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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Parkplatzsuche in die Herzog-Max-Straße. Ihrer üblichen Strategie gemäß hatte sie längst beschlossen, ihn nicht in die finsteren Abgründe des Falles einzuweihen. Sie wusste zwar noch nicht, wie sie das Verschwinden ihrer Waffe ihm gegenüber erklären sollte, aber auch dafür würde sich eine Lösung finden.
    »Hast du gewonnen?«, fragte sie, als er schnaubend zum Haus gelaufen kam.
    »Dieser Spießrutenlauf um einen Parkplatz nervt«, sagte er, küsste Katinka und lief vor ihr die Treppe hinauf. »Klar habe ich gewonnen, was denkst du?«
    »Logisch, du hast ja ein Händchen fürs Zocken!« Er grinste und schloss die Tür auf.
    »Von wegen. Biedersten Schafkopf haben wir gespielt.«
    »Ist alles in Ordnung im Sommerhaus?«
    »Sicher. Und deine Beschattung?« Sie hatte es befürchtet. Er kam immer sofort auf die heiklen Punkte zu sprechen.
    »Leider nicht von Erfolg gekrönt«, murmelte Katinka. »Der Kerl ist mir durch die Lappen gegangen.« Beides nicht gelogen, dachte sie missvergnügt und folgte Tom in die Küche. Er warf seinen Rucksack auf den Boden, wusch sich die Hände und begann, einen Hefeteig anzusetzen.
    Katinka stellte sich ans Fenster und sah ihm zu. Hin und wieder warf sie einen Blick auf die Straße. Der Schnee fiel jetzt in dickeren, wirbelnden Flocken, umtanzte die Straßenlaternen, deckte sanft die Straße zu. Tom erzählte von seinem Wochenende, seinen Kumpels, schilderte akribisch genau einzelne Schafkopfpartien. Merkte sich, wann wer mit welcher Absicht Eichel oder Schelle ausgespielt hatte, als bräuchte er nur ein Videoband in seinem Kopf zurückzuspulen. Währenddessen maß er die Zutaten, gab das Mehl in die Schüssel, die Milch, drückte eine Mulde hinein, krümelte die Hefe dazu und deckte alles mit einem Küchentuch zu.
    »Jetzt schneit es richtig«, sagte Katinka verträumt.
    Tom trat neben sie und sah in die Nacht hinaus.
    »Schön was? O.k., vergiss es. Ich weiß, was du sagen willst. Schnee hat so was Kaltes an sich.«
    »Noch ein Spruch, Kieferbruch«, brummte Katinka und küsste ihn auf den Hals.
    Das Schönste am Schnee war, dass er die Welt still machte.
     
     
    Montag, 10. 1. 2005, 7:57 Uhr
     
    Katinka hörte Tom unter der Dusche fröhlich pfeifen, gleichzeitig plärrte Antenne Bayern rhythmisches Geröll in den Morgen. Sie hielt sich an der Kaffeekanne fest und gähnte herzhaft. Die erste Tasse Kaffee bedeutete einen feierlichen, beinahe heiligen Einstieg in den Tag. Schnuppernd genoss sie das kräftige Aroma, goss heiße Milch in die Tasse und sah zu, wie das dunkelbraune Getränk einen hellen Teint bekam. Entfernt erinnerte der Kaffee an gebräunte Haut, an Sandstrand. Wenn Katinka die Augen schloss, zauberte ihre Fantasie die Geräusche von Wellen hervor, Lachen und Schreien von Badenden, kreischende Möwen, und mit ein wenig mehr Konzentration spürte sie Toms warme Hände, die Sonnenmilch auf ihrem Rücken verteilten. Drrrring .
    Natürlich. Störung wie üblich dann, wenn alles entspannt und versöhnlich lief. Stöhnend stand Katinka auf, suchte das Telefon, fand es unter einem Stapel alter Ausgaben des Fränkischen Tags , und meldete sich mit einem, wie sie hoffte, ausgeschlafenen »Palfy?«
    »Uttenreuther hier.«
    »Hardo! Haben Sie … meine Waffe gefunden?«
    »Leider ja«, fiel er mit der Tür ins Haus.
    »Warum leider?«
    »Heute Nacht ist jemand mit Ihrer Waffe erschossen worden.«
    Die Tasse in ihrer Hand machte einen Satz zur Seite. Braune Wellen schwappten über den Rand.
    »Und zwar ein bisschen weiter weg von uns. In Coburg.«
    Katinka stellte behutsam ihre Kaffeetasse ab. Mit halbem Ohr nahm sie wahr, wie Tom aus der Dusche stieg und das Radio lauter drehte, um die Nachrichten zu hören.
    »Jemand ist mit meiner Waffe erschossen worden? Wer? Wann! Woher wissen Sie, dass es ausgerechnet meine Waffe ist?«
    »Weil sie am Tatort gefunden wurde, oder nah beim Tatort, um genau zu sein.«
    Wer das Pech an den Fersen kleben hat, dachte Katin-ka, versinkt gleich bis Oberkante Unterlippe darin.
    »Zufällig sind meine Fingerabdrücke drauf, oder?«
    »Eher nicht. Gar keine. Jemand hat die Pistole sorgfältig gesäubert.«
    Katinka hatte keine Antwort parat.
    »Die Coburger Kollegen haben sich an uns gewendet«, erklärte Hardo. »Am besten, Sie kommen so schnell es geht zu mir ins Büro.«
    »Haben Sie schon den Haftbefehl bereit?«
    Der Kommissar war nicht zu Späßen aufgelegt.
    »Quatschen Sie keine Opern. Ich brauche eine klare Aussage von Ihnen.

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