Schön ist das Leben und Gottes Herrlichkeit in s
hatte zur fraglichen Zeit vor dem Konsum gesessen, was die Kassiererin bestätigte, und wer sonst hätte ein Motiv, man stellte die Ermittlungen ein.
Utes Leben wurde leichter, unbeschwert ging sie zur Schule und zurück, fast wurde ein Kinderleben daraus, nur der Onkel war noch da.
Ihr einziger Freund war der Tod. Er hatte ihre Peiniger geholt, und zum Dank ließ sie ihn ein in ihre Welt. Versprach ihm ein neues Opfer: »Eines Tages bringe ich dir die Lehrerin.« Doch die Lehrerin war die Einzige, von der sie Bücher bekam, und Ute sehnte sich nach Geschichten.
Dann: »Die Großmutter sollst du haben«, wenn die sie schlug, aber sie gab ihr zu essen am Mittag und am Abend, und keiner sonst.
Und: »Die Mutter vielleicht«, denn die stahl ihr das Taschengeld, das wenige, das sie von der Großmutter bekam. Doch ohne Mutter käme sie in ein Waisenhaus, und das wäre schrecklich, man würde geschlagen und in einen Karzer gesperrt, hatte Marianne gesagt. Also blieb auch die Mutter am Leben.
Jeden Abend sagte Ute zum Tod: »Den Onkel sollst du haben!«, und der Tod nickte geduldig, er wusste, das brauchte Zeit.
1977
Im Februar verlor der Onkel seine Arbeit. Bauer Klein brauchte ihn nicht mehr, er hatte das Land an seinen Nachbarn verpachtet und saß in der Wohnstube; die Großmutter sagte, er trinke sich um sein Vermögen und um seinen Verstand.
»Ich ziehe zu dir«, sagte der Onkel zur Mutter, »ich kann meine Wohnung nicht mehr bezahlen, was sollen wir mit zweien.«
Am nächsten Tag kam er mit einem Karton, stellte ihn in Utes Zimmer: »Du schläfst jetzt auf der Küchenbank, deine Mutter und ich nehmen das Bett.« Er packte Ute am Pullover, kniff die Augen zusammen: »Finger weg von meinen Sachen, hörst du?«
Als er das Haus verließ, stürzte sich Ute auf den Karton, fand darin Hosen und Hemden, die nach Onkel rochen, Rasierzeug und ein Deodorant, eine Zahnbürste fehlte. Zuunterst entdeckte sie eine schwarze Kiste von der Größe einer Pralinenschachtel, doch bevor sie sie öffnen konnte, hörte sie den Onkel vor der Tür. Er trat ein, einen riesigen Fernsehapparat in den Armen, stellte ihn auf den Boden neben das Bett und schaltete ihn an. Ute schickte er hinaus und schloss die Tür, sie hörte es rumpeln; der Onkel suchte ein Versteck und fand das lose Bodenbrett, das Ute schon lange kannte, nur hatte sie keine Schätze zu verbergen.
Jetzt lag Ute abends auf der Bank, wenn Onkel und Mutter am Küchentisch tranken, bis sie sich auf ihr Bett verzogen und in den Fernseher starrten. Der Onkel schien von der Mutter genug zu haben, er rührte sie nicht mehr an und entwickelte um so größeren Appetit, sobald er zu Ute kam, gegen elf.
Wenn Ute von der Schule kam, war der Onkel mit seinem Fahrrad losgezogen, um Arbeit zu suchen, bei den Strandkorbvermietern, den Fischern oder den Bauern.
Eines Mittags traute sie sich wieder in ihr altes Zimmer, umkreiste den Fernseher, schaltete ihn ein und wieder aus und näherte sich schließlich dem losen Bodenbrett. Die Mutter war in der Küche, es war einer ihrer guten Tage, an denen sie einkaufen ging und mit einem Netz voller nutzloser Dinge zurückkehrte, einer Haartönung, violettem Nagellack und Seidenstrümpfen, vielleicht, um den Onkel zu locken. Doch Ute wusste, Mutters Haar würde grau bleiben, die Nägel gelb vom Pilz und die Beine haarig; sie würde ihre guten Vorsätze am nächsten Tag vergessen haben.
Jetzt saß die Mutter am Küchentisch, blätterte in einer Zeitschrift, und Ute krallte die Nägel unter das Brett, rüttelte und hob es an. Sie spähte in den Hohlraum und erblickte die schwarze Kiste. Sie zog sie hervor, bettete sie in ihren Schoß, öffnete den Verschluss, hob den Deckel und erstarrte.
Es war eine Pistole, kleines Kaliber. Damit kannte sie sich aus, sie hatte unzählige kennengelernt in ihren Groschenromanen. Besäße sie eine, sie ließe alle Schurken sterben. Einmal hatte sie dem Sohn des Tankwarts, dem Jungen mit den dunklen Augen, ein Heftchen geschenkt, Jerry Cotton. Er hatte einen Pfiff ausgestoßen.
Ute schlug das Kistchen zu, beförderte es in sein Versteck und befestigte das Bodenbrett.
An diesem Tag konnte sie nicht mehr lesen. Sie dachte nur noch daran, wie sich ihr Leben verändern würde, wenn sie den Mut hätte, auf den Onkel zu zielen wie Jerry Cotton auf seine Bösewichte.
Tags darauf saß sie über ihren Hausaufgaben, als der Onkel in die Küche kam, an ihr vorüber in sein Zimmer schlurfte und die Tür verschloss. Es
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