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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Hautkrankheit unbekannter Ursache, bei deren Zustandekommen erbliche Faktoren eine Rolle spielen.« Während Herr Wilhelm erzählte, merkte Plotek, wie es jetzt auch in seinen Kniekehlen anfing zu jucken. »Sie kann in verschiedenen Lebensaltern auftreten, beginnt jedoch am häufigsten in der Jugend und verläuft in Schüben. Bei mir seit dem fünften Lebensjahr. Stellen Sie sich das mal vor, Herr Plotek.«
    Plotek tat alles, um sich das nicht vorzustellen. Da gab es verschiedene Methoden. Das wusste er noch aus seiner Zeit als Schauspieler. Es ist öfter mal vorgekommen, dass er mitten in der Szene auf offener Bühne das Bedürfnis verspürte zu lachen. Meist ausgelöst durch ein banales Ereignis – mal war’s ein Versprecher, dann wieder ein falscher Auftritt oder Abgang – und die permanenten Gedanken daran. Da musste er dann irgendwie auf andere Gedanken kommen, an etwas ganz anderes denken. Meist trauriges. An einen Unfall, Krankheit, Trennung, Tod. Wenn gar nichts mehr half, dachte Plotek an die Kindheit, an das Ostalbschwäbische, an Lauterbach, an Vater, Mutter, Bruder und sich selbst als Kind. Spätestens dann verging ihm das Lachen. Wenn aber auch das nicht half, blieb als letztes Mittel – sehr wirkungsvoll, aber schmerzhaft – aufs Wangenfleisch beißen. Das ging aber nur, wenn man nicht gleichzeitig reden musste. Plotek nahm das Wangenfleisch zwischen Oberund Unterkiefer und biss so stark zu, dass während der Schmerzempfindung kein anderer Gedanke mehr entstehen konnte.
    »Die Intervalle zwischen den Schüben schwanken zwischen Monaten und Jahren. Bei mir kommen sie in immer kürzeren Abständen«, sagte Herr Wilhelm. »Die Krankheitszeichen sind mehr oder weniger auftretender Juckreiz; bei mir eher mehr. Kratzen, kratzen, kratzen. Kratzen bis zum Wahnsinnigwerden.«
    Auch Plotek kratze sich jetzt, noch immer auf das Wangenfleisch beißend, ganz kurz und wie automatisch am Arm.
    »Man sagt, das Allgemeinbefinden wäre nicht beeinträchtigt. Da kann ich nur lachen. Von Minderwertigkeitsgefühlen über soziale Vereinsamung bis hin zu schweren Depressionen ist da alles drin. Die Gelenke schwellen schmerzhaft an. Zwar nur in einem Prozent der Fälle. Bei mir ist das aber immer so. Hier, sehen Sie, Herr Plotek.«
    Er streckte Plotek die Beine entgegen. Es sah komisch aus – auf den ersten Blick. Auf den zweiten sah Plotek zwei dicke, bläulich schimmernde Fußgelenke, bei denen die Haut spannte und glänzte, als ob sie gleich platzen wollte.
    »Auf der Haut entwickeln sich flache, scharf begrenzte, scheibenförmige und rötliche Krankheitsherde, die sich mit glänzenden, silberweißen, leicht abkratzbaren Schuppen bedecken«, sagte Herr Wilhelm, öffnete sein Hemd und zog es aus. »Hier, sehen Sie mal.«
    Er zeigte auf seine Armbeugen und kratzte sich. Plotek kratzte sich auch und dachte: Mein Gott, ist das ekelhaft. Gleichzeitig abgestoßen und angezogen, starrte er auf Herrn Wilhelms weiß verkrustete Schuppenhaut.
    »Alle Versuche, die Psoriasis innerlich zu behandeln, sind gescheitert. Also bleiben nur äußere Maßnahmen. Salicylsalben, die Schwefel, Quecksilber, Teer und Chrysarobin enthalten. Ultraviolettlicht. Röntgen – und Grenzstrahlen helfen manchmal auch. Bei mir nicht. Was die äußere Behandlung unterstützt ist fettarme Diät – einen Moment.«
    Herr Wilhelm nahm eine Tube mit Salbe und strich eine weiße Paste auf die schuppende Haut in den Armbeugen. Plotek beobachtete Herrn Wilhelm noch immer wie gebannt, ohne ein einziges Mal mit den Augenlidern zu zucken. Das ist oft so, dass ihn der Ekel, das Scheußliche faszinieren und gar nicht mehr loslassen wollen.
    »Also, wo war ich?«, sagte Herr Wilhelm. »Ach ja, bei der Diät. Deswegen habe ich Sie auch angerufen. Wäre es vielleicht möglich, dass sie der Küche Bescheid geben, dass ich vollkommen fettfrei essen muss? Sonst haben wir hier so viel Schuppen, dass wir alle davonschwimmen können, und wer will das schon.«
    Plotek schüttelte den Kopf.
    »Die in der Küche wissen dann schon, was zu machen ist. Das ist eben der Luxus in einem 5-Sterne-Hotel. Da wird nicht lange gefackelt, da wird gemacht, gell, Herr Plotek.«
    Plotek schmeckte jetzt Blutgeschmack im Mund.
    »Das Einzige, was gegen diese Hautkrankheit hilft, sind die Sprudelbäder hier. Deswegen komme ich ja auch nach Karlsbad jedes Jahr – Herr Plotek? Herr Plotek, was ist denn?«
    Was soll schon sein, hätte Plotek sagen wollen, diese verdammten Schuppenflechten sind

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