Schöne Khadija
Sandy sehr anspruchsvoll sein kann.«
»Sandy ist hier?«, fragte Amina, als könne sie es gar nicht glauben.
David grinste. »Kommen Sie, ich stelle sie Ihnen vor.«
Sandy war nicht nur in der Wohnung, sie hatte sie geradezu übernommen. Das Wohnzimmer war mit Lichtern und Wandschirmen für die Fotos bereit gemacht und sie hatte Davids Schlafzimmer zum Umkleideraum umfunktioniert. Dort stand ein großer Kleiderständer mit den Sachen, die ich anziehen sollte und sie suchte geschäftig darin herum.
Amina ging direkt ins Schlafzimmer, um Sandy zu begrüßen und diese hob den Kopf und lächelte sie an.
»Sie müssen Khadijas Mutter sein.«
»Es freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Amina eifrig. »Ich liebe Ihre Mode.« Sie warf einen Blick an Sandy vorbei auf die Kleider am Ständer – und ihr Lächeln erstarrte.
Sandy grinste noch breiter. »Haben Sie geglaubt, ich würde Ihre Tochter in Ballonröcke und Etuikleider stecken? Bei Mode geht es immer um Veränderung, verstehen Sie?«
»Besonders bei deiner«, erklärte David trocken, als er den Kopf zur Tür hereinsteckte.
Sandy zog ihm eine Grimasse. »Geh weg«, verlangte sie. »Hier darf niemand herein außer mir und Qarsoon und …?«
»Amina«, stellte diese sich vor. Höflich lächelte sie David an. »Vielleicht kann Abdi Ihnen da draußen helfen?«
»Vielleicht möchte Abdi einen Kaffee?«, grinste David ihn an. »Wir sollten uns eine Pause gönnen, solange es noch geht.« Er schloss die Tür und Sandy zog einen Kleiderbügel vom Ständer.
»Sollen wir damit anfangen?«
Ich nickte, ohne genau hinzusehen. Was für eine Rolle spielte es schon, welche Kleider ich trug? Dies alles tat ich für Mahmoud, nicht meinetwegen. Ich begann, meine schwarzen Sachen auszuziehen, aber Sandy schüttelte heftig den Kopf.
»Es ist einfacher, wenn wir das für dich tun. In Ordnung, Amina?«
»Natürlich«, strahlte Amina begeistert.
Ich stand einfach still da, während die beiden um mich herumliefen und hefteten und knöpften wie Frauen, die eine Braut für ihre Hochzeit vorbereiten. Sie legten mir nicht nur Kleider an. Das lange Gewand musste mit Nadeln gehalten werden, damit es genau richtig fiel. Die Schuhe mussten mit Papier ausgelegt werden, damit sie mir passten, und mein Haar wurde zu einem festen Knoten zurückgebunden.
Dann schminkte Sandy meine Augen.
»Normalerweise würde ich einen Profi für so etwas holen«, erklärte sie mir, als sie die Farben auswählte. »Aber wir wollen nicht, dass noch jemand dein Gesicht sieht, deshalb mache ich es selbst. Aber wir halten es möglichst schlicht.«
Möglichst schlicht bedeutete schwarze Linien um meine Augen und dunkelroter Lidschatten auf meinen Lidern. Ich konnte ihn spüren wenn ich blinzelte.
Sandy zog mir den Hiyab über den Kopf und band den Schleier zurecht. Dann trat sie zurück und sah mich mit schief gelegtem Kopf an.
»Wow!«, machte Amina. »Das ist ja wundervoll!«
Als ich mich umdrehte, um mein Spiegelbild zu sehen, stockte mir einen Augenblick lang der Atem. Was ich sah, war eine goldene Säule. Wenn ich mich bewegte, glitzerte das Licht auf meinem Körper wie Wasser, so fragil wie eine Luftblase. Durch den Schlitz in dem goldenen Schleier wirkten meine Augen dunkel wie die Nacht, die dem Sonnenuntergang folgt.
»Fangen wir an«, meinte Sandy.
David hatte recht gehabt, als er mich gewarnt hatte, dass es schwere Arbeit sein würde. Drei Stunden lang stand, lag, lief und saß ich und tat alles, was er mir befahl, so gut wie ich es konnte. Zweimal wechselte ich die Kleider und jedes Mal waren die Posen anders.
»Das ist gut«, sagte er ständig leise. »Du bist sehr gut, Khadija.« Aber ich wusste, dass er mich gar nicht ansah. Hier ging es nur um Qarsoon. Sie war ein Bild, das wir zusammen erschufen und dabei spielte jeder von uns seine Rolle.
Ein- oder zweimal murmelte Sandy eine Frage oder gab eine Anweisung, aber meist saß sie nur ganz still und konzentrierte sich. David antwortete kaum einmal, wenn sie etwas sagte, aber ich sah, dass sie die ganze Zeit zusammenarbeiteten. Und ich gehörte dazu.
Amina saß daneben und sah fast ohne zu blinzeln zu, während Abdi in der Küche verschwand. Ich glaube, die meiste Zeit sah er fern, aber ungefähr jede Stunde kam er mit Kaffee und Keksen heraus.
Ich hätte nicht gedacht, wie hungrig es mich machte, mich nur fotografieren zu lassen.
Schließlich nickte David und legte seine Kamera beiseite. »Das war’s«, meinte er. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher