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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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sich gelegt haben könnte? Ist das Grandhotel womöglich ein beliebter Ort, um lang Geplantes endlich hinter sich zu bringen? Quasi, ein suizidales Ostern? Das ganze Jahr über, auch an Weihnachten? Himmelfahrt mit Startrampe Grandhotel? Nach dem Motto: Im Luxus stirbt es sich schöner. Vielleicht. Vielleicht war aber auch Weihnachten an allem schuld. Daran, dass die Menschen den Kopf verloren und die Hotelgäste plötzlich wie die Fliegen starben. Könnte ich mir gut vorstellen, dachte Plotek. Stremmel nicht. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund, als wollte er solche Gedanken erst gar nicht auf sich zukommen lassen. Doch ehe er etwas sagen konnte, stand schon Herr Wilhelm neben ihnen. Und schon ist Stremmel wieder gänzlich verstummt. Also doch nicht fehlende Scheu, vielmehr persönliches Vertrauen zu ihm, Plotek, dachte Plotek, das ihm ungehemmteres Reden ermöglichte.
    »Das ist doch der Wahnsinn mit der Frau von Ribbenhold«, sagte Herr Wilhelm und zuckte ganz aufgeregt mit der Hasenscharte. »Also, wenn Sie mich fragen . . .« Dich fragt aber niemand, dachte Plotek. Herr Wilhelm fügte trotzdem hinzu: ». . . also wenn Sie mich fragen, geht das doch nicht mit rechten Dingen zu!«
    Als ob der Tod sich jemals an Recht und Ordnung gehalten hätte, dachte Plotek, und seine Gedanken schweiften ab. Ganz kurz, ganz weit. Man denke nur an rechts vor links, Straßenverkehr jetzt. Wie oft fährt sich da ein Verkehrsteilnehmer den Schädel zu Brei, nur weil der Sensenmann sich weder an Verkehrsregeln hält, noch sich von Ampeln aufhalten lässt. Für den Autofahrer bedeutet das: alles richtig gemacht und trotzdem tot. So ist das Leben – und irgendwann mal ist es zu Ende. Zurück bleibt ein Kopfschütteln der Hinterbliebenen. Und natürlich der Allmächtige, der immer dann auftaucht, wenn’s zu spät ist, wenn die Karre schon im Dreck liegt. Herausholen tut er sie auch nicht, dafür hat er immer klugscheißerische Ratschläge parat, aus dem Mund von Pfarrer Thanwälder zum Beispiel. Dann doch lieber sehenden Auges und ohne Thanwälder ins Verderben, sinnierte Plotek. Und schon war er wieder in der Kindheit. Jetzt schüttelte auch er sich wie ein nasser Hund. Und mit ihm Herr Wilhelm.
    »Vor ein paar Stunden erst habe ich Frau von Ribbenhold noch mit Herrn von Alten turteln gesehen. Und dann ist sie plötzlich tot. Wenn Sie mich fragen, meine Herren, da stimmt doch was nicht, oder?«
    Herr Wilhelm kratzte sich am Ellenbogen und Plotek spürte ebenfalls ein Jucken unterm Hemd. Korbinian Stremmel guckte betreten und trat von einem Bein auf das andere, als ob er aufs Klo müsste. Oder langes Stehen mit dem Holzbein nicht gewohnt wäre.
    Plotek machte: »Hm!«
    Und alle drei dachten nach.
    Herr Stremmel und Herr Wilhelm darüber, was nicht stimmen könnte. Plotek an etwas ganz anderes, nämlich daran, wo Silke Klein denn steckte. Seit er sie das letzte Mal getroffen hatte, war jetzt auch fast schon wieder ein ganzer Tag vergangen. Eigentlich war sie nie zu sehen. Morgens beim Frühstück nicht, beim Mittagessen nicht und auch den ganzen Tag über nicht. Ähnlich wie Schnabel. Ob sie auch anderen Geschäften nachging? Aber was für Geschäften kann eine Blinde schon nachgehen? Keine Ahnung, dachte Plotek und hörte das Ge-rausch von Absätzen, die zackig auf den Boden knallen, als wären es Pistolenschüsse. Frau Klinkermann bog um die Ecke und blieb bei Plotek, Stremmel und Wilhelm stehen. Jetzt wurde das Ganze fast schon zu einer Vollversammlung, Thema: Totenbeschwörung. Frau Klinkermann ergriff auch sogleich das Wort.
    »Ich verstehe das alles nicht. Das ist so traurig, so furchtbar traurig.«
    Für so viel Unverständnis und so viel Trauer sah sie noch recht gefasst aus. Plotek glaubte sogar hin und wieder ein kurzes Leuchten in ihren Augen zu erkennen. Ein Leuchten, wie es bei Betroffenen selten vorkommt. Eigentlich nie. Vielleicht hatte das Schimmern mit klammheimlicher Freude über Skolnys Tod zu tun. So wurde ihr toter Zwerghase doch noch gerächt, zumindest in den kurzzeitig aufleuchtenden Augen von Frau Klinkermann.
    »Die arme Marie-Louise«, sagte Herr Wilhelm, um das Leid ein bisschen zu verteilen. Aber denkste.
    »Ha! So arm ist die auch wieder nicht«, behielt Frau Klinkermann das an sich gerissene Leid ganz für sich. »Sogar reicher als zuvor.«
    Große Augen der Vollversammlung.
    »Na ja, die erbt doch den ganzen Plunder von der Oma.«
    Was? Jetzt Großbuchstaben mit ganz vielen Fragezeichen in den

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