Schöne Khadija
Wirklichkeit eine böse Hexe ist. Ich schnitt ein großes Stück Kuchen ab und ließ es auf ihren Teller plumpsen.
»Hast du schon mal etwas von Ablenkungsmanövern gehört?«, fragte ich zuckersüß, was mir einen Lacher von den Mädchen eintrug.
Merry nickte, wie um zu sagen Gut pariert! , aber ich sah, dass sie mir kein Wort glaubte. Ich nahm noch ein Scone und biss kräftig hinein, um den Mund voll zu haben. Wenn sie mich mit Fragen bombardieren wollten, brauchte ich Zeit zum Überlegen.
Doch es gab keine weiteren Fragen. Stattdessen sah Merry über meine Schulter hinweg und strahlte. »Tony! Du hast es geschafft!«
Hinter mir erklang eine bekannte, ölige Stimme. »Merry – Schätzchen – wann habe ich dich je im Stich gelassen? Du weißt doch, dass du mir die liebste Frau auf der ganzen Welt bist!«
Es war Tony Morales, der lästigste, affektierteste, schleimigste Fotograf der Welt. Hauptsächlich ist er Modefotograf, er ist sich aber auch nicht zu schade, Schnappschüsse von Berühmtheiten an die Boulevardpresse zu verhökern, wenn er die Gelegenheit sieht, Geld zu machen. Alles an ihm ist ekelhaft – bis auf die Bilder, die er macht. Mindestenszwei der Mädchen hier verdankten ihre Karriere den ausgezeichneten Fotos von Tony Morales.
»Überraschung!«, zwitscherte Merry und strahlte mich an. »Das ist ein kleines Extra-Geburtstagsgeschenk für dich, Freya-Schätzchen! Tony wird dich fotografieren!«
Ich hatte keine Chance, zu flüchten. Die Mädchen drängten sich so dicht um mich, dass ich kaum noch atmen konnte, und Tony kniff die Augen zusammen und sah zum Licht hinauf. Dann begann er herumzutänzeln, sich erst auf den Boden zu hocken und dann aufs Sofa zu springen.
»Es ist der Winkel«, säuselte er. »Du weißt, ich muss den richtigen Winkel finden. Und vielleicht ein paar winzige Veränderungen …« Er schoss vor, zupfte am Ausschnitt meines Kleides und schob mir mit den Fingern den Pony beiseite. » Viel besser. Und jetzt alle nach links sehen – und an Schokoladenkuchen denken!«
Alle Gesichter um mich herum nahmen einen verklärt sehnsüchtigen Ausdruck an und Tony machte sich gerade bereit, sein Foto zu schießen, als mein Telefon klingelte.
Ich musste mich seitwärts winden, um es aus der Tasche nehmen zu können. Als ich den Anruf annahm, taten alle so, als würden sie beiseitesehen, aber ich spürte, dass sie begierig zuhörten, in der Hoffnung, dass es Sandy war und dass sie einen Hinweis auf die mysteriöse Qarsoon bekämen.
Aber sie hatten Pech. Es war Dad.
»Wo bist du?«, fragte er. »Ich dachte …«
Ich unterbrach ihn, bevor er etwas verraten konnte.
»Hi Dad! Ich bin im Bensons!«
» Wo bist du?«
Wieder musste ich schnell überlegen. Mit albern aufgeregter Stimme sprach ich weiter und hoffte, dass er verstand. »Merry hat eine ganz tolle Teeparty arrangiert. Mit Siobhan und Lorelei und … einfach allen! Und Tony Morales ist hier, um mich zu fotografieren! «
Dad verstand sofort. Er brüllte praktisch ins Telefon: »Hast du vergessen,dass du hier sein solltest? Ich will, dass du in zwanzig Minuten zu Hause bist!«
Dann legte er sofort auf und ich steckte mein Telefon weg und versuchte, verlegen dreinzusehen. »Es tut mir leid, aber ich muss jetzt gehen.«
Aber so leicht lässt sich Merry nicht ihre Pläne ruinieren.
»Keine Sorge, Schätzchen«, erklärte sie gelassen. »Tony kann dich nach Hause fahren, nicht wahr, Tony? Ich lasse seinen Wagen vorfahren, dann braucht er nur fünfzehn Minuten.« Sie nickte einem Kellner zu, damit er dafür sorgte, und klatschte in die Hände. »Wenn ihr euch beeilt, ist immer noch Zeit für das Foto. Schokoladenkuchen, Mädchen!«
Alle Models wandten gehorsam die Köpfe und setzten wieder den sehnsüchtigen Gesichtsausdruck auf. Ich sah einfach nur geradeaus, bis Tony das Foto geschossen hatte, und sprang dann auf, um lächelnd und mit vielen Dankeschöns meine Sachen zusammenzusuchen.
Lorelei hatte mir eine von diesen riesigen Taschen von Jennifer Chan geschenkt, in die ich alles andere hineinpackte. Dann begann ich, Abschiedsküsse zu verteilen und mich rückwärts zurückzuziehen. Als ich endlich die Tür der Lobby erreicht hatte, eilte ich hindurch und ließ dem Portier kaum Zeit, mir die gläserne Tür aufzuhalten.
Den ganzen Weg nach Hause versuchte auch Tony, mich dazu zu bringen, irgendetwas über Qarsoon zu sagen. Offensichtlich war das der ganze Sinn und Zweck dieser Teeparty gewesen. Merry wollte unbedingt
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