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Schock

Titel: Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter Evan
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Witze?«
    »Ein schöner Witz. Die strahlende junge Ehefrau mit dem dicken Bauch, die das ganze Badezimmer voll kotzt. Wirklich, ein reizendes Bild! Besonders, wenn man jeden Morgen damit aufwacht.«
    »Ich liebe dich, Grace«, sagt er.
    »Ich frage mich schon, wann du damit anfangen wirst.«
    »Muß ich das denn nicht sagen?«
    »Ja, zum Teufel. Oft.«
    »Ich liebe dich.«
    »Ich glaube, wir sollten es ihnen sagen. Früher oder später. Unseren Leuten, meine ich.«
    »Ja.«
    »Mein Bruder schnappt über. Seine kleine Schwester, die Heulsuse.« Sie grinste und sagte: »Immerhin hat er mich gewarnt.«
    »Zweifelsohne.«
    »Dann brauche ich vermutlich nur mir selber Vorwürfe zu machen.«
    »Und mir.«
    »Und Margaret Sanger.« Sie hielt inne, seufzte und sagte schließlich: »Ich habe Angst.«
    Daß er selber entsetzt war, verschwieg er ihr.
    Wenn doch nur … dachte er.
    Ja. Wenn doch nur …
    Eine neue Chance – das ist, was wir brauchen. Man kann so nicht anfangen, so jung, frisch und unvernarbt, und den Schritt in diese Welt tun; nein, das kann man nicht. Sie ist ein gefräßiges Raubtier, und wenn du nicht zulässt, daß sie dich frisst, dann sät sie Feindschaft zwischen euch, und ihr fresst euch gegenseitig. Schau sie dir doch nur an, um Himmels willen! Was ist sie? Zweiundzwanzig? Und meint dabei, sich morgens aus dem Bett zu rollen und Kaffee zu kochen, wäre alles; denkt, verregnete Samstagnachmittage, an denen man sich unter dem Esstisch versteckt – wie ich es damals mit meiner Cousine Mandy tat –, wären alles! Kinder! Man nimmt sie nicht und jagt sie nackt auf die Straße hinaus, wo die Tiger umherschleichen – wie könnte man so etwas tun? Sie brauchen eine Chance. Irgendeine Chance, mehr brauchen sie nicht. Ja, richtig – Selbstmitleid. Sie hat es gesagt, sie hatte recht; ich bemitleide mich selbst. Aber ich weiß: könnten wir nur …
    Ihr Bruder hätte etwas für uns tun können; er hätte uns etwas zu bieten gehabt. Sein anspruchsvolles, teures Geschenk? Ein schäbiger Toaster. Weiß er denn nicht, daß wir Geld brauchen?
    Wäre nur mein Großvater noch am Leben! Ich dachte schon daran.
    Wäre nur Beethoven noch am Leben, dachte ich immer – dann wäre ich nicht so allein. Ja, dann – gemeinsam in einen engen Kreis verkrallt, die Arme umeinander geschlungen, auch Jesse mit seinen harten Armmuskeln, unsere Rücken gegen die näherdrängenden Wände, ja, dann könnten wir standhalten, dann könnten wir die Wände zurückpressen, damit sie uns nicht zerquetschen; wäre ich doch nur nicht so allein! Denn siehst du – sie kann nicht helfen, nicht in ihrem augenblicklichen Zustand. Sie ist zu lieb, zu zart, zu verwirrt, sie ist kein Hilfe, wenn es gilt, etwas zurückzudrängen, das uns zerquetschen will, das unser junges Blut aus uns herauspressen will, bis wir nur noch in einer Dimension leben, ein zorniges hilfloses Knurren auf zusammengepressten Lippen.
    Wir sind zu jung, um auf diese Art zerquetscht zu werden. Doch wie soll ich es verhindern, wenn ich nicht einmal weiß, wer ich bin, wenn in mir nur ein einziger Hunger ist – ein Hunger, zu sein, zu leben, zu wachsen, zu …
    »Du hast nie gewußt, wer du bist, und hungrig warst du immer.«
    Ach, gewiß, rede nur Uraltenweisheit. Hungrig? Wo? An deiner schweren, überquellenden Brust, war ich da etwa hungrig? Verloren? Wo? In der finsteren Eifersucht einer Liebe, die ich nie vollziehen konnte; ich hasste ihn und liebte ihn, ich wußte, daß du uns beiden gehörst, je – aber in Wirklichkeit nur ihm und nie recht mir? Verloren und hungrig, ja, aber warum hast du es mir nie gesagt? Warum sagtest du nie, Sam, da draußen sind Tiger, die werden versuchen, dir die Glieder vom Leibe zu reißen? Warum hast du mir das nie gesagt, geliebte Mutter? Warum ließest du zu, daß ich es selbst entdecken mußte, mit einem Mädchen, dem es auch nie gesagt worden ist, einem Mädchen, das glaubt, ich wüsste um alle Geheimnisse – und dabei weiß ich um kein einziges? Warum sagtest du mir nicht, daß es meine Sache sein würde, nackt auf die Straße hinauszugehen und die Tiger zu erwürgen, ohne jeden anderen Schutz als Liebe? Liebe ist die Lieblingsspeise der Tiger, wusstest du das nicht? Ihr Geruch dringt ihnen fett und würzig in die Nüstern – oh, es treibt sie, ihre Klauen und Zähne hineinzuschlagen; in dieser Welt gibt es zu viel Liebe für Tiger. Wirf Liebe in ihre Rachen, halte ihnen Liebe als Schild entgegen, schwinge Liebe als

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