen.«
»Gehst du weit?«
»Nein, nur nach nebenan«, antworte ich. »Ich möchte Guy persönlich danken.«
»Soll ich mitkommen? Immerhin bin ich ihm genauso zu Dank verpflichtet.«
»Das ist schon in Ordnung. Mir wäre lieber, du würdest hierbleiben und auf die Kinder aufpassen – und lass Adam nicht aus den Augen. Und mach ihm das Leben nicht so schwer«, sage ich beschützerisch. »Versprochen?«
»Versprochen«, antwortet David. Er scheint weicher geworden zu sein. Vielleicht durch das Baby.
»Bist du und Guy …«
Ich schüttle den Kopf.
»Aber du wärst gerne«, beharrt David.
»Wäre gerne gewesen.« Ich habe das Gefühl, mein Herz zerreißt
»Aber?«, fragt David.
»Es wird nicht passieren.« Ich gebe den wahren Grund nicht preis. »Ich muss mich auf die Kinder und das Geschäft konzentrieren. Das hat mir Adams Unfall vor Augen geführt.«
»Ich möchte, dass du wieder glücklich wirst und dich zu Hause fühlst.«
»Ich bin glücklich«, sage ich bestimmt.
»Und ich möchte, dass du weißt, auch wenn ich wieder Vater werde, dass ich immer für unsere Kinder da sein werde, Jennie …« Einen Moment lang habe ich das Gefühl, er würde gleich nach meinem Arm greifen, doch dann überlegt er es sich anders.
Als ich dabei bin, mir meinen Mantel anzuziehen, fragt mich Georgia, wo ich hingehe. Als ich ihr antworte, zu Guy, sagt sie, ich bräuchte mich nicht zu bemühen, er sei nicht da, sie habe ihn mit seinem Wagen wegfahren sehen.
Ungefähr eine Stunde später schaut Guy bei uns vorbei, um sich nach Adam zu erkundigen. Obwohl ich mich bei ihm bedanke für das, was er getan hat, antwortet er, das sei selbstverständlich gewesen, und er hätte es für jeden anderen auch getan. Ich möchte ihm noch so viel mehr sagen, doch ich bin nicht allein und gerade dabei, das Abendessen zu machen und wegen der Bestellungen zurückzurufen, da ich diese nicht verlieren will, und dann ist der Moment vorbei.
David und Alice fahren am nächsten Tag nach Hause. Adam hat zirka eine Woche schulfrei, um sich zu erholen, und so schlage ich eines Morgens vor, dass wir gemeinsam ein bisschen frische Luft schnappen gehen. Wir gehen am Ufer des Flusses entlang und folgen dessen Lauf durch das Taly Tal bis an die Stelle, wo er kehrt macht und einen toten Flussarm bildet. Es ist ein klarer Wintertag, und die schwache, wässrige Sonne steht tief an einem fast farblosen Himmel. Lucky rennt am Ufer auf und ab und schnüffelt entweder herum oder hebt das Bein.
»Es gab mal eine Zeit, da dachte ich, das wäre ein widerliche Angewohnheit«, sage ich in heiterem Tonfall, »doch inzwischen verzeihe ich diesem Hund alles.«
Adam bleibt stehen, dreht sich halb um und sieht mir fest in die Augen.
»Lucky hat mir das Leben gerettet.«
»So wie Guy«, füge ich leise hinzu. »Er ist schwerer als du – er hat ziemlich viel riskiert.«
Bestürzt sehe ich, dass sich Adams Augen mit Tränen füllen.
»Es tut mir leid, Mum. Ich w-w-wollte niemandem wehtun.«
Ich strecke meine Hand aus und berühre ihn an der Schulter. Ich würde ihn zu gerne in die Arme nehmen, doch überlasse ich ihm die Entscheidung. Er kommt mit gesenktem Kopf auf mich zu, bis seine Stirn meine Brust berührt. »Adam …«, murmle ich, während ich meine Arme um ihn lege. Er richtet sich wieder auf und einen herzzerreißenden Moment lang habe ich das Gefühl, ihn wieder zu verlieren, nur dass, wenn ich ihn dieses Mal gehen lassen würde, es für immer sei.
»Ich weiß nicht, warum ich das getan habe.« Seine Stimme ist rau. »Ich fand die Flasche mit dem Brandy in der Speisekammer, und in dem Moment schien mir die Idee, einen Schluck davon zu trinken, gar nicht so schlecht. Dann verschüttete ich das Soßenpulver und musste alles wieder saubermachen. Du warst mit Georgia und Sophie weg, und ich dachte, ihr kämt so gegen drei wieder, aber dann tauchte niemand auf …«
»Wir waren spät dran, ich weiß.« Ich halte meine Arme ganz ruhig, kein Druck. »Wir mussten Bracken noch das Zaumzeug und den Sattel abnehmen, ihr die Stiefel anziehen und die Bandagen wieder
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