Schön und ungezähmt
fesseln«, murmelte seine Begleiterin. »Es könnte so manchen ermutigen, zu glauben, dass ein ernsthaftes Interesse besteht, obwohl das Gegenüber in Wahrheit nur höflich ist.«
Robert hörte kaum, was sie sagte.
Zobelbraun. Das war die Farbe ihres Haars. Er hatte den ganzen Abend schon versucht, die Farbe zu benennen. Dicht, dunkel und schimmernd. Es bildete einen Kontrast zu ihrer reinen, hellen Haut, und diese von langen Wimpern beschatteten,
wasserblauen Augen komplettierten das verführerische Bild. Robert fluchte im Stillen. Damien glaubte sicher, dass er ihm geholfen hatte, indem er Mrs. Newman ablenkte.
Es half ihm nicht im Geringsten, denn stattdessen wurde ihm eine Versuchung direkt vor die Nase gesetzt.
Auch wenn es so verdammt dumm war, hatte Robert festgestellt, dass er sich seit ihrer Ankunft am Vortag allzu sehr der hübschen Rebecca bewusst war, die mit ihren Eltern im Schlepptau angereist war. Diese beispiellose Anziehungskraft einer unverheirateten jungen Lady irritierte ihn unsäglich. Und er wurde von ihr angezogen. Wenn Rebecca nicht wäre, hätte er vermutlich Mrs. Newmans unausgesprochene Einladung in ihr Bett angenommen und eine sehr lustvolle Nacht mit ihr verbracht.
Es war sehr beunruhigend für ihn, dass seine augenblickliche Faszination für Rebecca das Interesse an anderen Frauen ausschloss. Und ein Moment wie dieser half nicht gerade. Rebecca stand vor ihm und blickte zu ihm auf. Das gedämpfte Licht umspielte ihr Gesicht. Ihr weicher Mund war leicht geöffnet, und er musste sich bewusst davon abhalten, sich nicht vorzubeugen und von ihrem zarten Duft zu trinken. Zu seinem Glück war die Reaktion ihrer Mutter kein Geheimnis gewesen, und er bezweifelte, dass ihr kleiner Spaziergang allzu lang dauern würde, ehe man jemanden hinter ihnen herschickte, um die unschuldige, holde Maid aus seinen ruchlosen Klauen zu befreien.
»Wenigstens scheint Brianna es nicht darauf abgesehen zu haben, jeden Moment mit Aktivitäten auszufüllen, die abzulehnen wir viel zu höflich sind.« Sie bedachte ihn mit einem reizenden Lächeln.
Es war der schüchterne, süße Schwung ihres Mundes, der ihm erst in diesem Moment bewusst werden ließ, wie wenig er im
Grunde über naive, junge Frauen wusste. In seinem Leben legte er großen Wert darauf, genau das nicht zu wissen. Er hatte keine Schwester, und er war nicht viel mehr als ein Junge gewesen, als er sich auf Elise einließ. Von da an schien sein Weg vorgezeichnet zu sein. Nicht notwendigerweise in die falsche Richtung – so hatte er bisher geglaubt. Aber jetzt fiel auf ihn zurück, dass er allzu leichtfertig mit seinen Entscheidungen Türen hinter sich zugeschlagen hatte. Ehrbarkeit war ein Wort, das er stets mit Amüsement betrachtet hatte. Colton war ehrbar genug für sie alle.
Es war nur unglücklich, dass seine ganze Aufmerksamkeit jetzt auf Rebeccas Lippen und ihr verführerisches Lächeln gerichtet war. Es wäre besser gewesen, wenn er damals nicht beinahe von ihr hätte kosten dürfen.
Er wäre verflucht, wenn er nicht mehr wollte. Wie es wohl wäre, der Mann zu sein, der die reizende Rebecca in die Freuden sexueller Lust einführen durfte? Also, das war doch mal eine neue, erotische Fantasie. Jungfrauen hatten ihn noch nie interessiert. Nicht, solange es so viele erfahrene Geliebte gab, die jederzeit bereit waren, mit ihm eine unverbindliche Liaison einzugehen. Aber etwas war an ihr, neben ihrem gertenschlanken Körper und ihren zugegeben atemberaubenden Brüsten. Eine unbewusste, sinnliche Aura vielleicht, die ihm sagte, dass sie eine sehr befriedigende Bettgefährtin wäre, wenn man sie richtig unterwies.
Bettgefährtin für einen anderen Mann, ermahnte er sich scharf. Er fragte sich, was zum Teufel mit ihm nicht stimmte, dass er so etwas dachte. Für ihren Ehemann wäre sie eine wunderbare Gefährtin. Nicht für ihn.
Robert hob eine Braue und bemühte sich, auf ihre Bemerkung gelassen zu antworten. »Das ist einer der Vorteile, wenn
man zur Familie gehört. Ich würde mich zurückziehen, wenn Brianna versucht, mich zu einer Partie Scharade oder einem ähnlich öden Zeitvertreib zu bewegen. Soweit ich weiß, wird uns keine der üblichen Beleidigungen unserer Sinne zugemutet, außer einem Musikabend morgen. Ich glaube, eines der Campbell-Mädchen wird Haydn oder die Arbeit eines anderen Komponisten verstümmeln. Der Komponist sollte froh sein, wenn er tot ist und das Sakrileg nicht mit anhören muss.«
Etwas flackerte in Rebeccas Blick
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