Schöne Khadija
modefreie Zone sein«, erinnerte er sie fröhlich. »Wisst ihr, das hier ist Freyas Geburtstag.«
Er versuchte sein Bestes, die Party wieder in Schwung zu bekommen, und fast wäre es ihm auch gelungen. Merry riss sich zusammen und gab ihre beste Vorstellung einer gut gelaunten Patin und Sandy erzählte eine lustige Geschichte von Vivienne Westwood, die ich noch nie gehört hatte. Aber nichts konnte die plötzliche Kühle aus dem Raum vertreiben.
Ich starrte Spikes Glas an. Tot oder nicht, war er mir heute noch der angenehmste Gesellschafter.
Trotz Dads Bemühungen, die Konversation am Laufen zu halten,erstarben die Gespräche schließlich. Um drei Uhr wurde Sandy geradezu unausstehlich und sie versuchte nicht einmal mehr, über irgendwelche Witze zu lachen. Auch Merry gab schließlich auf und schlug sich die Hand vor den Mund.
»Ich glaube, ich werde senil!«, rief sie. »Mir ist gerade eingefallen, dass ich noch etwas im Büro regeln muss!«
Dad runzelte die Stirn. »Merry, du musst doch nicht …«
Merry schenkte ihm ein breites, falsches Lächeln. »Es herrscht Hochbetrieb!«, meinte sie leichthin. »Die Modewelt schläft nie. Bis dann, meine Lieben!«
Sie schob den Stuhl zurück und zielte mit ein paar Küssen auf Mum und Dad. Ich ging mit ihr zur Tür, um sie zu verabschieden, und als sie die Jacke anzog, beugte sie sich vor und flüsterte: »Sandy sieht sehr dünn aus. Steht sie stark unter Druck?«
»Es geht ihr gut«, antwortete ich fest. Sandy stand immer unter Druck. Sie mochte das. Das wusste Merry genauso gut wie ich.
»Probleme mit der Kollektion?« Merrys Stimme klang scharf wie ein Skalpell, das sich durch meine Haut zu bohren versuchte.
Ich machte die Tür auf. »Es ist alles in Ordnung, Merry. Wirklich. Ich weiß, dass es schwer ist für Siobhan …«
»Ach, das …« Merry wedelte abwehrend mit der Hand, als wären Siobhans Wutanfälle nebensächlich. »Siobhan kann schon für sich selbst sorgen. Nein, ich mache mir nur Sorgen. Aber wenn du weißt, dass alles in Ordnung ist …?« Sie hob die Augenbraue und kurz bevor die Frage unangenehm lange in der Luft stand, gab sie mir einen flüchtigen Kuss und entschwebte.
Ich wollte genauso gerne eine Erklärung haben wie sie. Sobald sie weg war, marschierte ich zum Tisch zurück.
»Und?«, fragte ich zornig.
Sandy machte große Augen. »Du weißt, dass ich es ihr nicht sagen konnte, Freya. Du weißt , warum es ein Geheimnis bleiben muss.«
»Aber du musstest es doch nicht auf diese Art und Weise tun, du hast sie förmlich rausgeschmissen«, behauptete ich. »Warum?«
Sandy stand auf. »Sie konnte nicht länger hierbleiben. Qarsoon bringt ihren Vater hierher. Es ist ein sehr wichtiges Meeting.«
»Was??«, rief Dad.
Sandy sah ein wenig schuldbewusst drein. »Ich wollte nicht, dass sie jemand in meine Wohnung gehen sieht. Ich wollte es dir eigentlich sagen, David.«
»Wie konntest du dich nur jetzt mit ihnen verabreden?«, fragte ich.
Sandy verzog das Gesicht. »Es war nicht meine Absicht, es heute zu tun. Aber ich hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, sie noch zu finden. Als dann Abdi angerufen hat …«
»Da hast du schlicht vergessen, dass heute meine Geburtstagsfeier ist«, warf ich ihr vor. »Stimmt’s?«
Sandy seufzte. Und dann nickte sie. »Ich mache es wieder gut, Freya, das verspreche ich dir. Aber ich muss diese Show arrangieren, verstehst du?«
»Oh ja, ich verstehe vollkommen«, erklärte ich, rannte in mein Zimmer und knallte die Tür hinter mir zu.
So schnell ich konnte, zog ich die schicken Schuhe und das Kleid aus, das Dad mir gegeben hatte, und ließ es achtlos auf den Boden fallen. Dann zog ich Jeans und T-Shirt an und steckte die Füße in die ältesten Turnschuhe, die ich finden konnte.
Als ich die Tür wieder aufmachte, war der Tisch abgeräumt und Sandy und Dad waren in der Küche und spülten die Gläser. Ich sah, dass Dad wütend war, aber nicht wütend genug, um ihr zu verbieten, das Treffen in seiner Wohnung abzuhalten.
»Ich gehe weg«, erklärte ich.
»Das musst du nicht«, meinte Sandy und legte das Handtuch weg. »Wenn du bleibst …«
Doch ich wollte gar nicht hören, was sie zu sagen hatte, sondern marschierte einfach hinaus und ging die Treppen hinunter, ohne auf den Lift zu
warten. Es war egal, wohin ich ging, ich wollte einfach nur laufen.
M ahmoud schlief im Dunkeln, als plötzlich die Tür aufging. Er setzte sich ruckartig auf und starrte den hellen Lichtfleck an, noch bevor er richtig
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