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Schöne Khadija

Schöne Khadija

Titel: Schöne Khadija Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Cross , Tanja Ohlsen
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in England. Warum haben sie sich ausgerechnet ihn ausgesucht?«
    Abdi sah mich an.
    Ich sah Abdi an.
    Suliman griff wieder zu seiner Tasse und trank ganz langsam von dem Tee. Er wartete darauf, dass wir redeten. Aber was sollten wir ihmsagen? Wenn wir ihm von Sandy erzählten, würde sich unsere einzige Hoffnung auf das Geld in Luft auflösen.
    Als die Tasse leer war, stellte Suliman sie ab und sah Abdi an. »Ihr dürft nicht den Fehler machen, zu glauben, die Menschen in Somalia seien dumm«, sagte er leise. »Dort ist kein Platz für Dummheit. Die Dummen sind alle schon vor langer, langer Zeit gestorben. Keiner überlebt, wenn er nicht clever ist.«
    Seine Augen glitzerten wie schwarze Käfer in der Sonne. Als er mich wieder ansah, hatte ich das Gefühl, er blicke in mein Herz.
    »Dein Bruder ist nicht von Dummköpfen entführt worden«, erklärte er. »Du kannst davon ausgehen, dass sie über dich Bescheid wissen. Sie wissen, dass du mit einem Hambaar nach England gekommen bist, um eine gute Ausbildung zu bekommen und dass du kein richtiges Geld verdienen wirst, bis du damit fertig bist. Trotzdem haben sie sich diesen Moment ausgesucht, um deinen Bruder zu kidnappen. Es muss einen Grund dafür geben.«
    Ich sah zu Boden. »Keinen, den sie kennen könnten.«
    »Und was ist das für ein Grund, den sie nicht kennen können?«, wollte Suliman wissen.
    »Da ist etwas …«, sagte Abdi langsam. »Aber es ist ein Geheimnis. Und wenn es kein Geheimnis mehr ist, dann wird es nicht eintreffen.«
    Suliman stand auf und ging durch das Zimmer. Er stellte sich mit dem Rücken zu uns und sah aus dem Fenster. Dann sagte er sehr leise: »Ich glaube, ihr könnt mir euer Geheimnis anvertrauen. Was glaubt ihr, wer das Telefon wieder in deine Tasche hat stecken lassen?«
    Abdi zuckte spürbar zusammen. Als ich ihn ansah, drückte sein Gesicht zwar den Schrecken aus, aber auch noch etwas anderes. Er begann zu glauben, dass Suliman etwas bewirken konnte.
    Ich hoffte, dass er recht hatte. »Ich habe einen Job angeboten bekommen«, erzählte ich. »Da ist eine berühmte Modedesignerin namens Sandy Dexter …«
    Suliman drehte sich nicht um, sondern deutete nur mit einer Kopfbewegung an, dass er wusste, wer das war.
    »Und sie hat mir einen Job angeboten.« Ich holte tief Luft. »Sie möchte, dass ich für sie als Model arbeite und einige ihrer Kleider in ihrer Show trage.«
    Es war das erste Mal, dass ich darüber gesprochen hatte, und die Worte laut auszusprechen ließ mich erst erkennen, was für eine große Sache Abdi und ich angefangen hatten. Ich begann zu zittern und erwartete einen Haufen wütender Fragen. Wieso glaubst du, du könntest dieser Frau vertrauen? Will sie, dass du kurze Röcke trägst und deinen Kopf entblößt? Woher willst du wissen, dass sie überhaupt Sandy Dexter ist?
    Aber Suliman stellte keine Fragen. Er sah einen Augenblick lang weiter aus dem Fenster, dann drehte er sich um und sagte: »Deshalb haben sie deinen Bruder gekidnappt. Ich weiß nicht, was diese Frau dir angeboten hat, aber bei dieser Art von Mode geht es um viel Geld. Warum bittest du sie nicht um Hilfe?«
    »Das können wir nicht«, erklärte Abdi. »Nicht, ohne ihr zu sagen, dass die Entführer das Geheimnis kennen.«
    »Ich weiß nicht, woher sie es wissen«, warf ich verzweifelt ein. »Ich habe es niemandem gesagt. Und ich muss dieses Geld verdienen …«
    »Reg dich nicht auf«, sagte Suliman, doch er war mit seinen Gedanken gar nicht bei mir. An seinem Blick sah ich, dass er sich auf etwas anderes konzentrierte. »Vielleicht könnt ihr mit Sandy Dexter nicht darüber reden, aber sie ist immer noch der Schlüssel dazu. Seht ihr sie in nächster Zeit?«
    »Das ist noch ein anderes Problem«, gab ich hoffnungslos zu. »Sie möchte sich mit uns am Sonntag um vier Uhr treffen – und wir sollen unsere Eltern mitbringen. Aber ich glaube nicht, dass Maamo …«
    Plötzlich hob Suliman den Kopf und seine Augen blitzten – wie die von meinem Onkel, wenn er Wolken entdeckt, die Regen bedeuten. Er kam zurück und setzte sich neben uns.
    »Erzählt Abdis Mutter lieber nichts davon«, meinte er aalglatt. »Sagt ihr nur, dass dein Bruder entführt wurde, Khadija, und dass ich versuchen werde, dir zu helfen. Und dann ruft ihr Sandy Dexter an und sagt ihr, dass ihr mit eurem Vater kommt.«
    Abdi verstand sofort. »Cool!«, fand er.
    Suliman stand auf und öffnete die Tür. »Ich hole euch um Viertel nach drei ab. Seht zu, dass ihr fertig seid.«
    Abdi

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