Schnupperküsse: Roman (German Edition)
feindselig du mir gegenüberstandest, als wir uns das erste Mal sahen.«
»Vielleicht war das so.«
»Da gibt es kein vielleicht! Du warst sauer auf mich, weil ich Uphill House gekauft hatte.«
»Du meinst wohl, Jennie’s Folly«, korrigiert mich Guy. »Jennie, ich kann so ungezwungen mit dir reden, und ich habe dir sogar von meiner Ehe erzählt … von Dingen, die ich noch nie jemandem zuvor erzählt habe.«
»Guy –«
»Bitte lass mich ausreden.« Er hält eine Hand hoch. »Ich habe mir versprochen, mir das von der Seele zu reden. Jennie, du bist das Beste, was mir je passiert ist. Ich liebe dich, und ich bin verrückt nach dir.« Seine Stimme überschlägt sich, und mein Widerstand bröckelt. »Ich würde bis ans Ende der Welt für dich gehen.«
»Ich liebe dich auch.«
»Was hält dich dann ab?«
»Du kannst nicht von mir erwarten, mich zwischen dir und dem Glück meines Sohns zu entscheiden«, sage ich kläglich.
»Aber du musst dich nicht entscheiden.« Guy stürmt nach vorne, kniet sich vor mir auf den Teppich und legt seine Hände links und rechts von mir auf das Sofa. »Deshalb ist Adam zu mir gekommen. Er dachte, ich könnte dich dazu bringen, zuzuhören, wenn er es schon nicht schafft.«
»Wie meinst du das?«
»Er sagte, er hätte dir erzählt, zurück nach London gehen zu wollen, und du wärst sofort darauf angesprungen und hättest das Haus zum Verkauf angeboten.« Guy schaut zur Tür. »Adam«, ruft er. »Willst du hereinkommen und diesen Teil selbst erklären? Ich glaube nicht, dass ich das kann.«
»War er die ganze Zeit schon hinter der Tür?«
»Ich habe nichts gehört«, antwortet er, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er flunkert.
»Was wolltest du sagen, Adam?«
»Mum«, beginnt er. »Ich habe mit dem, was ich gesagt habe, nicht gemeint, wir müssen von hier wegziehen …«
»Aber du sagtest, du würdest es hier hassen«, unterbreche ich ihn.
»Ich weiß, aber das habe ich nicht so gemeint.«
»Das verstehe ich nicht«, erwidere ich.
»Mum, du bist doch genauso wie ich. Du meinst auch nicht immer das, was du sagst.« Adam hält inne. Die Wahrheit in seinen Worten lässt mich verstummen, und so fährt er fort. »Du hörst mir nie richtig zu – du hörst etwas, machst dir deinen Reim darauf, und das war’s. Gestern sagte ich, dass ich manchmal am liebsten nach Hause will, was aber nicht bedeutet, dass ich wirklich zurückwill. Es ist nur ein Gefühl, das ich ab und zu habe. Und ich würde nie in meinem Leben von dir und meinen nervigen kleinen Schwestern verlangen, dass ihr wegen mir von hier wegzieht. Ich habe meine Lektion gelernt, was das Trinken betrifft, und Will und Jack haben mich gefragt, ob ich am Fußballtraining teilnehmen möchte, um zu sehen, ob ich in die Mannschaft aufgenommen werden kann.«
Meine Gefühle fahren Achterbahn mit mir. Guy, der Mann meiner Träume, hat mir seine Liebe gestanden, und Adam will überraschender- und erfreulicherweise trotz allem hierbleiben. Ich kann mein Glück kaum fassen.
»Warum hast du das nicht schon früher gesagt?«
»Das habe ich versucht, doch dann bist du verschwunden, um Bracken zu füttern, und gestern Abend hattest du schlechte Laune …«
»Oh, Adam …« Ich will aufstehen, aber er schüttelt den Kopf.
»Bleib da, wo du bist, Mum. Ich glaube, Guy ist noch nicht fertig.« Er grinst. »Ich hole dann mal Holz fürs Feuer, damit ihr ungestört seid.«
»Na, das ist eine Offenbarung!«, sage ich laut.
»Kommen noch mehr?« Guy legt den Arm um meine Taille und legt seinen Kopf an meine Brust. Ich strecke meinen Arm aus, und meine Hand schwebt über seinem Kopf. Dann berühre ich sein Haar und fahre mit meinen Fingern hindurch. Ich spüre seine Kopfhaut und ertaste die Form seines Schädels.
»Jennie, mein Schatz, bitte geh nicht …« Guy richtet sich auf und schaut mir in die Augen. Mein Herz pocht vor Unsicherheit und Verwirrung, während er flüsternd fortfährt: »Du gehörst hierher.«
Nun heißt es, jetzt oder nie. Werde ich fortgehen und damit Guy und meine Chance auf wahre Liebe zurücklassen? Werde ich Jennie’s Folly der Gnade von Bauunternehmern überlassen? Oder werde ich bleiben?
Sechs Monate später bin ich immer noch in der Küche von Jennie’s Folly und stehe neben meinem AGA . Ich schaue zum hinteren Fenster hinaus über den Rasen und das Gemüsebeet, auf dessen Mitte ein Misthaufen und Unkraut liegt, zur Koppel, wo Georgia und Sophie einen Hindernisparcours aufgebaut haben, der aus einer
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