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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Männern an einem Tisch im sonst leeren Lokal. Plotek lief jetzt schneller und ohne auf die Matschpfützen zu achten. Das Wasser spritzte und die Mokassins sogen sich voll, dass seine Füße im Nu klitschnass waren.
    Er lief an den Kolonnaden vorbei, wo die Sprudelquellen dampften, bis zum alten Hauptpostamt, dann den Berg hoch, wo das Kurviertel der Stadt ins Geschäftsviertel überging – bis er vor Erschöpfung nicht mehr konnte. Schwer schnaufend blieb er stehen und stützte den massigen Körper auf den Beinen ab. Er hustete ein paar Mal, richtete sich wieder auf und sah etwas verschwommen ein blinkendes Reklameschild über einem Eingang hängen. Auf dem Schild stand in leuchtender Neonschrift in deutscher Sprache Rotes Berlin. Offenbar eine Kneipe. Oder ein Nachtclub. Egal, dachte Plotek und betrat das Rote Berlin.
    Im Roten Berlin war nicht nur alles rot, sondern wirkte im Vergleich zum märchenhaften Zauber der Stadt, die in einem Mix aus Jugendstil, Biedermeier, Klassizismus und Historismus daherkam, wie aus einer ganz anderen Welt. Sozialistischer Schick mit Accessoires aus dem nicht mehr real existierenden Sozialismus, made in DDR. An der Wand hing eine Fahne der Deutschen Demokratischen Republik. Am Tresen wurden Ostprodukte verkauft und Erich Honecker hing in einem schmuddeligen Rahmen über der Tür. Über dem Tresen war ein Schild Meldestelle der Volkspolizei angebracht. Auch sonst erinnerte in der Ausstattung und Aufmachung der Gaststätte vieles an den ehemaligen Arbeiter – und Bauernstaat. Entweder hatte hier ein verrückter Tscheche die Liebe zur untergegangenen DDR entdeckt oder ein windiger Geschäftsmann eine Nische zur Anhäufung tschechischer Kronen aufgetan. Das Rote Berlin war brechend voll. Vor allem junge Menschen standen dicht gedrängt am Tresen, tranken Bier und unterhielten sich lautstark. Im Hintergrund, dezent, aber nicht zu überhören, leise Punkmusik. Noch ehe er sich setzen konnte, hörte Plotek seinen Namen und sah auf einer mit rotem Polyester überzogenen Eckbank Herwig E. Skolny, der ihn zu sich winkte. Neben Skolny saß Korbinian Stremmel.
    »Willkommen in der einzigen weihnachtsfreien Zone Karlsbads!«, sagte Skolny und rutschte auf der Eckbank etwas näher zu Stremmel, dass auch Plotek noch Platz hatte. Beide sahen so aus, als ob sie schon länger hier säßen und manches Bier intus hätten. Nicht nur Bier. Skolny streckte drei Finger seiner fleischigen Hand in die Luft und schon kam der langhaarige Kellner mit der Baseballmütze und drei halb gefüllten Wassergläsern an den Tisch.
    »Becherovka«, sagte Skolny, und: »Die Karlsbader Spezialität!«
    Stremmel nickte und nahm ebenfalls ein Glas.
    »P-p-prost.«
    »Prost.«
    »Skål!«
    Dann kippten sie die gelbliche Flüssigkeit die Kehle hinunter. Auch Plotek. Sofort musste er husten. Das Zeug war nicht scharf, schmeckte aber irgendwie nach Hustensaft.
    »Likör«, sagte Skolny.
    »N-n-n-icht schlecht!«, ergänzte Stremmel fast stotterfrei.
    Offenbar hatte er schon mit genügend Becherovka seine Worte gefügig gemacht. Wieder wedelten Skolnys Finger in der Luft. Der Kellner kam und Skolny bestellte auf Tschechisch eine ganze Flasche.
    »Wo ha-ha-haben Sie das gelernt?«, fragte Stremmel. Und Plotek fragte sich, was gelernt.
    »Hier.«
    »Hier?«
    Stremmel sah sich um.
    »Nein, nicht hier drin. Ich bin hier geboren, in Karlsbad.«
    Stremmel staunte. Plotek auch.
    »D-d-drauf trinken wir!«
    »Prost.«
    Plotek hustete. Stremmel hustete auch. Und Skolny lachte. Plotek merkte, wie der Becherovka langsam wirkte. Das Rote Berlin fing Feuer.
    Dann fing Skolny an zu erzählen. Zuerst ein wenig über Karlsbad und sich: »1945 mussten wir Karlsbad verlassen. Mein Vater, meine Mutter und ich – damals noch ein Hosenscheißer. Wir gingen nach München. Seither war ich nicht mehr hier.«
    Dann über seine Abneigung gegenüber Weihnachten.
    »Konnte ich noch nie was mit anfangen.«
    Sehr sympathisch, dachte Plotek und kurzzeitig zwischen zwei Becherovka wieder an Agnes.
    Während Skolny erzählte, rauchte er ununterbrochen und trank mehr als die anderen beiden zusammen. Er hustete zwischendurch immer wieder und spuckte in sein Taschentuch. Stremmel und Plotek hörten zu. Zuletzt kam Skolny irgendwie auf Schnabel zu sprechen. Eine neue Flasche Becherovka kam.
    »Prost.«
    »Das rentiert sich doch nicht für den Schnabel. Dreihundert Euro für sechs Tage in einem Fünf-Sterne-Hotel. Komplett. Das geht doch für Übernachtung, Essen

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