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Schöne Neue Welt

Schöne Neue Welt

Titel: Schöne Neue Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aldous Huxley
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einschüchtern.
    »Erwachsene, was Verstand und Leistung angeht«, fuhr er fort. »Aber Kinder, was Gefühl und Triebe betrifft.«
    »Ford der Herr liebte die Kindlein.«
    Ohne den Einwurf zu beachten, setzte er hinzu: »Neulich kam mir plötzlich in den Sinn, daß man immer erwachsen sein könnte.«
    »Ich verstehe kein Wort von alledem.« Ihr Ton blieb fest.
    »Das weiß ich. Und deshalb sind wir gestern miteinander ins Bett gegangen - wie kleine Kinder, statt wie Erwachsene zu handeln und zu warten.«
    »Aber es war doch ein großer Spaß«, beharrte sie, »nicht wahr?«
    »Oh, der größte Spaß, den man sich denken kann«, erwiderte er, jedoch in so traurigem Ton und mit so unglücklicher Miene, daß Lenina ihren Triumph plötzlich schwinden spürte. Vielleicht hatte er sie doch zu dick gefunden?
    »Ich hab's dir gleich gesagt«, antwortete Stinni nur, als Le nina ihr alles beichtete. »Das kommt vom Alkohol in seinem
    Blutsurrogat.«
    »Und trotzdem habe ich ihn gern. Seine Hände sind so
    schrecklich lieb. Und wie er die Schultern bewegt - höchst anziehend.« Sie seufzte. »Wenn er nur nicht so merkwürdig wäre!«
    Vor der Tür des Direktors blieb Sigmund stehen, holte tief Luft und straffte die Schultern, denn er war überzeugt, daß ihn drin Feindseligkeit und Mißbilligung erwarteten.
    Er klopfte und trat ein.
    »Ein Erlaubnisschein zur Paraphierung, Herr Direktor«, sagte er so unbefangen wie möglich und legte das Blatt auf den Schreibtisch.
    -101-

    Der BUND warf ihm einen säuerlichen Blick zu. Doch das
    Blatt trug am Kopf den Stempel des Weltaufsichtsamts und unten schwarz auf weiß die energische Unterschrift Mustafa Mannesmanns. Alles war vollkommen in Ordnung, dem
    Direktor blieb nichts anderes übrig, als zu unterschreiben. Er kritzelte seine Paraphe, zwei winzige, belanglose Buchstaben zu Füßen Mustafa Mannesmanns, und wollte das Schriftstück
    schon ohne eine Bemerkung oder ein herzliches »Reisen Sie mit Ford!« zurückreichen, als sein Blick auf eine Stelle im Text fiel.
    »In die neumexikanische Reservation?« fragte er. Seine
    Stimme und der zu Sigmund erhobene Blick verrieten eine
    gewisse Betroffenheit.
    Überrascht von der Überraschung des Direktors, nickte
    Sigmund, Schweigen.
    Stirnrunzelnd lehnte sich der BUND in seinen Stuhl zurück.
    »Wie lange ist das nun her?« sagte er mehr zu sich als zu Sigmund. »Zwanzig Jahre werden es sein. Eher
    fünfundzwanzig. Ich muß etwa so alt wie Sie gewesen sein...«
    Seufzend schüttelte er den Kopf.
    Sigmund fühlte sich äußerst unbehaglich. Ein Mann wie der BUND, so etepetete und pedantisch genau, beging plötzlich einen so offenkundigen Verstoß. Am liebsten hätte er sein Gesicht verhüllt und wäre davongelaufen. N icht daß er
    persönlich etwas schlechterdings Verwerfliches darin erblickt hätte, wenn jemand von vergangenen Zeiten sprach. Dieses Schlafschulvorurteil glaubte er wie manches andere völlig überwunden zu haben. Aber es war beklemmend für ihn, zu wissen, daß der Direktor derlei mißbilligte, und zwar aufs schärfste, und sich dennoch zu solch verbotenem Tun hatte hinreißen lassen. Was trieb ihn dazu? Voller Unbehagen, aber auch voller Neugier, hörte er zu.
    -102-

    »Ich wollte einmal dasselbe«, sagte der Direktor. »Wollte mir die Wilden ansehen. Besorgte mir einen Erlaubnisschein für Neumexiko und fuhr über die großen Ferien hin.
    Mit meiner Damaligen. Sie war eine Beta- minus, und ich glaube«, er schloß die Augen, »sie war blond. Jedenfalls war sie pneumatisch, äußerst pneumatisch, daran erinnere ich mich noch gut. Wir fuhren hin, wie gesagt, besahen uns die Wilden, ritten auf Pferden und so weiter. Und dann, am letzten oder vorletzten Tag meines Urlaubs, da - nun, da verschwand sie. Wir waren zum Gipfel eines dieser Vulkane dort hinaufgeritten, die Hitze war schrecklich drückend, und nach dem Essen legten wir uns schlafen. Wenigstens ich. Sie wird wohl allein umhergestreift sein, denn als ich erwachte, war sie nicht mehr da. Und genau über mir entlud sich in diesem Augenblick das furchtbarste Gewitter meines Lebens. Es goß und blitzte und krachte, die Pferde rissen sich los und gingen durch. Ich stürzte, als ich sie einfangen wollte, und verletzte mich am Knie, so daß ich kaum noch gehen konnte. Trotzdem, ich suchte, rief und suchte. Keine Spur von dem Mädchen. Da dachte ich, sie ist vielleicht allein zur Schutzhütte zurückgegangen, und schleppte mich auf
    demselben Weg ins Tal hinab, auf dem wir

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