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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Woraus?, dachte Plotek, sagte aber nichts, sondern ging einfach weiter. Meistens ist es besser, nichts zu sagen – altes Plotek-Prinzip. So erfährt man am Ende mehr, als wenn man dem Gegenüber Löcher in den Bauch gefragt hätte. Ploteks Devise: Schweigen provoziert Worte. Auch der junge Mann hielt sich daran. Er ging neben Plotek her und sprach, noch immer ohne Plotek anzuschauen, leise vor sich hin.
    »Wenn Sie Ihre Nase weiter in fremde Angelegenheiten stecken kann sie Ihnen noch abhanden kommen. Nicht nur die Nase. Ich warne Sie. Das hier ist eine Nummer zu groß für Sie. Hören Sie auf herumzuschnüffeln.«
    Es entstand eine kurze Pause, beide gingen schweigend nebeneinander her.
    »Ich sage das nicht, um Ihnen Angst zu machen. Ich sage das, um Sie zu schützen.«
    Blödsinn, dachte Plotek. Der sagt das höchstens, um sich selbst zu schützen, und weil er was will. Soll heißen, ganz neue Situation jetzt, also auch ganz neue Herangehensweise. Quasi Improvisation. Folge: Plotek warf sein Prinzip über den Haufen.
    »Vor wem?«, fragte er.
    Der junge Mann sah ihn erstaunt an. Entweder er hatte mit dieser Frage nicht gerechnet oder er war nicht gewillt, sie zu beantworten. Vielleicht hatte er die Antwort aber auch gar nicht.
    »Der Direktor vom Grandhotel ist ein freundlicher Mann«, sagte Plotek, während sie weiter nebeneinander hergingen.
    Der Junge erschrak.
    »Er hat ein schönes Büro, eine schöne Sekretärin und am liebsten wenig Ärger. Ich verstehe das, Sie auch?«
    Der Junge guckte, als ob er Schlimmes ahnen würde, aber nichts verstehen wollte. Das Grinsen blieb. Und als ob ihm jetzt die Antwort plötzlich siedend heiß eingefallen wäre, sagte er: »Vor den Männern in den Pelzmänteln.«
    Davon gibt es in Karlsbad viele, dachte Plotek. Das muss schon noch genauer gehen. »Der Direktor liebt sein Hotel. Er tut alles, dass es keine Beschwerden gibt. Keine Klagen. Dafür braucht er tadelloses Personal.«
    Der Junge zuckte zusammen.
    »Aber was heißt schon tadellos?« Plotek machte eine kurze Pause. »Da hat jeder eine andere Sicht.«
    Wieder Pause, wieder Nachdenken.
    »Der Direktor meint: Freundlichkeit, Ergebenheit und Ehrlichkeit gehören dazu.«
    Pause.
    »Was meinen Sie?«
    Der junge Mann nickte.
    »Was glauben Sie, wer nicht zu den Tadellosen im Hotel gehört?«
    Wieder Pause. Jetzt sah der Junge aus, als ob er überhaupt nicht nachdenken müsste. Er tat sich mit der Antwort dennoch schwer. Erst als Plotek die Pause immer weiter dehnte und den Anschein erweckte, als ob er bis ans Ende der Welt auf die Antwort warten könnte, räusperte sich der Junge. Das schien ihm dann doch zu lange zu dauern. Und sagte leise und kaum verständlich: »Vaclav.«
    Na, das ist doch schon mal etwas konkreter, dachte Plotek, und: Sicher verrät er mir auch noch, wer dieser Vaclav ist. Er selbst vielleicht?
    »Sie haben Recht, Nasen steckt man nicht in fremde Angelegenheiten«, sagte Plotek. »Nasen steckt man in Türschlösser. Wenn man keine Chipkarte hat. Und ohne umzudrehen, springen sie auf.«
    Der Junge wurde rot. Das Grinsen stand noch immer in seinem Gesicht. Das irritierte Plotek ein wenig. Der Junge blieb stehen. Plotek auch. Während sich Plotek eine Zigarette ansteckte, sagte der Junge: »Der Kofferträger. Vaclav ist der Kofferträger, der Portier. Er ist gefährlich, weiß alles und hat überall seine Finger im Spiel.«
    Der blasse ältere Mann mit dem hängenden Augenlid, dachte Plotek. Einer, der ganz unten in der Hierarchie des Grandhotels steht, soll die Strippen ziehen? Karl Dali für Arme die Schaltstelle krimineller Machenschaften? Der Türsteher nur Tarnung für eine verbrecherische Identität? Der lügt doch, der Rotzlöffel.
    »Wie lange bist du schon im Grandhotel?«
    Mit dieser Frage hatte der Junge offenbar nicht gerechnet. Mit dem verschärften Ton von Plotek auch nicht. Und der Wechsel vom Sie zum du bereitete ihm ebenfalls Kopfzerbrechen. Er schien nachzudenken.
    »Zwei Jahre.«
    »Fühlst du dich wohl hier?«
    »Ja.«
    »Willst du noch länger bleiben?«
    »Ja.«
    »Meinst du, der Direktor will das auch?«
    »Ich glaube schon.«
    »Und wenn ich ihm sage, dass deine Nase Schlösser öffnet?«
    »Dann nicht.«
    »Wen trifft Ferdinand Schnabel heimlich?«
    »Gefährliche Männer in Pelzmänteln.«
    »Warum?«
    »Schmuggel.«
    »Was?«
    »Keine Ahnung.«
    Plotek warf die Zigarette auf den Boden und trat mit der Fußspitze drauf.
    »Marie-Louise!«
    Ah, daher weht der Wind, dachte

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