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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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männlichen Augen.
    »Da kommt schon was zusammen. Immobilien, Geld, Grundstücke, Schmuck.«
    Wie das die Frau Klinkermann bloß alles wusste.
    »Natürlich nur, wenn man glaubt, was sie alles erzählt hat.«
    Für den Glauben ist der Allmächtige zuständig. Und für die Hinterbliebenen, also für Marie-Louise. Die wird sich freuen.
    »Warum sollte sie lügen?«
    Kollektives Nachdenken. Frau Klinkermann schniefte. Herr Stremmel trat wieder von einem Bein auf das andere und Plotek überlegte, wie er sich diesem Treffen langsam aber sicher entziehen könnte. Herr Wilhelm griff in sein Jackett und reichte ihr ein Tempotaschentuch.
    »Danke.«
    Sie schnäuzte sich demonstrativ. Geheuchelte Trauer, dachte Plotek, und schlechte Schauspielerin. Die Widersacherin ist tot, da trauert man nicht wirklich, da fährt man die eigenen Geschütze in Stellung, um die Schlacht um den Angebeteten doch noch zu gewinnen. Wobei es bei der Buhlschaft um von Alten vermutlich weniger um Liebe als um Macht gegangen war. Oder um die Überwindung von Einsamkeit.
    »Wann haben Sie Frau von Ribbenhold eigentlich zuletzt gesehen?«, fragte Herr Wilhelm.
    Zuerst irritierte, dann feindliche Blicke von Frau Klinkermann, als ob Herr Wilhelm ein räudiger Hund wäre und ihr ans Bein pinkeln wollte.
    »Als sie mit Herrn von Alten Hand in Hand das Restaurant verließ«, sagte Frau Klinkermann und zerknüllte das Taschentuch.
    Da klang jetzt aber auch eine Portion Wehmut mit. Und gleichzeitig ein begründeter Funken Hoffnung, weil eines schien sicher: Eine Nebenbuhlerin weniger bedeutete eine Nebenbuhlerin weniger, die ihr auf die Füße trat. Dafür stieß jetzt eine andere zu der kleinen Runde im Foyer mit den schweren Ledersesseln, die nur darauf warteten, eingenommen zu werden. Aber nach Bequemlichkeit stand jetzt niemandem der Sinn. Höchstens Plotek vielleicht, aber der wollte sich auch nicht durch zur Schau gestellte Behaglichkeit verdächtig machen.
    Frau Weller, mit rot unterlaufenen Augen und einem Schnäuztuch in der Hand, begrüßte alle mit einem tief bewegten: »Furchtbar, ganz furchtbar.«
    Kollektives Nicken. Die Totenbeschwörung war jetzt fast schon eine unangemeldete Demonstration. Wider unerlaubtes Sterben.
    Langsam begann dieses rührselige bigotte Trauerspiel Plotek auf die Nerven zu gehen. Einerseits. Andererseits ließ das spontan aufgeführte Schmierentheater tief blicken. Als dann auch noch Schnabel mit schnellen Schritten das Foyer durchquerte, kurz stehen blieb und geheuchelten Optimismus verbreitete, nach der Devise: Alles wird gut!, während er tröstend seinen Schnauzbart streichelte, war Plotek klar: Nichts wie weg hier. Als keine halbe Minute später Heinz und Helga auftauchten, stahl sich Plotek im Rücken der aufgeregt diskutierenden Gruppe davon.
    An der Eingangstür blieb er noch einmal kurz stehen. Der Portier mit dem hängenden Augenlid und der geöffneten Tür in der Hand nickte.
    »Verzeihen Sie, wie komme ich zum Dorotheen-Altan?«
    Der Türsteher schien nachzudenken. Seine Stirn bekam hässliche Falten.
    »Der Pavillon der Verliebten?« Er grinste hinterlistig. »Immer am Goethepfad entlang. Auf Höhe der Kunsthalle liegt der Altan genau gegenüber auf der anderen Straßenseite.«
    Plotek steckte ihm fünfzig Kronen zu. Der Türsteher nickte wieder.

16
    Plotek hatte das Gefühl, dass irgendjemand hinter ihm her war. Und gerade, als er das Gefühl schon fast wieder los war, tauchte ein junger Mann neben ihm auf. Er trug eine Motorradjacke, war höchstens Anfang zwanzig und sah aus wie junge Männer in dem Alter eben so aussehen: durchschnittlich, unscheinbar. Menschen, bei denen man immer glaubt, sie schon einmal gesehen zu haben, auch wenn man genau weiß, das könnte auch jeder andere gewesen sein. Er grinste – das unterschied ihn wiederum von allen anderen. Dieses Grinsen war einmalig. So grinst nur der Page in der weißen Jacke aus dem Hotel, mit dem Marie-Louise vertrauter war, als es Frau von Ribbenhold recht gewesen sein konnte. Der Junge präsentierte Plotek die komplette obere Zahnreihe. Das Grinsen wirkte jetzt nicht nur völlig unnatürlich, sondern passte auch gar nicht zum äußeren Erscheinungsbild des Jungen. Die weiße Jacke des Pagen konnte er ablegen, das implantierte Grinsen offenbar nicht. Spuren jahrelanger Hoteltätigkeit.
    »Halten Sie sich da raus«, sagte der junge Mann ganz leise im Gehen vor sich hin, dass Plotek gut zuhören musste, um überhaupt etwas zu verstehen.
    Raushalten?

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