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Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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brachten, ein Auto wusch. Sie hatte sich seit ihrer ersten Begegnung verändert. Sie redete überschwenglich, gestikulierte mit beiden Armen, wirkte lebhaft und natürlich. Und dennoch schien ihr Verhalten seltsam gezwungen, als wäre sie in Gedanken woanders und stünde irgendwie unter Druck.
    Sie trug ein rotes Cocktailkleid mit kurzem Rock, das so eng saß, als wäre es ihr auf den Leib geschneidert worden. Pitt dachte zunächst, eine der Wissenschaftlerinnen an Bord, die eine kleinere Konfektionsgröße hatte, hätte es ihr geliehen.
    Doch dann fiel ihm ein, daß er sie und Deirdre mit dem Beiboot der
Ice Hunter,
in dessen Bug ihre Koffer verstaut gewesen waren, von der
Polar Queen
hatte zurückkehren sehen. Sie trug gelbe Korallenohrringe, die zu der Kette um ihren bloßen Hals paßten. Sie schaute in seine Richtung, und ihre Blicke begegneten sich einen Moment lang. Sie beschrieb gerade ihren zahmen Dingo daheim in Australien und wandte sich rasch wieder ihrem Publikum zu, als hätte sie ihn nicht erkannt.
    Deirdre hingegen strahlte Sinnlichkeit und Eleganz aus, Eigenschaften, die jeder Mann im Raum wahrnahm. Pitt konnte sich mühelos vorstellen, wie sie verführerisch auf einem mit seidenen Laken bezogenen Bett lag. Der einzige Nachteil war ihr herrisches Benehmen. Sie war ihm verletzlich und zurückhaltend vorgekommen, als er sie an Bord der
Polar Queen
entdeckt hatte. Aber auch sie hatte sich verändert und wirkte jetzt kühl und unnahbar. Außerdem ließ sie eine gewisse Härte erkennen, die Pitt zuvor nicht wahr genommen hatte.
    Aufrecht und anmutig saß sie auf ihrem Stuhl. Sie trug Seidenstrümpfe und ein braunes Futteralkleid, das knapp über den Knien endete. Um den Hals hatte sie einen Schal geschlungen, der die rehbraunen Augen und das kupferrote Haar betonte, das sie streng nach hinten gekämmt und zu einem großen Knoten gesteckt hatte.
    Sie drehte sich langsam um, als spürte sie, daß Pitt sie musterte, und schaute ihn mit ausdrucksloser Miene an. Dann wurde ihr Blick kühl und berechnend.
    Pitt erkannte, daß er auf die Probe gestellt wurde. Sie dachte nicht daran, den Blick abzuwenden, nicht einmal, als sie sich wieder ihrem Gespräch mit Dempsey widmete. Es hatte den Anschein, als könnte sie an ihm nichts Interessantes entdecken und blickte deswegen durch ihn hindurch auf das hinter ihm an der Wand hängende Bild. Nicht ein einziges Mal wichen die braunen Augen seinem Blick aus. Eine Frau, die sich offensichtlich gegen Männer zu behaupten wußte, dachte Pitt.
    Langsam, ganz langsam fing er an zu schielen. Die Grimasse brach den Bann und riß sie aus ihrer Konzentration. Hochmütig warf sie den Kopf zurück, tat Pitt als Clown ab und beteiligte sich wieder an dem Gespräch mit ihren Tischnachbarn.
    Pitt spürte zwar, daß ihn Deirdres Sinnlichkeit reizte, doch er fühlte sich eher zu Maeve hingezogen. Vermutlich lag es an ihrem gewinnenden Lächeln, bei dem man die kleine Lücke zwischen den Schneidezähnen sah, oder den wunderbar fülligen, unglaublich blonden Haaren, die offen über ihre Schulter wogten. Er fragte sich, weshalb sich ihr Verhalten so geändert hatte, seit er sie mitten im Schneesturm auf Seymour entdeckt hatte. Sie lächelte jetzt nicht mehr so häufig, lachte nicht mehr so ungezwungen. Pitt spürte, daß Maeve irgendwie unter Deirdres Fuchtel stand. Außerdem war ihm klar, auch wenn es außer ihm offenbar niemand bemerkte, daß die beiden Schwestern einander nicht leiden konnten.
    Pitt sann über die uralten Gesetzmäßigkeiten bei der Wahl der Geschlechtspartner nach. Frauen waren oft hin und her gerissen zwischen dem netten, anständigen Jungen, der im allgemeinen Vater ihrer Kinder wurde, und dem draufgängerischen Widerling, der unkonventionelle Liebe und Abenteuer verhieß.
    Als Mann wiederum mußte man sich wohl oder übel zwischen dem patenten Mädchen von nebenan, das im allgemeinen Mutter seiner Kinder wurde, und der wilden Sexmieze entscheiden, die nicht von einem ablassen konnte.
    Für Pitt gab es keine Qual der Wahl. Morgen nacht würde das Schiff in der chilenischen Hafenstadt Punta Arenas auf Feuerland anlegen, wo Maeve und Deirdre eine Zubringermaschine nach Santiago nehmen wollten. Von dort aus konnten sie dann einen Direktflug nach Australien buchen.
    Reine Zeitverschwendung, dachte er, die Phantasie Amok laufen zu lassen. Er glaubte nicht, daß er sie jemals wiedersehen würde.
    Er steckte die Hand unter den Tisch und berührte das zusammengefaltete Fax in

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