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Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Titel: Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Kastanienbaum zurück. Morgen früh würden wieder alle Tische und Stühle angeschissen sein. Trotzdem mochte ich die Vögel. Mein berühmter Namensvetter Franz Kafka hatte die Dohle sogar zu seinem Familienemblem erhoben.
    Die Kellner zündeten die Kerzen auf den Tischen an. Waren vorhin noch rasante Csárdásrhythmen aus dem Gergely’s herausgeklungen, vernahm ich auf einmal schwermütige, fast elegische Weisen, die von Trauer und Tod sprachen. Danach machte die Band eine erste Pause.
    Die Musiker waren Lowara, die man früher umgangssprachlich auch als „deutsche Zigeuner“ bezeichnet hatte, weil sie die deutsche Sprache akzentfrei beherrschten. Heute waren viele von ihnen als Musiker etabliert. Bestimmt kannten diese jungen Burschen meinen Onkel Sándor. Ich nahm mir vor, mich in der nächsten Pause mit ihnen zu unterhalten.
    Plötzlich schien die gerade noch prächtige Stimmung in Spannung und Feindseligkeit zu kippen. Irritiert schaute ich in die Runde. Die Gesichter der Leute verschwammen vor meinen Augen. Und auf einmal sah ich ihn.
    Das Baby-Face steuerte unverschämt grinsend auf meinen Tisch zu.
    Hilfesuchend blickte ich mich erneut um. Keiner meiner Kollegen war in der Nähe. Ich wollte vor diesem Idioten nicht die Flucht ergreifen. Starrte ihn nur böse an, als er sein Bierglas auf meinen Tisch stellte. Anscheinend hatte ich doch nicht den bösen Blick. Weder ergriff er die Flucht, noch fiel er auf der Stelle tot um. Er stand einfach schweigend da und starrte auf meine Brüste. Ich bereute, das dekolletierte T-Shirt angezogen zu haben. Als sich seine dicken Würstelfinger meinem Busen näherten, verlor ich die Nerven, packte sein Bierglas und schüttete ihm das Bier ins Gesicht.
    Er schloss die Augen nicht schnell genug. Das Bier tropfte von seinen Wimpern. Er hatte sich zu spät geduckt, zu spät die Hände vors Gesicht gerissen.
    Es war alles so schnell gegangen. Ich bemerkte weder die erstaunten Blicke der Leute am Nebentisch, noch nahm ich den Mann wirklich wahr, der seinen Arm um meine Schultern legte. Ich rastete völlig aus. Griff nach dem Aschenbecher, holte aus und knallte ihn dem Mann ins Gesicht.
    „Bist du verrückt? Was hab ich dir getan?“, schrie Tony. Seine Stimme brachte mich wieder zu Besinnung.
    Nicht nur sein Gesicht war voller Asche, sondern auch das Sakko des Nadelstreifanzugs, den er unlängst bei Midinette gekauft hatte.
    „Oh mein Gott, tut mir leid“, stöhnte ich. „Aber hast du den Kerl gesehen, der mich gerade belästigt hat? Mittlerweile bin ich mir fast sicher, dass er der Frauenmörder von Margareten ist.“ Doch das Baby-Face hatte längst das Weite gesucht.
    Zum Glück hatte die Band wieder zu spielen begonnen. Sogleich verloren auch die Leute an den Nachbartischen das Interesse an mir. Ich versuchte, Tonys Gesicht mit einer Serviette zu reinigen. Ich machte alles nur noch schlimmer. Verschmierte die Zigarettenasche auf seinen ebenmäßigen Zügen. Nun sah er tatsächlich wie ein Rauchfangkehrer aus.
    „Ich mache das lieber selber“, sagte er knapp und entfernte sich Richtung Toiletten. Schuldbewusst sah ich ihm nach.
23
    Kaum war ich allein, tauchte Tamara wieder auf. Sie nahm einen Lippenstift und einen kleinen Spiegel aus ihrem Handtäschchen und zog ihre Lippen nach. „Wie ich ausseheff“, jammerte sie.
    Statt eines Eherings steckte ein wunderschöner Smaragdring an ihrem rechten Ringfinger. Sie war nicht mehr ganz nüchtern. Es bedurfte nur einiger mehr oder weniger geschickter Fragen meinerseits, und sie begann mir ihre ganze Lebensgeschichte zu erzählen. Plötzlich standen Tränen in ihren Augen.
    „Ich habe schreckliche Angst“, flüsterte sie. „Ilona und Anja waren meine besten Freundinnen. Bestimmt hat es dieser Killer nun auf mich abgesehen. Ich habe meinen Freund gebeten, Polizeischutz für mich anzufordern. Aber er hat keinen Finger gerührt, mich nur ausgelacht“, schluchzte sie. „Ich erzähle Ihnen das jetzt nur, weil ich weiß, dass Sie sich für diese Frauenmorde besonders interessieren. Frau Klaric hat gesagt, dass Sie detektivisches Gespür hätten.“
    Zwar freute ich mich über das Lob von Frau Klaric, andererseits ängstigte mich die Vorstellung, dass der halbe Bezirk bereits wusste, dass ich auf eigene Faust Nachforschungen anstellte. Kein Wunder, dass ich nächtens bedrohliche Anrufe von Psychopathen bekam.
    „Ich weiß auch, dass Sie über spezielle Fähigkeiten verfügen. Bitte helfen Sie mir“, flehte sie mich an und

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