Schoene Bescherung
und band sich das Handtuch um den dicken Bauch.
Jetzt muss man wissen, das Plotek im Allgemeinen große Probleme mit Lebenssituationen hatte, in denen er keine lange Hose und festen Schuhe tragen konnte. Sogar im Sommer trug Plotek Cordhose und Mokassins. Ganz selten ein T-Shirt. Nie kurze Hosen oder Sandalen. Menschen in kurzen Hosen konnte Plotek nicht ernst nehmen. Menschen in kurzen Hosen und Sandalen waren für Plotek einfach nur lächerlich. Besonders Männer. Noch mehr Probleme hatte Plotek, wenn’s speziell wurde. Soll heißen, alles was nur nackt oder dürftig bekleidet auszuüben war, bereitete ihm Kopfzerbrechen. Schwimmen war ihm unerträglich. Saunen undenkbar, im Prinzip. Erstens wegen der Hitze, zweitens wegen der Nacktheit. Nicht, dass er nicht gerne Nackte angeguckt hätte – das eigentlich schon. Nur, wenn die Nackten so aussahen wie er selbst, dann eher nicht. Plotek zeigt sich nicht gerne nackt. Jetzt auch nicht. Das Einzige, was seine Bedenken etwas relativierte, war, dass Silke nichts sehen konnte – weder ihn, noch wie er sie sieht. Verspricht also hemmungsloses Gucken ohne ertappt zu werden, dachte Plotek und sagte »Meinetwegen«, als Silke ihn am Nachmittag auf seinem Zimmer anrief und vorschlug, am Abend gemeinsam saunen zu gehen.
Das Relaxations-Center war mit warmem Licht indirekt beleuchtet. Mehrere Säulen und Fliesen in sandigen Farbtönen an Wänden und auf dem Boden sollten den Eindruck vermitteln, der Besucher wäre hier in einer ganz anderen Zeit angekommen. Silke Klein war noch nicht da. Sonst auch niemand. Plotek war allein. Er setzte sich auf einen der weißen Liegestühle, die in der Säulenhalle standen, und wartete. Der Whirlpool blubberte vor sich hin. Plotek wurde müde. Die Augen fielen ihm zu. Er schlief ein. Und träumte. Was er träumte und wie lange er träumte, wusste er danach nicht mehr. Dass es stark mit Erotik in Zusammenhang stand, erkannte er, kurz nachdem er die Augen wieder aufgeschlagen hatte, an der Wölbung seines Handtuchs, das über seinem Schambereich lag. Vorher erkannte er aber noch etwas ganz anderes. Plotek öffnete die Augen und sah Haare vor sich, blond und zu einem dünnen, wenige Zentimeter breiten Streifen rasiert – ganz dicht, fast auf Augenhöhe. Er erschrak. Es war Schambehaarung. Blonde Schambehaarung. Gibt’s selten, dachte er und dann an die versauten Sekretärinnen aus dem Pay-TV. Aber falsch gedacht. Das waren nicht die Sekretärinnen, die da zur Schambehaarung gehörten, das war Silke Klein, die jetzt auffällig freizügig vor ihm stand. Wie sie diese akkurate Rasur bloß hingekriegt hatte, dachte Plotek. Vielleicht Helfer? Freund? Mann? Unwahrscheinlich, da die Rasur noch ziemlich frisch war. Das sah er an den roten Pusteln. Silke Klein lachte.
»Müde?«
»Jetzt nicht mehr.«
»Schön geträumt?«
Augenblicklich war die Wölbung unter dem Handtuch verschwunden. Plotek stand auf und erkannte neben der nackten Silke Klein, die noch immer ihre Sonnenbrille trug, eine Frau ganz in Weiß.
»Also, in einer halben Stunde«, sagte die, und: »Kommen Sie zurecht?«
»Ja«, antwortete Silke Klein und zeigte mit der Hand in Richtung Plotek. »Ich komme dann zu Ihnen.«
Die Frau in Weiß ging und Silke Klein hakte sich bei Plotek
ein.
»Gehen wir.«
In der finnischen Sauna war außer den beiden niemand. Silke setzte sich auf das Handtuch. Plotek setzte sich daneben, das Handtuch auf dem Schoß, und starrte vor sich hin.
»Heiß hier.«
»Ja.«
»Wie viel Grad?«
»Neunzig.«
»Drehst du die Sanduhr um?«
»Ja.«
»Zwanzig Minuten?«
»Meinetwegen«, sagte Plotek, allerdings nur, wenn sie solange den Mund hält. Aber denkste.
»Marie-Louise ist abgereist«, sagte Silke, noch ehe die ersten Sandkörner rieselten. »Die Obduktion hat zweifelsfrei ergeben, dass Frau von Ribbenhold eines natürlichen Todes gestorben ist.«
»Wie wissen Sie das?«
»Sie?« Silke Klein lächelte.
»Du.«
»Ich habe Erkundigungen eingeholt. Gegen genügend Kronen bekommt man hier alle Informationen frei Haus geliefert.«
Plotek fing an zu schwitzen. Langsam löste er sich in Flüssigkeit auf. Er starrte erwartungsvoll auf die Sanduhr. Die Zeit schien nicht vergehen zu wollen.
»Ich leg mich hin.«
Plotek rutschte zur Seite und Silke brachte ihren Körper eine Etage tiefer auf die Bretter in die Horizontale. Jetzt konnte Plotek sie, wenn er wollte, aus dem Augenwinkel heraus genau betrachten. Er wollte. Er verdrehte die Pupillen und sah
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