Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
wirklich. Es war die Stimme, die einen dazu antrieb, bei der fruchtlosen Suche nach einem verlorenen Schlüssel dieselbe Tasche dreimal von innen nach außen zu stülpen. Es war die verrückte Überzeugung, dass die Welt wieder normal funktionierte, wenn man nur wirklich daran glaubte, und dass dann auch die Schlüssel wieder auftauchen würden. Es war die Stimme, die sehr laut sagen konnte, dass das alles gar nicht wirklich passierte, um die nackte Angst zu übertönen, die eigentlich dahinterstand.
    Er hatte etwa dreißig Sekunden, in denen diese Hoffnung andauerte.
    Und dann teilte sich die Menge. Pucci Üppig hatte keine Ahnung, wie man einen eindrucksvollen Auftritt inszenierte. Aber Paul König. In der verunsicherten, umherwuselnden Menge öffnete sich eine Schneise, als würde das Meer vor einem wasserscheuen Propheten zurückweichen, und plötzlich wurden beide Seiten von großen, wettergegerbten Männern mit gebrochenen Nasen und beeindruckenden Narben gesäumt. Über diese Straße schritt Paul König, eine Spur aus Zigarrenrauch hinter sich herziehend. Feucht schaffte es, nicht von der Stelle zu weichen, bis Herr König nur noch einen halben Meter von ihm entfernt war, und achtete darauf, ihm unverwandt in die Augen zu blicken.
    »Wie viel Geld habe ich auf deine Bank gebracht, Herr Lipwig?«, fragte Paul.
    »Äh, ich glaube, es waren fünfzigtausend Dollar, Herr König«, sagte Feucht.
    »Ja, ich glaube, es war etwas in dieser Richtung«, sagte Herr König. »Errätst du, was ich jetzt tun werde, Herr Lipwig?«
    Feucht riet nicht. Das Splot zirkulierte immer noch in seinem Körper, und in seinem Gehirn hallte die Antwort wie eine Trauerglocke. »Du wirst noch mehr auf dein Konto einzahlen, nicht wahr, Herr König?«
    Paul König strahlte, als wäre Feucht ein Hund, der soeben ein neues Kunststück vorgeführt hatte. »Das ist richtig, Herr Lipwig! Ich habe mir so gedacht: Paul, dachte ich mir, die fünfzigtausend fühlen sich bestimmt ein bisschen einsam, also komme ich mal vorbei und runde sie auf sechzigtausend auf.«
    Auf dieses Zeichen hin traten hinter ihm noch mehr von seinen Männern hervor, die zu zweit schwere Kisten trugen. »Das meiste ist Gold und Silber, Herr Lipwig«, sagte Paul. »Aber ich weiß, dass du viele kluge junge Männer in deiner Bank hast, die alles für dich zusammenzählen können.«
    »Das ist sehr freundlich von dir, Herr König«, sagte Feucht, »aber jeden Augenblick werden die Prüfer zurückkommen, und dann wird die Bank in sehr, sehr großen Schwierigkeiten stecken. Bitte, ich kann dein Geld nicht annehmen!«
    Paul beugte sich näher an Feucht heran und hüllte ihn in Zigarrenrauch und die Duftnote von verfaultem Kohl ein. »Ich weiß, dass du etwas vorhast«, flüsterte er und tippte sich gegen den Nasenflügel. »Die Mistkerle versuchen dich zu kriegen, das sehe ich! Aber ich erkenne einen Gewinner, wenn ich einen sehe, und ich weiß, dass du noch etwas im Ärmel hast.«
    »Bloß meine Arme, Herr König, bloß meine Arme«, sagte Feucht.
    »Auf dass sie noch lange dort bleiben«, sagte Paul und schlug ihm auf den Rücken.
    Die Männer marschierten an Feucht vorbei und stellten die Kisten auf den Boden.
    »Ich brauche keine Empfangsquittung«, sagte Paul »Du kennst mich, Herr Lipwig. Du weißt, dass du mir vertrauen kannst, genauso wie ich weiß, dass ich dir vertrauen kann.«
    Feucht schloss die Augen, aber nur für einen kurzen Moment. Hatte er sich tatsächlich Sorgen gemacht, dieser Tag könnte für ihn am Galgen enden?
    »Dein Geld ist bei mir sicher, Herr König«, sagte er.
    »Ich weiß«, sagte Paul König. »Und wenn du den Sieg davongetragen hast, schicke ich dir den jungen Willibald vorbei, damit er mit deinem Affen aushandeln kann, wie viele Zinsen ich für dieses bescheidene Sümmchen bekomme, in Ordnung? Das ist nur fair!«
    »Auf jeden Fall, Herr König.«
    »Gut«, sagte Paul. »Jetzt gehe ich etwas Land kaufen.«
    In der Menge wurde unsicher gemurmelt, als er ging. Diese neue Einzahlung hatte sie nachdenklich gemacht. Genauso wie Feucht. Die Leute fragten sich, was Paul König wusste. Genauso wie Feucht. Es war schrecklich, wenn jemand wie Paul an einen glaubte.
    Inzwischen hatte die Menge einen Sprecher auserkoren, der sich nun zu Wort meldete. »Was ist jetzt eigentlich los? Ist das Gold nun weg oder nicht?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Feucht. »Heute habe ich noch nicht nachgesehen.«
    »Du sagst das, als würde es gar keine Rolle spielen«,

Weitere Kostenlose Bücher