Schnupperküsse: Roman (German Edition)
anlegen, als die Rallye vorbei war.«
»Diese blöden Ponys«, sagt Adam barsch.
»Das meinst du nicht so. Georgia liebt Bracken, so wie du Lucky.«
»Erzähl mir nicht, was ich denke!«, fällt er mir ins Wort. »Ich weiß , was ich denke. Ich hatte zu viel von diesem Zeug und dachte, ich nehme mir meine Brieftasche und fahre mit dem Zug nach London.«
»Du wolltest also weglaufen?«
»Ja. Ich glaube schon.«
»Das habe ich auch einmal gemacht«, beginne ich. »Ich kann mich nicht mehr erinnern, warum. Wahrscheinlich hatte ich mich mit Karen gezankt. Ich war damals um einiges jünger als du jetzt und hatte ein Buch gelesen, Die Wichtelreise . Danach glaubte ich, ich könnte wie diese Wichtel nur von Brombeeren und Pfefferminztalern überleben.«
»Und hast du?«
»Ich lief mit zwei Packungen Süßigkeiten von zu Hause weg und aß sie. Dann wurde mir schlecht, und ich musste mich übergeben. Ich ging wieder nach Hause, wo noch nicht einmal jemand bemerkt hatte, dass ich verschwunden war.«
»Kannst du deshalb keine Pfefferminztaler ausstehen?« »Genau.« Ich zögere. »Du hast mir erzählt, dass du deine Brieftasche mitnahmst. Wie bist du am Teich gelandet?«
»Ach, Lucky wollte mitkommen, und ich konnte nicht klar denken. Ich dachte, ich gehe zuerst mit ihm spazieren, und so ging ich in den kleinen Wald. Tja, dann sah ich den gefrorenen Teich, wie er glitzerte und wollte ihn mir genau anschauen.«
»Und?«
»Ich kann mich nicht erinnern.« Er zuckt mit den Achseln. »Es war so kalt … Mum, ich dachte, ich würde sterben …«
»Komm her, mein Schatz.« Ich weiß nicht, wie lange es dauert, bis er sich in meinen Armen entspannt und seinen Kopf an meine Schulter legt. Ich drehe meinen Hals und drücke mein Gesicht auf sein wuscheliges Haar, das nach Shampoo und Haargel riecht. »Ich hab dich so lieb.«
»Ich dich auch, Mum.«
Du weißt nicht, was das für mich bedeutet, denke ich und streiche ihm ein paar Tränen von der Wange.
»Du bist die beste Umarmerin auf der Welt«, fährt er fort. »Du weißt genau, wie fest man drücken muss.«
»Ich werde dir deinen ganzen Atem herausdrücken, wenn du das noch einmal machst.«
»Ich weiß. Es wird nicht noch einmal vorkommen. Ich dachte, ich würde sterben.«
»Adam, wenn du es wirklich hier so furchtbar findest …«
»Das tue ich«, sagt er tonlos. »Manchmal möchte ich einfach nur nach Hause.«
Er will zurück nach London. Das ist nicht nur eine Laune. Er meint es ernst.
»Was ist mit Lucky?«
»Es gibt in der Stadt mehr Hunde als auf dem Land. Ich glaube nicht, dass Lucky so wählerisch ist.« Adam löst sich aus der Umarmung und tritt einen Schritt zurück. Er lächelt, und ich bemerke, wie erleichtert er ist, als ob eine schwere Last von ihm gefallen wäre, währenddessen ich mich verletzt und ausgelaugt fühle. Es war egoistisch von mir, die Kinder von ihren Freunden und ihrer Familie, besonders von ihrem Vater und ihren Großeltern, wegzureißen.
Ich schaue das Tal hoch, und mein Blick fällt auf unser Haus, Jennie’s Folly, dessen Fenster in der Morgensonne glitzern. Ich merke, wie ich einen Kloß in den Hals bekomme. Es kann nicht mehr so weitergehen. Auch wenn die Vorstellung, all das hier zurücklassen zu müssen – die Tiere, mein Geschäft, meine neuen Freunde – mich in Stücke zerreißt, wird mir klar, dass die einzige Lösung ist, das Haus zu verkaufen und nach London zurückzukehren.
Das ist das Ende einer Liebesgeschichte. Meine Zeit in diesem wunderschönen Haus stellt sich als eine viel zu kurze Affäre heraus.
»Adam, ich möchte dir etwas sagen, aber du musst mir versprechen, es niemandem weiterzuerzählen, weder deinem Vater noch deinen Schwestern, ja? Ich muss noch ein paar Sachen klären, bevor ich es allen verkündigen kann.«
»Was ist es?«
»Wir gehen wieder zurück … zurück nach London.«
»Aber, Mum, das hier ist doch dein Traumhaus«, wirft Adam stirnrunzelnd ein.
»Ja, mein Traum, aber nicht deiner. Ich hätte ihn dir nicht aufzwingen dürfen. Ich hätte warten sollen, bis du, Georgia und Sophie alt genug gewesen wärt, um eure eigenen Wege zu gehen.« Ich hole tief Luft und atme langsam aus. »Ich werde das Haus verkaufen.«
»Und was ist mit der Schule? Ich habe gerade mit den Kursen für meinen Mittelstufenabschluss begonnen.«
»Die kannst du überall weiterbesuchen. Ich denke nicht, dass das ein Problem sein wird. Mittlerweile ziehen Leute ständig um.«
»Hast du es schon Guy
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