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Schöne Lügen: Roman (German Edition)

Schöne Lügen: Roman (German Edition)

Titel: Schöne Lügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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sich nie mehr als ein paar Tage Urlaub geleistet. Ihre Angestellten hatte sie gut ausgebildet, sie würden auch ohne sie übergangsweise zurechtkommen. Und wenn man die Probleme bedachte, die sich manchmal im Zuge einer Modenschau ergaben, so waren sie doch unbedeutend und oberflächlich, verglichen mit denen, die ihr Bruder und seine Frau bewältigen mußten.
    War es die Trennung von Bart, die sie zögern ließ, Melanie ihre Hilfe anzubieten? Er würde sehr verstimmt sein, wenn sie in San Francisco blieb. Er würde bitten und betteln, daß sie nach Hause kam, aber am Ende würde er sie doch verstehen. Sie hatte nicht die Absicht, ihm etwas von Kens Verfehlung zu erzählen, aber sie würde ihm ihre Gründe, in San Francisco zu bleiben, plausibel machen, ein so erfahrener
Mann wie Bart mußte begreifen, daß es besser wäre, wenn sie die hier vorgefundenen Probleme an Ort und Stelle löste.
    Melanie hatte fröhlich geplaudert, während sie die Küche aufräumte und das Frühstücksgeschirr abwusch. Sie wollte unbedingt alles allein machen, Erin sollte ihr nicht helfen. Erin hoffte nur, daß sie die richtigen Antworten gab, weil sie immer noch darüber nachdachte, warum sie nicht bleiben wollte, bis man Ken gefunden hatte. Warum nur?
    Der Grund lag auf der Hand, doch sie konnte sich den Tatsachen nicht stellen. Sie hatte sie irgendwo in den Hintergrund ihres Bewußtseins geschoben und weigerte sich, ihre Verschanzung aufzugeben.
    Lance Barrett.
    Sie wollte nicht hier bleiben, wo er immer in ihrer Nähe sein würde. In den letzten Jahren war es ihr viel zu oft passiert, daß sie sich wie eine Närrin vorgekommen war. Ihre durchaus praktisch veranlagten Eltern hatten ihr beigebracht, selbstbewußt aufzutreten, und sie hatte es sich nie erlaubt, Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen – ganz im Gegenteil, sie hatte sich ihnen immer gestellt.
    Warum hatte Lance sie am gestrigen Abend nur so beeindrucken können? Sie hätte sich mit aller Kraft gegen ihn wehren sollen, gleich als er sie zum ersten Mal küßte. Sie hätte ihm eine Ohrfeige geben und Mike zu ihrer Rettung rufen sollen, alles nur Erdenkliche, aber nicht einfach auf dem Sofa liegenblieben und so willig auf seine Zärtlichkeiten reagieren. Was war nur in sie gefahren, daß sie sich so hatte hinreißen lassen?
    Seit der High School hatte sie die Annäherungsversuche der Männer immer erfolgreich abgewehrt. Und ihr Widerstand
war immer schwieriger geworden, da mit zunehmendem Alter auch die Annäherungsversuche der Männer zunahmen. Barts ständiges Drängen, mit ihm ins Bett zu gehen, war nur eines von vielen Beispielen. Nie hatte sie einem Mann so etwas erlaubt, bis auf den armen Joseph. Aber das war etwas völlig anderes gewesen.
    Dennoch hatte Lances Benehmen am heutigen Morgen ihr einen Dämpfer versetzt. Nach dem Lichtlöschen gestern abend hatte er von Kens Zukunft gesprochen. Und dabei hatte es sich nicht angehört, als spräche er in seiner Eigenschaft als Regierungsangestellter. Es hatte geklungen, als mache er sich Sorgen. Sein Kuß war der Kuß eines feurigen Geliebten gewesen, ihr Körper war ihm nicht mehr fremd. Und ihren Namen hatte er mit aufrichtiger Inbrunst geflüstert, nach ihrem erregenden Zwischenspiel in der Dunkelheit.
    Heute morgen jedoch war er wieder die Abweisung in Person, die sie mit einer spröden Stimme Miss O’Shea nannte. Wenigstens hatte er sie nicht verspottet. Er sah nicht übermäßig zufrieden mit sich aus, vielmehr schien er erschüttert und besorgt. Sie konnte es nicht begreifen. Auch wenn sie sich keinen Illusionen hingab, daß er wirklich etwas für sie empfand, so hatte sie doch ein gewisses Wohlwollen von ihm erwartet.
    Noch mehr ärgerte sie sich über ihre Unfähigkeit, seine Küsse zu vergessen. Auch wenn das, was geschehen war, ihn in keiner Weise zu berühren schien, so hatte es sie doch aufgewühlt. Gefühle waren in ihr aufgestiegen, die sie vor dem gestrigen Abend nie für möglich gehalten hätte. Würde sie es ertragen können, sich in der gleichen Stadt wie er aufzuhalten?
Würde sie es ertragen können, ihn zu sehen, wann immer sie Melanie besuchte? Ihr plötzlicher Einbruch in Kens Leben war schon turbulent genug. Sie würde alles noch viel komplizierter machen, wenn sie sich in noch mehr Gefühlen verzettelte.
    Die Fragen und Gründe, die gegen ihren Aufenthalt hier sprachen, wirbelten durch ihren Kopf, bis sie glaubte laut aufschreien zu müssen. Und noch immer wußte sie nicht, wie es weitergehen

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