Schön und ungezähmt
Finger, »du beweist, dass du ein Ausbund an schicklichem Verhalten bist, damit du um ihre Tochter werben darfst, und wenn Rebecca deinen Antrag annimmt, glaube ich schon, dass ihre Einwände nachlassen werden.«
»Ein Ausbund an schicklichem Verhalten«, wiederholte Robert. In ihm rangen Erheiterung und Wut. Er wollte entweder laut auflachen oder etwas zerschlagen. »Ach, das klingt verlockend. Im Übrigen bin ich nicht sicher, ob ich weiß, wie das geht. Ich bin nicht einmal sicher, ob ich es überhaupt versuchen will.«
»Aber du bist auch nicht sicher, ob du es nicht willst. Das sagt eine Menge aus.« Damien wirkte fast ein bisschen eingebildet. Er wies auf die Tür. »Wollen wir?«
Mit einem Fluch verließ Robert die Kutsche. Augenblicke später fand er sich im Salon der Marstons wieder und lauschte nur mit einem Ohr ihrer Gastgeberin, die spröde oberflächliche Konversation betrieb. Er versuchte, angemessene Antworten zu geben, doch war all seine Aufmerksamkeit auf Rebecca gerichtet.
Er, der sonst unbekümmert jeder Frau den Rücken zuwandte und ging, konnte nicht mal den Blick von ihr lassen. Was zum Teufel stimmte bloß nicht mit ihm?
Sie sah herrlich aus in dem blassrosafarbenen Seidenkleid, das
ihr dunkles, glänzendes Haar und diese betörend blauen Augen betonte. Ihre Haltung war anmutig, strahlte jedoch eine gewisse Verlegenheit aus. Sie saß auf der vorderen Kante ihres Stuhls, und als Damien sich nach einer kurzen Zeit entschuldigte, um mit ihrem Vater zu sprechen, weiteten sich ihre Augen leicht.
Es war schon ironisch, dachte Robert. Er hatte den Ruf als weltgewandter Lebemann, der mit Leichtigkeit eine Frau in eine kompromittierende Situation bringen konnte, aber es schien nicht zu seinen Fähigkeiten zu gehören, mit einer anständigen Mutter und ihrer unschuldigen Tochter ein höfliches Gespräch zu führen. Die einzig gute Nachricht war, dass sie sich offensichtlich ebenso unwohl fühlten wie er.
Es gelang ihm, auf ein paar Fragen mit einigen Gemeinplätzen zu antworten, ehe er seinerseits eine Frage stellte. Er wandte sich an Rebecca. »Ich wollte Euch fragen, woher Ihr die Musikstücke habt, die Ihr während unseres Aufenthalts auf Rolthven zum Besten gabt. Einige der Stücke habe ich erkannt, aber nicht alle. Ich glaube, am liebsten waren mir aber jene, die ich noch nie zuvor gehört habe.«
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund verfärbte sich Rebeccas Gesicht rosig. Zum Teufel auch! Schließlich hatte er gedacht, er würde ein Thema ansprechen, von dem er glaubte, sie fände es interessant.
»Sagt, Lord Robert«, ging Lady Marston mit eisiger Stimme dazwischen, ehe ihre Tochter antworten konnte, »wenn wir schon von jenem Abend sprechen. Wo habt Ihr gelernt, so göttlich Cello zu spielen? Ich hatte keine Ahnung, dass Ihr so viel Talent habt.«
Die Worte waren höflich. Ihre Stimme klang jedoch unverhohlen missbilligend.
»Meine Brüder und ich hatten Musiklehrer«, sagte er bewusst vage. Sein Blick ruhte noch immer auf der jungen Frau, die so nervös auf ihrem Stuhl am anderen Ende des Raums saß.
»Das Cello ist eines meiner liebsten Instrumente.« Rebecca ordnete penibel ihren Rock.
Er murmelte verhalten: »Meines auch. Ich kann Violine spielen, und mit der Flöte bin ich ganz passabel, aber das Cello bleibt meine erste Wahl.«
»Eure Schwägerin, die Duchess, ist eine bezaubernde, junge Frau, nicht war? Wir hatten eine schöne Zeit.«
Wieder ein Themenwechsel.
Also gut.
»Brianna ist gleichermaßen liebenswürdig und schön. Mein Bruder ist ein glücklicher Mann.« Er lächelte Rebecca an. »Ich habe gehört, Ihr seid seit Eurer Kindheit miteinander befreundet.«
»Sie waren als kleine Mädchen unzertrennlich«, informierte Lady Marston ihn und schnitt ihrer Tochter das Wort ab. »Beide waren gern zu Streichen aufgelegt, aber das hat sich komplett geändert. Wie bei den meisten gebildeten jungen Ladys ist bei ihnen jene Anlage zu ungebührlichem Verhalten verwachsen. Seht nur, wie gut Brianna geheiratet hat. Euer Bruder ist ein wahres Vorbild an Ehrbarkeit. Ein wahrer Gentleman, nicht nur dem Namen nach, sondern er lässt auch Taten folgen. Auch Lord Damien hat einen tadellosen Ruf.«
Unter anderen Umständen hätte es ihn amüsiert, weil sie ihn bei ihrer Aufzählung der respektablen Männer seiner Familie so offensichtlich ausließ. Doch nicht so heute.
Die Implikation war nur allzu deutlich. Jede Verbindung mit ihm wäre für eine wohlerzogene junge Lady aufs
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